Seidenmagd
kennenlernen. Sie ist sehr still. Sie kommt von einem der Höfe an der Flöth, ist für die Reinigung der Böden zuständig. Sie macht ihre Arbeit gewissenhaft und ordentlich.«
»Und du?«
»Ich bin die Beiköchin und für das Porzellan verantwortlich. Alles muss sauber gehalten werden. Nele wischt Staub und kümmert sich um die Wäsche – Bettwäsche, Tischware und die Vorhänge. Jeder hat seinen eigenen Bereich, aber wir helfen uns untereinander aus. Du bist Kammermädchen beim jungen Monsieur. Der alte Monsieur und Madame haben kein Kammermädchen. Jakob hilft Monsieur und Nele Madame. Madame näht aber auch noch selbst und flickt.«
»Wirklich?« Catharina sah sie erstaunt an.
»O ja, und sie ist sehr geschickt, auch wenn sie nicht mehr so fingerfertig ist wie früher.« Lieke lächelte. »Uns hat es ersterstaunt, dass noch mehr Personal eingestellt wurde, aber die Herrschaften werden schon wissen, was sie tun.« Sie nickte Catharina zu. »Deinen Mantel kannst du unten aufhängen und auch die Stiefel dort hinstellen, dann brauchst du nicht immer nach oben laufen. Im Haus tragen wir Pantinen. Hast du welche?«
Catharina nickte.
»Handtücher und Bettwäsche bekommst du von Mamsell, sie verwaltet den Haushalt – auch die Wäsche. Manchmal ist sie streng, aber immer gerecht. Sie hat ein gutes Herz, doch anlegen sollte man sich nicht mit ihr.«
»Nein, das werde ich beherzigen.«
Was muss ich noch wissen? fragte sich Catharina. In ihrem Kopf wirbelten die Fragen umher, wie Laub im Herbstwind. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen.
»Lass uns wieder nach unten gehen, gleich werden die Herrschaften frühstücken wollen.« Lieke drehte sich um. »Du hast sicher noch viele Fragen, aber glaub mir, so ging es mir auch, als ich vor fünf Jahren hier angefangen habe. Es wird sich alles fügen mit der Zeit.«
Das hoffe ich, dachte Catharina. Sie folgte der Magd nach unten. In der Küche herrschte Betriebsamkeit. Aus dem großen Kessel in der Spülküche stieg Dampf, Pfannen und Töpfe standen auf dem Herd, es brutzelte und köchelte überall.
»Da«, sagte Lieke eilig, »kannst du deinen Mantel aufhängen.« Sie zeigte auf einige Haken in der Spülküche. Darunter standen aufgereiht die Schuhe oder Stiefel des Personals.
Jakob trug Catharinas Truhe an ihnen vorbei in das Hinterhaus.
Zum Glück hatte Catharina die Pantinen in dem Korb,den sie immer noch mit sich trug. Nach kurzem Überlegen stellte sie den Korb neben die Stiefel, sie würde ihn später nach oben bringen, und schlüpfte in die Holzschuhe.
Sie traute sich kaum in die Küche, fühlte sich überflüssig und im Weg. Mamsell Luise bemerkte ihre Unsicherheit.
»Käthe«, sagte sie und lachte, »hab keine Angst. Du wirst dich schon daran gewöhnen, wie es hier ist. Setz dich dort vorne an den Tisch.«
»Soll ich nicht irgendetwas tun?«
Mamsell Luise schüttelte den Kopf. »Es würde jetzt zu lange dauern, es dir zu erklären. Also schau einfach zu. Ach ja.« Sie griff hinter sich, nahm einen riesigen, noch dampfenden Laib Brot und schnitt zwei dicke Scheiben davon ab. Zusammen mit einem Töpfchen süßer Butter legte sie beides auf den Tisch vor Catharina. »Iss, Kind.«
Zuerst traute sich Catharina nicht, doch der Duft des Brotes war zu verlockend, und schließlich konnte sie nicht mehr widerstehen. Sie brach eine Ecke ab, stippte sie in die weiche Butter und kostete.
Noch nie im Leben habe ich so etwas Köstliches gegessen, dachte sie dann.
Dieser Gedanke kam ihr noch öfter in den nächsten Tagen. Allmählich gewöhnte sie sich an das Leben in dem großen Herrenhaus. Trude erwies sich als schweigsame, aber angenehme Zimmergenossin. Auch wenn sie nur zwei Wochen früher als Catharina in den Haushalt gekommen war, hatte sie sich schon gut eingefügt. Mit wenigen Worten und knappen Gesten zeigte sie Catharina viele Dinge.
Monsieur Frieder von der Leyen hielt sich momentan nicht in Krefeld auf, er war nach Düsseldorf gereist. Madamevon der Leyen wusste deshalb nicht so recht, wie Catharina beschäftigt werden sollte. Sie hatte ihr einen Korb mit Flickwäsche gegeben, doch die Arbeiten waren anspruchslos und schnell erledigt. Sie blieb meistens in der Küche und half Mamsell bei den anfallenden Arbeiten. Es überraschte sie, in welcher Vielfalt gespeist wurde. In der armen Schicht gab es fast nur einfache Speisen wie Grütze und Brot. Frische Eier oder hin und wieder ein paar Knochen zum Auskochen, Schweineohren oder Füße, etwas Speck
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