Seidenmagd
schmunzelte. »Esther wird wenige Möglichkeiten haben, dem nicht nachzugehen.«
»Wir wollen es hoffen.« Änne stand auf, strich ihrer Schwiegertochter über das Haar. »Aber jetzt ruhst du dich erst einmal aus. Ich werde in der Küche nach dem Rechten sehen.«
Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel, und endlich hatte das Gebrüll der Soldaten aufgehört. Anna legte sich zurück und versuchte sich von dunklen Gedanken freizumachen.
Änne blieb bis zum Abend. Sie ließ die Magd die Wäsche waschen, dann die Küche ausfegen und wischen. Überall fand sie Spinnenweben und in der Vorratskammer sogar Mäusenester. Sie wusste, Anna war durch die Schwangerschaft nicht belastbar und hatte die Zügel schleifen lassen. Dazu kam, dass Elise sich nicht wirklich anstrengte. Sie jammerte schon, bevor ihr der Schweiß auf der Stirn stand, undfand alles zu schwierig. Doch Änne war gnadenlos und kümmerte sich nicht um das Jammern.
Immer mal wieder hatte sie nach Anna geschaut. Gegen Abend hatten die Wehen gänzlich nachgelassen, und ihr ging es wieder besser.
»Trotzdem bleibst du im Bett«, sagte Änne streng. »Wir wollen kein Risiko eingehen. Ich komme morgen wieder und schaue nach dir. Marijke nehme ich mit zu mir, dann hast du mehr Ruhe.«
»Das musst du aber nicht.« Anna war verlegen ob der Mühe, die sie ihrer Schwiegermutter bereitete.
»Ich weiß, dass ich das nicht muss. Aber deine Tochter ist so ein liebreizendes und entzückendes Wesen, dass es mir einfach Freude bereitet, sie bei mir zu haben. Mach dir keine Sorgen, wir beide werden einen schönen Abend verbringen.«
Abraham kam von der Arbeit und sah voller Sorge nach seiner Frau. Zwar hatte er mit seiner Mutter ausgemacht, dass sie ihn benachrichtigte, sollte es Komplikationen geben oder sogar zum Schlimmsten kommen, doch er wusste, dass Frauen bei Dingen der Mutterschaft erst zuletzt an den Vater dachten.
Er stürmte die Treppe hoch, nachdem er nur die Magd in der Küche vorgefunden hatte.
»Anna? Liebes?«
»Ich liege zu Bett«, sagte sie lächelnd.
Mit unruhigem Blick versuchte er die Situation einzuschätzen, seufzte dann erleichtert auf. »Wo ist meine Mutter? Und wo ist Marijke?«
»Sie sind beide zusammen und sehr fröhlich in die Mühlenstraße gegangen. Du hast sie nur um kurze Zeit verpasst.«
»Und?« Er setzte sich neben sie, nahm ihre Hand.
Anna zeigte auf die deutliche Wölbung unter der Decke. »Noch ist alles gut. Ich muss nur viel von dem Aufguss trinken, den deine Mutter mir gekocht hat, und Ruhe halten.«
»Und das wirst du auch tun.« Man sah ihm die Erleichterung an, aber auch die Müdigkeit.
»Gibt es etwas Neues in der Stadt?«
Abraham schüttelte den Kopf. »Es sollen neue Reiter ankommen. Aber das mögen auch nur wieder Gerüchte sein. Wir müssen uns nicht darum scheren.«
Am nächsten Tag kam Änne und übernahm die Haushaltsführung. Auch danach kam sie regelmäßig.
»Elise ist dumm und faul obendrein. Außerdem isst sie mehr als ihr alle zusammen, fürchte ich. Sie nimmt immer mehr zu.« Änne seufzte. »Ihr solltet euch von der Magd trennen.«
Anna musste immer noch strikte Bettruhe halten, was ihr von Tag zu Tag schwerer fiel. Ende Mai beglückte sie das Wetter mit lauen Lüften und viel Sonne. Der Wallgarten musste bestellt, der Kräutergarten gepflegt werden. Auch wenn sie den Knecht jeden Tag auf das Grundstück vor die Stadt schickte und genaue Anweisungen gab, wollte sie am liebsten selbst dorthin und die Pflanzen kontrollieren.
»Wo sollen wir in Zeiten wie diesen denn eine vertrauenswürdige Magd herbekommen? Es ist schon so schwierig genug. Es wird sich schon wieder ändern mit Elise, am Anfang hat sie ja auch gut gearbeitet.«
»Dein Wort in Gottes Ohr«, sagte Änne. Sie hatte sich nicht, so wie sonst, an Annas Bett gesetzt. Jetzt drehte sie sich um und wollte das Zimmer verlassen.
»Mutter, was ist passiert?«, fragte Anna, die eine gewisseUnruhe im Haus spürte, jedoch nicht wusste, ob etwas vorgefallen war.
Änne seufzte, sah ihre Schwiegertochter dann an. »Es kommt das Kavallerieregiment Bourgogne in die Stadt. Ihr müsst wieder jemanden in Quartier nehmen. Abraham hat versucht, das abzuwenden, er hat deine missliche Lage angeführt, doch der Quartiermeister war unerbittlich. Nun hat Elise aber die Leinentücher nicht gewaschen, und wir können die Betten noch nicht beziehen. Ich habe ihr kräftig Bescheid gesagt, jetzt steht sie jammernd am Bottich und schlägt die Wäsche.«
Anna schloss
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