Seidenmagd
das heiße Bad nicht genießen.
»Ich glaube, die Grütze setzt an«, sagte Mette erschrocken.
»Nimm sie vom Herd.«
»Der Topf ist zu heiß.« Mette drehte sich zu ihr um, die Augen vor Schreck weit aufgerissen.
»Nimm den Lappen!« Catharina sprang auf, das Wasser spritzte auf den Küchenboden, beinahe wäre sie ausgerutschtund gestürzt, im letzten Moment konnte sie sich am Tisch abfangen. Sie schlang das Leinentuch um sich, eilte zum Herd und zog den Topf vom Feuer.
»Es ist angebrannt«, murmelte sie leise.
»Was stinkt hier so?« Die Haustür fiel ins Schloss, und die drei Schwestern konnten den energischen Schritt der Mutter in der Diele hören.
»Maman ...« Mette schlug die Hände vor den Mund.
»Keine Sorge ...« Catharina sah sich um, der Tisch war mit Mehl bestäubt, um den Zuber herum hatte sich eine große Lache Wasser gesammelt, aus dem Topf quoll Qualm. Es sah verheerend aus, und auf die Schnelle würde sie das auch nicht ändern können, also zog sie das Handtuch fester um sich, straffte die Schultern und sah ihrer Mutter mutig entgegen.
Esther stieß die Tür zur Küche auf, blieb erschrocken stehen. »Mon dieu! Was ist denn hier los?« Sie schüttelte entsetzt den Kopf. »Käthe?«
»Maman, ich kann das alles erklären ...«
»Du hast ... du bist ja ...« Esther schnappte nach Luft, trat in die Küche und schloss die Tür hinter sich, lehnte sich mit dem Rücken dagegen. »In der Diele steht Frieder von der Leyen, er will mit dir sprechen«, zischte sie. »Sieh zu, dass du dich anziehst.«
»Was?« Catharina kniff die Augen zusammen, riss sie dann wieder auf. »W ... wer? Wieso?«
»Er will mit dir reden. Und jetzt sieh zu, dass du dich anziehst!« Esther schnaubte auf, drehte sich um und ging zurück in den Flur. »Monsieur ... meiner Tochter ist ein kleines Missgeschick passiert. Kommt doch mit in die Stube und trinkt ein Glas Würzwein mit mir.«
»Ich will Euch keine Umstände machen, Madame.«
»Aber ich bitte Euch, das sind doch keine Umstände.«
Wie vom Donner gerührt stand Catharina in der Küche, dann schüttelte sie den Kopf, sah sich wieder um.
»Mette, wisch auf. Lisbeth, bring Maman und Monsieur einen Krug mit Würzwein, nimm die guten Gläser.« Sie schluckte hart. Was konnte Monsieur von der Leyen bloß von ihr wollen? »Stell den Topf mit der Grütze in den Hof und lüfte einmal durch.« Sie griff nach ihrem Unterkleid, presste es an sich, dann öffnete sie vorsichtig die Tür zur Diele. Aus der Stube klang leises Stimmengemurmel, aber niemand war zu sehen. Schnell huschte sie die Stiege empor, stürmte in ihre Kammer. Dort riss sie den Deckel der Truhe auf. Am liebsten hätte sie das Kleid aus dunkelblauem Wollstoff über Wasserdampf gehängt oder doch wenigstens ausgebürstet, doch dazu blieb keine Zeit mehr. Sie schlüpfte in das Unterkleid, zog die langen Strümpfe an, zog sich das wollene Gewand über den Kopf und verschloss die Haken und Ösen. Zum Glück lag eine saubere und geplättete Schürze in ihrer Truhe, die sie sich flugs umband.
Ihre Holzpantinen standen am Fuße der Treppe, sie zog sie an, straffte die Schultern, prüfte mit beiden Händen den Sitz der Haube. Dann holte sie tief Luft und ging zur Tür der Stube. Erst zögerte sie, doch dann öffnete sie die Tür und trat ein.
»Bonsoir, Monsieur von der Leyen.«
»Bonsoir, Mademoiselle. Wie geht es Euch?«
Catharina wusste nicht, was die darauf antworten sollte, also lächelte sie einfach nur freundlich. »Hat Lisbeth Wein gebracht?«, fragte sie, obwohl sie die Gläser sah.
Ihre Mutter und Monsieur von der Leyen hatten auf den beiden Sesseln am Kamin Platz genommen.
Soll ich mir einen Sessel dazu holen, oder bleibe ich lieber stehen? fragte sich Catharina unschlüssig. Und was will er überhaupt von mir?
»Ich freue mich, Euch zu sehen.« Frieder von der Leyen lächelte sie an. Er erhob sich und reichte ihr die Hand. Wieder wusste Catharina nicht, was sie sagen oder wie sie sich verhalten sollte.
»Nun ... ich ...«, stotterte Catharina verlegen.
»Ich will Euch um einen kleinen Gefallen bitte«, sagte er. »Keine Sorge, es ist wirklich nur ein kleiner Gefallen.« Er wandte sich zu Esther, sie erwiderte sein Lächeln.
Catharinas Blick wanderte verwirrt von ihm zu ihrer Mutter und wieder zurück. Offensichtlich hatten die beiden sich abgesprochen, nur Catharina selbst hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging.
»Käthe, hol bitte mal deinen Nähkorb«, wies die Mutter sie
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