Seidenmagd
bringe.«
»Ich freue mich so, dass es eine Schwester ist.« Marijke trat von einem Fuß auf den anderen vor lauter Aufregung. »Tante Katrina bekommt auch bald wieder ein Kind.«
Änne verdrehte die Augen. »Ja, Katrina ist sehr fruchtbar«, sagte sie so leise, dass nur Abraham es hören konnte. »Nur gut, dass die Geschäfte trotz des Krieges einträglich sind, sonst hätte dein Bruder Schwierigkeiten.« Sie zwinkerte ihrem Sohn zu. Dann stand sie auf und prüfte den Krug mit dem Aufguss aus Frauenmantelkraut. »Nimm den Becher«, wies sie Marijke an. »Ich trage den Krug.«
Gemeinsam gingen sie nach oben. Vor der Tür zur Schlafkammer blieb Änne lauschend stehen. »Falls sie schläft, dürfen wir sie nicht wecken.«
Marijke nickte verstehend, so dass die Locken um ihren Kopf flogen. »Ich werde ganz leise und achtsam sein.«
Vorsichtig öffnete Änne die Tür. Anna lag im Bett undschien zu schlafen, das Neugeborene wimmerte leise vor sich hin.
»Shshshs«, sagte Änne und nahm das kleine Mädchen hoch.
»Oh!« Marijke riss die Augen auf. »Wie klein sie ist. Hallo, Annegrijt, ich bin Marijke, deine große Schwester. Du darfst nicht weinen, Mutter braucht Ruhe!«
Änne biss sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen. Auch Anna rührte sich nun.
»Sie hat Hunger, Schätzchen«, sagte sie leise und steckte die Arme nach dem Neugeborenen aus. »Ich werde sie füttern.«
Voller Ehrfurcht schaute Marijke zu, wie ihre Schwester von der Mutter gestillt wurde.
»Sie ist so winzig«, wisperte sie dann.
»Ja, so ist das nun Mal, wenn Kinder auf die Welt kommen. Du warst auch nicht größer.« Änne schmunzelte.
»Woher weißt du das?«, fragte das kleine Mädchen erstaunt.
»Weil ich dabei war, als du geboren wurdest.«
»Sie will nicht richtig trinken«, sagte Anna. Unruhe lag in ihrer Stimme.
»Marijke, geh wieder nach unten und sag Elise, sie soll das Essen zubereiten. Ich werde noch eine Weile bei deiner Mutter bleiben.« Änne schob das Mädchen zur Tür. Dann kehrte sie zu ihrer Schwiegertochter zurück. »Lass mich schauen.« Sie half Anna, die sehr schwach wirkte, das Kind wieder anzulegen. Anna war nicht sehr geduldig, machte einen nervösen Eindruck.
»Es geht nicht!«
»Immer mit der Ruhe. Die Geburt ist noch keine zwölfStunden her, du hast noch keine Milch. Und ihr beide seid erschöpft. Hast du schon geschlafen?«
»Mir fallen immer mal wieder die Augen zu, doch dann schrecke ich hoch.«
»Du musst deine Angst ziehen lassen, sie ist kein guter Begleiter im Wochenbett. Es ist doch alles bisher gut gegangen.«
Anna nickte. »Ich weiß, aber ich kann es nicht ändern.« Eine Träne lief ihr über die Wange.
»Nun, nun, das ist normal. Hier, trink von dem Tee.« Sie schaute auf die Kommode neben dem Bett. »Die Brühe hast du auch nicht gegessen. Das musst du aber, damit du zu Kräften kommst und der Milchfluss einsetzt.«
»Ich habe gar keinen Hunger.« Plötzlich klang Anna sehr müde.
Nachdenklich nahm Änne ihr das Kind aus den Armen, brachte es zur Kommode und wickelte es.
»Das Kindspech ist abgegangen – ein gutes Zeichen«, sagte sie voller Freude. Doch Anna schien ihre Worte gar nicht wahrzunehmen. Änne wickelte ihr Enkelkind, packte es fest in die Pucktücher und legte es zurück in die Wiege. Immerhin hatte Anna den Tee getrunken, doch jetzt lag sie erschöpft in den Kissen, die Augen geschlossen.
»Versuch zu schlafen, mein Kind«, sagte Änne milde.
In der Küche duftete es nach Rinderbraten. Änne zog die Augenbrauen hoch.
»Ich habe Elise zum Schlachter geschickt, damit Anna etwas Nahrhaftes bekommt.« Abraham sah stolz auf. »Wie geht es meiner lieben Frau? Darf ich zu ihr?«
Änne runzelte die Stirn. »Einen Braten? Das ist viel zuschwer für eine Frau im Wochenbett. Im Moment hat sie ohnehin keinen Hunger.«
»Oh, das wusste ich nicht.« Abrahams Wangen färbten sich rot. »Darf ich nach ihr sehen?«
Seine Mutter schüttelte den Kopf. »Mit etwas Glück schläft sie jetzt.« Änne runzelte die Stirn. »Seit wann ist Anna so abweisend eingestellt, so voller Ängste?«
»Ängste?« Abraham zuckte mit den Schultern. »Es nahm im Laufe der Zeit immer mehr zu – schien mit dem Bauch zu wachsen. Ich hatte gehofft, dass sie mit einer glücklichen Geburt auch wieder zuversichtlicher werden würde.«
»Das wird sie auch ganz bestimmt. Sie braucht nur Zeit.« Änne schnupperte. »Elise, lass bloß das teure Fleisch nicht anbraten!«
Die Magd zuckte zusammen und nahm
Weitere Kostenlose Bücher