Seidenmagd
angesengtem Stoff in die Nase, erschrocken hob sie das schwere Plätteisen an. ZumGlück war der Schaden gering. Sie stellte das Eisen auf den Herd, wischte sich nachdenklich die Hände an der Schürze ab und nahm einen Schluck Würzwein. »Das verstehe ich«, sagte sie schließlich leise. »Und du möchtest das?«
Henrike nickte eifrig. »O ja.«
»Was sagt Mutter dazu?«
Henrike senkte den Kopf, dann nahm sie sich einen Becher und schenkte sich auch Würzwein ein. »Sie weiß es noch nicht.«
»Sie sitzt nebenan, sag es ihr.«
»Ich traue mich nicht.« Henrike zog die Strümpfe an, schlüpfte in die Pantinen und verließ die Küche.
Was ist mit dem Badezuber? dachte Catharina und stöhnte auf, als sie die Tritte der Schwester auf der Stiege hörte. Das Eisen war erkaltet, und sie legte es wieder in die Glut, schleifte den Badezuber in den Hof und kippt das Wasser aus.
Der Mond stand schon hoch am Himmel, als sie endlich ins Bett fiel. Auch in dieser Nacht schlief sie bei Elisabeth in der kleinen Kammer. Sie war wütend. Wütend auf ihre Mutter ebenso wie auf Henrike. Obwohl sie ihrer Schwester alles nur Gute wünschte, fühlte sie sich mehr denn je im Stich gelassen.
Kapitel 8
Der erste März war ein Sonntag. In den vergangen Wochen hatte es immer mal wieder stark geregnet, und der Rhein, der nach der Schneeschmelze schon viel Wasser geführt hatte, war über die Ufer getreten. Die Gemeinde traf sich im Hof der Mennonitenkirche.
»Es ist viel Bewegung bei den Truppen«, sagte Abraham ter Meer. »Erst die Dragoner, die letzte Woche bei den Bauern einquartiert wurden, dann das Infanterie-Regiment.«
»Ein Kommen und Gehen.« Christoph Taschner schüttelte den Kopf. »Wo soll das noch hinführen?«
»Bonjour, Messieurs.« Frieder von der Leyen nickte ihnen zu. »In der Zeitung stand, dass die Preußen einen Erfolg über ein sächsisches Korps zwischen Eisenach und Gotha zu verzeichnen hatten.«
»Bonjour, Monsieur von der Leyen. Das habe ich auch gelesen. Die Preußen haben Fritzlar genommen und einen vergeblichen Anschlag auf die Marburg gemacht.« Abraham strich sich nachdenklich übers Kinn.
»Die französische Zeitung aus Köln schreibt von Friedensverhandlungen.«
»Ja, aber verhandelt wird seit Jahren.« Abraham seufzte. »Im Moment empfinde ich die Last unserer Quartiernehmer bedrückend. Ich wünschte, sie würden endlich abziehen.«
»Das kann ich verstehen. Mein Oheim und meine Muhme denken ähnlich«, sagte von der Leyen.
»Tatsächlich? Es schien mir so, als hätte Eure Familie Gefallen an dem Trubel«, rutschte es Catharina heraus, die neben Anna ter Meer stand.
»Da täuscht Ihr Euch, Mademoiselle ...« Er stockte kurz. »Wir sind uns schon einmal begegnet, nicht wahr?«
»Darf ich vorstellen?« Anna ter Meer lächelte Frieder von der Leyen zu. »Mademoiselle Catharina te Kamp – Monsieur Frieder von der Leyen.«
»Ah, bon! Ich erinnere mich. Ihr seid die Tochter der hervorragenden Weißnäherin.«
»Correctement.« Catharina senkte den Kopf, ihre Wangen glühten.
»Ihr habt mitgeholfen, die Kostüme anzupassen.«
»Das ist richtig«, hauchte sie verlegen.
»Eure Mutter ist eine Künstlerin mit Nadel und Faden.«
Catharina fiel nichts ein, was sie hätte erwidern können, daher war sie froh, als der Pastor die Gemeinde in die Kirche rief.
Die von der Leyen saßen auf der ersten Bank, während die Familie te Kamp weiter hinten Platz nahm. Elisabeth hütete noch immer das Bett, doch die drei anderen Schwestern setzten sich mit gesenkten Köpfen neben Esther.
Dieses Mal fiel es Catharina nicht leicht, sich auf den Gottesdienst zu besinnen. Zwar sang sie die langsamen Psalmen mit, versuchte den Worten des Pastors Aufmerksamkeit zu schenken, immer wieder jedoch schweiften ihre Gedanken und Blicke ab. Sie konnte von ihrem Platz aus das Profil von Frieder von der Leyen sehen. Er schien ganz vertieft in die Predigt zu sein, folgte dem Gottesdienst mit aller Aufmerksamkeit. Sie beneidete ihn, senkte den Kopf und faltete die Hände, kniff die Augen zusammen und versuchte mit aller Macht, ihre Gedanken auf die Worte des Predigers zu lenken.
Nach dem Gottesdienst standen die meisten Gemeindemitglieder noch ein Weilchen auf dem Kirchhof unter dem Maulbeerbaum, den die von der Leyen dort gepflanzt hatten.
»Wie geht es Eurer Schwester?«, fragte Anna ter Meer und wagte es nicht, Catharina anzuschauen. »Es tut mir leid, dass ich Euch nicht zur Seite gestanden habe. Das war nicht
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