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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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näher. Die beiden Männer saßen an dem Küchentisch, hatten Brot und einen Krug Bier, etwas Grütze bekommen. Im Salon hatte es Wurst, Braten, Geflügel, gekochte Wurzeln, Brot, Butter, Schmalz und einiges andere gegeben. Der Vergleich zwischen den beiden Mahlzeiten trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht.
    »Ich gehöre hier hin, in diese Küche. Ich sollte auch beim Gesinde schlafen und nicht in diesem feinen Zimmer. Aber ich weiß nicht, was ich tun soll, damit der Monsieur das versteht.«
    Gerald sah sie zerknirscht an. »Ich dachte, Ihr hättet Euch angebiedert. Jetzt verstehe ich, dass es nicht so ist. Es tut mir leid.«
    Catharina rieb sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie hörte Schritte auf dem Flur, dann kam Sofie in die Küche.
    »Oh, hier seid Ihr, Mademoiselle. Ich habe Euch schon gesucht. Monsieur möchte fahren.«
    »Fahren?« Sie hatte das Oratorium ganz vergessen.
    »Soll ich Euren Mantel holen?«
    Catharina biss sich auf die Innenseite der Wange, nickte dann.
    Zehn Minuten später saß sie gemeinsam mit Frieder von der Leyen in dem Einspänner seines Cousins. Wieder beeindrucktesie die Pracht der Stadt. Die Fahrt war viel zu kurz, und Catharina wunderte sich, dass man die Kutsche genommen hatte und nicht gegangen war. Doch vor der großen Kirche standen die Fuhrwerke in einer langen Reihe. Nur schrittweise ging es vorwärts, und als sie vor dem Portal standen, stieg Frieder aus und reichte ihr die Hand. Sie folgte ihm in den riesigen Bau. Die Kirche war viel größer als die beiden Gotteshäuser in Krefeld. Die Mennoniten hatten nur ein kleines und schlichtes Gebäude hinter hohen Mauern.
    »Das ist Prunk«, sagte sie leise.
    »Das ist Pracht zu Ehren Gottes, genauso wie das Werk, was wir gleich hören werden. Vermögt Ihr die englische Sprache zu verstehen?«
    »Englisch?« Catharina sah ihn erstaunt an. »Nein, nur wenige Worte.«
    »Händel ist nach England gegangen, die Meisten seiner Texte sind englisch. Er hat auch einige italienische Opern geschrieben.«
    »Oper.« Catharina hielt kurz die Luft an. »Ich dachte, dies wäre eine Art Liturgie.«
    »Ist es auch.« Frieder grinste. »Aber eben auf Englisch. Es sind Bibeltexte, die ich Euch nennen und übersetzen kann.«
    »Nun denn.« Ich bin ein Versuch, dachte Catharina bei sich. Ich weiß nicht, was er sich vorstellt, wie ich reagieren soll, aber daran werde ich mich nicht stören. Dies ist eine neue Erfahrung, und ich werde sie in mich aufnehmen und erst später bewerten.
    Sie setzten sich auf die harten Kirchenbänke. Große Statuen standen an den Pfeilern, die Wände waren üppig bemalt.
    Prunk, dachte Catharina, braucht man Prunk und Bilder, um zu glauben? Nein, das lenkt nur ab. Als die Musik zu spielenbegann, vergaß sie aber diese Gedanken. Frieder nahm einen kleinen Block aus seiner Tasche und schrieb ihr die Verse auf, die gesungen wurden. Wie gebannt lauschte sie dem Gesang, wie Donner fuhr die Musik des Orchesters durch ihren Körper. Noch nie zuvor hatte sie eine solche Erfahrung gemacht.
    Frieder führte sie aus der Kirche, sie mussten lange warten, bis ihre Kutsche wieder vorfuhr und sie einsteigen konnten.
    Catharina war froh, dass er sie nicht mit Fragen behelligte, zu intensiv, zu persönlich war dies Erlebnis gewesen. Zuerst hatte sie sich erschrocken – laut und eindringlich war die Musik gewesen. Die Klänge, die die Musiker ihren Instrumenten entlockten, waren etwas völlig Fremdes für sie. Die Musik ging ihr durch Mark und Bein, berührte sie zutiefst. Zuerst wusste sie nicht, ob sie die lauten Klänge schön fand, sträubte sich dagegen, doch als die Sänger einsetzten, brach ein Bann. Sie ließ sich auf dieses neue Hörerlebnis ein, schloss die Augen und gab sich der Musik hin.
    Im Hinterkopf ermahnte sie eine Stimme, dass dies zu prunkvoll sei und keineswegs gottesfürchtig, dass sie sich mit dem Genuss versündigte. Ein wenig Scham verspürte sie ob dieser Gedanken.
    »Wollt Ihr noch ein Glas Wein?« Es war keine Frage, die Frieder stellte, als sie das Haus am Marktplatz erreicht hatten, es war eine Aufforderung. Catharina folgte ihm in den kleinen Salon. Er nahm ihr den Mantel ab, legte ihn über die Stuhllehne. Im Kamin flackerte ein lustiges Feuer, Kerzen erhellten den Raum. Auf dem Tisch standen eine Karaffe und Gläser. Er schenkte ihnen ein, reichte ihr ein Glas und wies dann auf die Sesselgruppe vor dem Kamin.
    Zögernd nahm Catharina Platz, straffte dann die Schultern. Sie war für ihn nur ein Amüsement,

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