Seidenmagd
Wangen.
»Keine Sorge, Kindchen – ich habe dich ausgezogen. Dein Herr war erbost und gleichzeitig besorgt. Hast du etwas mit ihm?«
»Nein!« Entrüstet schüttelte Catharina den Kopf.
»Nun, ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass er nicht abgeneigt wäre«, sagte Thea leise.
In diesem Moment klopfte es an die Tür.
»Mademoiselle?« Es war Gerald. »Darf ich eintreten?«
»Bitte.« Catharina zog sich die Decke bis zum Kinn.
»Monsieur fragt nach Eurem Befinden. Er sorgt sich.« Gerald kniff die Augen zusammen, es war dämmerig in dem Zimmer.
»Mir geht es besser, merci.«
»Es war nur eine kleine Schwäche. Sie muss etwas essen und noch ein wenig ruhen, dann ist sie schnell wieder auf den Beinen.«
»Wird es ihr morgen besser gehen?« Gerald sah Thea nachdenklich an.
»Oui. Naturellement!« Theas Augen blitzten.
»Gut.« Gerald drehte sich um, machte Anstalten, den Raum wieder zu verlassen. An der Tür drehte er sich um. »Was immer sie braucht, sagt Monsieur, soll sie bekommen.«
»Dann wäre eine kräftige Brühe und danach etwas Geflügel das Richtige für sie. Dazu ein Krug guter Rotwein und etwas Brot und Butter, vielleicht noch zwei Gänseeier.« Thea dachte nach. »Und vielleicht auch etwas Braten.«
»Gut, ich werde es bringen lassen.«
»Was ist mit Heinrich?«, fragte Catharina bedrückt.
»Aber er ist doch tot.« Thea schüttelte den Kopf. »Das weißt du doch.«
»Ja, aber was ist mit seiner Leiche?«
»Sie wurde schon begraben. Dein Monsieur hat dafür gesorgt, dass Heinrich ein anständiges Begräbnis bekommen hat. Er lässt sich nicht lumpen.«
»Oh.« Catharina senkte den Kopf. »So schnell?«
»Der Mann war krank, sehr krank. Einige des Gesindes hatten sogar verlangt, dass sein Körper verbrannt werden sollte, doch ich konnte sie davon abbringen.«
»Verbrannt?« Catharina stöhnte auf. »Das hat er nicht verdient, ebenso wenig wie ein Tod und ein Begräbnis fern von seiner Familie.«
»Das ist die Gefahr, die er auf sich nehmen musste. Wäre er Bauer gewesen, hätte er zu Hause sterben können, aber ein Kutscher kann sich das nicht aussuchen.« Thea lächelte. »Ich denke, er hat kaum gelitten. Es gibt schlimmere Arten zu sterben.«
»Hast du schon oft jemanden begleitet?« Catharina bis sich auf die Lippen. »In den Tod, meine ich.«
Thea wiegte den Kopf hin und her. »Was heißt oft? Natürlich habe ich einige Sterbende begleitet. Warum fragst du?«
»Du sagtest, Heinrich ist jetzt bei Gott. Woher nimmst du diese Sicherheit?«
Ehe Thea antworten konnte, klopfte es wieder an der Tür. Sofia brachte ein Tablett mit den gewünschten Speisen.
»Brühe und Eier – leider hatte die Mamsell keine Gänseeier mehr, deshalb hat sie vier Hühnereier gekocht. Ein wenig Huhn mit Reis und etwas Gemüse, Brot und Butter, ein wenig kalter Schweinebraten. Den Wein hat Euer Monsieur für Euch entkorkt, er stammt aus seinem Besitz.« Sie stellte das Tablett auf dem Tischchen am Fenster ab. »Kann ich Euch sonst noch etwas bringen?«
Catharina war es unangenehm so bedient zu werden, schüchtern schüttelte sie den Kopf.
»Falls Mademoiselle etwas braucht, werde ich danach fragen!«, sagte Thea mit einem breiten Grinsen. Kaum hatte die Magd die Tür hinter sich geschlossen, machte sich Thea über das Tablett her. Sie brachte Catharina eine Schüssel mit Brühe, etwas Brot und ein Ei. Sich selbst schnitt sie den Braten in kleine Stücke. »Ich kann nicht mehr so gut kauen«, sagte sie zufrieden mit vollem Mund. »Und das Fleisch, das es fürs Gesinde gibt, ist oft zäh. Dieser Braten aber war für die Herrschaft. Köstlich.«
Catharina lachte laut auf. »Deine Anweisung war also ganz uneigennützig?«
Thea zwinkerte ihr zu.
Nachdem Catharina getrunken und gegessen hatte, fühlte sie sich viel besser, aber immer noch erschöpft. Schon bald schlief sie ein.
Am nächsten Morgen weckte Sofia sie mit einem schüchternen Klopfen an der Tür. Thea, so stellte Catharina fest, hatte die Nacht in einem der Sessel verbracht, nur mit einerWolldecke zugedeckt. Doch die alte Frau schlug die Augen auf, als hätte sie lang und bequem geschlafen.
»Bonjour!«, sagte sie in ihrem seltsamen Akzent. Sie reckte und streckte sich.
»Darf ich eintreten?«, fragte die Magd. »Monsieur lässt fragen, ob Ihr gut geruht habt?«
»Danke.«
Sofia sah sie unsicher an. »Er möchte, dass ihr badet«, sagte sie dann leise. »Eure Kleidung habe ich schon gewaschen.«
»Baden?«
»Ja, mit sehr
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