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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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streckte sich. Catharina war beeindruckt von dem großen Gut, das von einem Graben umgeben war. Kein Wasser befand sich in dem Graben, sondern hohes Schilfgras wuchs da. Eine gemauerte Brücke führte zum Tor des Hofes. Die beiden trutzigen Wehrtürme wirkten baufällig, die Fenster wie leere Augenhöhlen, und auch Dachpfannen fehlten.
    Catharina blieb an der Kutsche stehen, sie wusste nicht, ob sie Frieder folgen sollte oder nicht. Unsicher sah sie sich zu Gerald und Heinrich um.
    Der Kutscher hängte den Pferden Futtersäcke um, nahm dann einen Eimer und stapfte über die Brücke. Gerald ergriff eine Ledertasche aus der Kutsche und ging ihm hinterher. Als er schon beim Tor war, drehte er sich zu Catharina um.
    »Seid Ihr festgewachsen?«, fragte er lachend. »Nun kommt schon.«
    Aus dem Hof drang das Quietschen des Brunnenschlegels, Heinrich füllte den Eimer mit Wasser für die Pferde.
    Der Hof des kastenförmigen Gebäudes war viel gepflegter, als die Mauern und Türme erwarten ließen.
    In der Küche, die tatsächlich noch größer war als die im Haus von der Leyen, durfte Catharina sich an den Tisch setzen. Heinrich hatte die Pferde versorgt und nahm leise seufzend neben ihr Platz. Gerald war Monsieur in das Haupthaus gefolgt. Eine kleine, dralle Köchin eilte hin und her, rührte in Töpfen und schaute in den Ofen, während die Magd geschäftig Wein, Gläser, Brot und allerlei anderes forttrug.
    »Wo ist Gerald?«, fragte Catharina den Kutscher leise.
    »Er wird Monsieur aufwarten. Der Besitzer dieses Anwesens ist ein wichtiger Mann mit vielen Kontakten.« Heinrichdankte der Köchin, als sie ihnen einen Krug Dünnbier, Brot und Käse brachte.
    »Warst du schon öfter hier, Heinrich?«
    Er nickte. »Immer mal wieder, und ich weiß, dass wir vermutlich erst morgen früh weiterfahren werden. Die beiden Messieurs haben stets viel zu bereden.« Er gab Catharina einen Becher mit Bier und brach einen Kanten Brot ab. »Der Fährmann hier hat einen großen Kahn. Ich lasse die Kutsche lieber hier als in Kierst übersetzen.«
    »Ich war schon mal am Rhein, aber noch nie auf der anderen Seite.«
    »Du fürchtest dich, nicht wahr?« Heinrich strich sich durch den grauen Bart. »Das musst du aber nicht. Wir werden schon auf dich aufpassen. Ich bin ganz froh, dass du mitkommst.«
    »Wieso?« Catharina sah ihn mit großen Augen an.
    »Bisher hat in Potsdam ein Mädchen für uns gekocht, aber es hat einfach nicht geschmeckt. Und sauber war sie auch nicht. Um die Wäsche hätte sie sich kümmern sollen, doch sie hat mehr zerrissen als geflickt. Monsieur hatte schließlich genug davon.«
    »Das wusste ich gar nicht.« Catharina kicherte leise. »Der Gerald«, fragte sie dann, »wie ist der so?«
    »Er ist ernst. Gerald gehörte zu unserer Gemeinde, aber seine Frau ist bei der Geburt des zweiten Kindes gestorben und seitdem hadert er mit Gott.« Heinrich trank einen Schluck Bier, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Es muss ganz grauenvoll gewesen sein, die Geburt hat mehrere Tage gedauert, doch das Kind kam nicht heraus.«
    Catharina senkte den Kopf. Solche Dinge passierten in fast jeder Familie.
    »In manchen Nächten murmelt er vor sich hin, flucht undschimpft, dann wieder weint er. Im Grunde seines Herzens ist er ein freundlicher Mann.«
    »Vielleicht muss er nur zum Glauben zurückfinden«, meinte Catharina nachdenklich.
    Sie aßen schweigend. Nach einer Weile gesellte sich Gerald zu ihnen, und auch die Köchin, die Magd und andere Bedienste setzten sich um den Tisch.
    Es gab eine gut gewürzte Suppe, gebratenes Geflügel, frische, junge Erbsen und einiges mehr. Catharina langte ordentlich zu, ließ sich nachgeben. Obwohl ihr immer noch ein wenig flau war, hatte sie inzwischen doch Hunger.
    »Das macht das Reisen«, sagte Heinrich lachend und tätschelte seinen Bauch. »Nehmt ruhig ordentlich. Wir werden auf dem Weg so manches Mal auch kargere Kost haben.«
    Heinrich hatte recht, sie blieben über Nacht. Die Köchin wurde angewiesen, Würzwein zuzubereiten und noch ein spätes Mahl.
    Catharina fand es seltsam, nur da zu sitzen und zuzuschauen, wie andere arbeiteten. Noch nicht einmal Flickzeug hatte sie griffbereit. Doch dann fiel ihr ein, dass sie zwei ungelesene Bücher in ihrem Korb in der Kutsche hatte. Schnell lief sie über den Hof und durch das Tor hindurch zu der Wiese, auf der die Kutsche stand. Die Pferde waren inzwischen ausgespannt worden und grasten. Heinrich lag im Gras und kaute auf einem

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