Seidenmagd
kümmerte sich besonders um seinen Paten Friedrich, den er liebevoll Frieder nannte.
All das wusste Catharina, weil die Familie immer wieder Thema bei Treffen war und über sie gesprochen wurde. Catharinas Familie gehörte genau wie die von der Leyen der mennonitischen Glaubensgemeinschaft an, sie lehnten Nachrede und Tratsch ab, trotzdem wurden Informationen unter der Hand weitergegeben und so manche Anekdote hinzugefügt.
Die von der Leyen waren außerordentlich erfolgreich mit ihren Geschäften, und das spiegelte sich auch in ihrer Lebensweise, die sich deutlich von den meisten anderen Gemeindemitgliedern abhob.
Selbst die Küche, dachte Catharina voller Staunen, sieht formidabel aus. So viel Prunk in einem Raum, der eigentlich nur nützlich sein soll. Doch die Töpfe und Gerätschaften waren edel und sahen teuer aus, die Gläser und Gefäße mit Gewürzen waren reichhaltig und prachtvoll. Welche kostbaren Gewürze es wohl sein mögen, fragte Catharina sich und gingan dem Regal entlang, das zwischen dem Ofen und dem Kamin plaziert war.
Ihre Mutter unterhielt sich währenddessen mit Mamsell über die beste Zubereitung von Kaninchen.
»Zwei davon hat der Knecht heute Morgen im Wallgarten erwischt. Sie haben die letzten Wurzeln angeknabbert, und jetzt werden sie selbst vertilgt.« Mamsell lachte leise. »Ich bereite sie mit viel Knoblauch und Zwiebeln zu.«
»Majoran und ein wenig Kümmel machen sie bekömmlicher«, riet Esther.
»Das ist eine gute Idee.« Mamsell Luise ging an Catharina vorbei zu dem Regal und öffnete eine Dose, nahm ein wenig Gewürz heraus, griff nach einem Glas und nahm es mit zum Ofen. Sie gab die Gewürze in den Topf, rührte kräftig um. Köstlicher Duft stieg auf, Catharinas Magen knurrte hörbar.
»Parbleu, habt Ihr Hunger, ma Petite?« Mit einem großen Messer schnitt sie das noch dampfende Weißbrot an, das die Beiköchin aus dem Ofen geholt hatte. »Dort steht eine Schale mit Butter. Nehmt Euch reichlich.« Sie nickte Catharina aufmunternd zu. »Was bin ich doch für eine Dumme! Kommt, kommt, Madame te Kamp, nehmt einen Becher Würzwein! S’il vous plaît, nehmt!« Sie ließ keine Widerrede zu, drückte Esther den Becher in die Hand. »Und wenn Ihr mögt, nehmt auch ein Stück Brot. Haben wir nicht noch kalten Braten, Lieke?«
»Macht Euch keine Umstände, Mamsell Luise«, sagte Esther und nippte an dem heißen Wein. »Zuhause wartet das Essen auf uns.«
Ja, dachte Catharina und zog einen Flunsch. Schon den dritten Tag gab es Kohlsuppe. Inzwischen roch der Kohl säuerlich, und bei dem Gedanken daran drehte sich ihr derMagen um. Sie nahm sich noch eine Scheibe Brot, bestrich sie dick mit der salzigen Butter.
In diesem Moment öffnete sich die Küchentür. »Folgt mir«, sagte Nele, die Magd. »Madame erwartet Euch im Salon.«
Im Salon. Catharina bekam vor lauter Aufregung einen Schluckauf, griff hastig nach dem Korb mit dem Nähwerk und folgte ihrer Mutter in die Diele. Zielsicher ging Esther den dusteren Gang entlang. Rechts und links waren verschlossene Türen, an denen sie vorbeigingen. Dann wandte sie sich abrupt nach links und klopfte. Catharina stolperte und wäre beinahe auf ihre Mutter gefallen, im letzten Moment konnte sie sich fangen.
»Tretet ein!«
Esther öffnete die Tür, betrat den Raum. Hell erstrahlte das Licht der zahlreichen Lampen und Lüstern. Geblendet musste Catharina die Augen zusammenkneifen. Sie folgte der Mutter nur zögernd. Den Boden bedeckte kein Stroh, da lagen dicke Teppiche, einige hingen auch an den Wänden. Der Raum erschien ihr gar prachtvoll, und sie wusste gar nicht, was sie als Erstes bewundern sollte.
»Madame te Kamp, wie freundlich von Euch.« Eine ältere Dame kam auf sie zu, die Hände ausgebreitet. Ihr Gesicht war von Falten durchzogen, doch ihr Lächeln strahlte im Wettstreit mit den Kerzen. »Kommt doch zu mir. Ist das etwa Eure Tochter?«
Margaretha van Aken trug eine feine Organza-Haube über dem straff zurückgekämmten Haar, ihr Kleid entsprach der gängigen Mode und war ausgeschnitten, doch sie hatte den Hals und das Dekolletee mit einem Spitzentuch bedeckt. Die Ärmel des Kleides waren weit und auch mit mehreren ReihenSpitze bedeckt, doch die Farbe des Kleides war dunkel, und weder Schnallen, Schleifen noch aufwendige Knöpfe zierten das Kleidungsstück.
Catharina sah an sich herab. Sie trug wie immer ein hochgeschlossenes Kleid aus Wollstoff in einer gedeckten Farbe, mit langen, eng anliegenden Ärmeln. Das Kleid war
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