Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
Vom Netzwerk:
den Topf vom Feuer, sie hatte Tränen in den Augen. »Madame, ich fürchte, es ist zu spät.«
    »Unfug.« Änne nahm den Topf, stellte ihn zurück auf den Herd, schüttete eine halbe Flasche Wein hinzu und rührte den Bratensatz los. »Da ist nichts verdorben, aber aufpassen musst du.« Sie warf der Magd einen ärgerlichen Blick zu. »Nun schäl noch ein paar Zwiebeln, etwas Knoblauch, Wurzeln und Sellerie und gib es zum Braten. Vergiss nicht, wieder abzulöschen. Abraham, hast du noch schlichten Wein? Ich fürchte, ich habe die teure Flasche genommen.«
    Abraham stand auf und holte einen Beutel Wein aus dem Keller. »Mutter?«, sagte er dann. »Auf ein Wort, bitte.« Er zog sie mit sich in den Hof.
    »Aber nicht lange, eure Magd braucht Aufsicht.« Sie sah ihren Sohn sorgenvoll an. »Was möchtest du von mir?«
    »Ich fürchte mich – wegen Anna. Deine Worte haben michnachdenklich gemacht. Ihr geht es schlechter, als du mich glauben lassen willst, nicht wahr?«
    Für einen Moment überlegte Änne, dann nickte sie. »Es geht ihr nicht gut. Auch wenn sie die Geburt einigermaßen überstanden hat, war es doch eine große Anstrengung für ihren Leib. Aber es ist ihr Gemüt, um das ich mich sorge. Sie ist melancholisch und voller Furcht. Das ist nicht gut im Wochenbett.«
    »Melancholisch ist sie schon lange.« Abraham senkte den Kopf.
    »Kein Wunder, nach dem, was sie erlebt hat. Dennoch sollten wir voller Hoffnung die nächsten Tage abwarten.« Änne nickte ihm zu und machte Anstalten, wieder in die Küche zurückzukehren.
    »Noch etwas«, sagte Abraham und hielt sie zurück.
    Änne verdrehte die Augen, sie wusste wohl, wie ruhelos frischgebackene Väter waren.
    »Braten war nicht recht, so habe ich das verstanden, aber was kann man ihr noch Gutes tun?«
    Änne lachte schallend. »Du machst dir um die Mahlzeiten Gedanken? Sie braucht Sachen, die leicht und dennoch kräftigend sind. Geflügel, Brühe, Brot und gute Butter, Eier, so etwas.«
    Abraham errötete. »Das lasse ich Elise besorgen.« Seine Miene verfinsterte sich. »Aber die Magd macht uns Kummer. Zuverlässig ist sie schon seit Wochen nicht mehr.«
    Änne nickte. »Ich weiß. Aber auch das Problem wird sich mit der Zeit lösen. Glaube mir, ich weiß es.«
    Am nächsten Tag ging es Anna schon besser. Trotzdem beschloss Änne, in der Kammer ihrer Schwiegertochter zuschlafen. Auch tagsüber kümmerte sie sich hingebungsvoll um Mutter und Kind. Am dritten Tag bekam Anna Fieber. Abraham sorgte sich sehr, aber Änne winkte ab.
    »Endlich ist die Milch eingeschossen. Das ist oft mit Fieber verbunden. Schick Elise zum Winerzthof, sie soll Käsebruch holen, damit können wir Umschläge machen.«
    »Umschläge?« Abraham knetete seine Hände. »Hilft das?«
    »Nun hör einfach auf das, was ich dir sage, und schick die Magd.«
    Das Fieber und Annas körperlicher Zustand machten Änne kaum Sorgen, wohl aber ihr immer noch getrübter Gemütszustand. Sie kannte dieses Erscheinungsbild von anderen Frauen, die im Wochenbett melancholisch wurden und viel weinten. Dagegen half oft ein Aufguss aus Frauenmantel und Johanniskraut. Doch Anna weinte nicht, ihre Stimmung war nicht traurig, sondern düster. Immer wieder redete sie über den Tod.
    »Cherie, du hast gerade ein Kind zur Welt gebracht, du musst an das Leben und nicht an den Tod denken«, tadelte Änne sie.
    »Abraham hat mir erzählt, dass wir wieder neue Quartiergäste bekommen«, sagte Anna leise.
    »Die Vorhut des Regiments Dauphine ist durch die Stadt gezogen und hat berichtet, dass das ganze Regiment nach Krefeld kommt.« Änne seufzte. Seit zwei Wochen wohnte sie nun schon bei ihrem Sohn und seiner Frau. Adam und Katrina kümmerten sich um ihr Haus und ihre Geschäfte. Doch wenn jetzt ein neues Regiment in die Stadt einzog, musste sie zurück.
    »Gib mir die Kleine.« Vorsichtig nahm sie Annegrijt aus Annas Armen. Das Kind wirkte blass und schwach. »Hat sie getrunken?«
    »Nur wenig.«
    Besorgt fühlte Änne den Nacken des Kindes, es schien zu fiebern. »Sie macht keinen guten Eindruck«, seufzte Änne und zog das Kind aus. Der Bauch des Säuglings war aufgedunsen. »Sie hat Koliken und Blähungen. Dagegen müssen wir etwas unternehmen. Ich werde einen Aufguss aus Gänsefingerkraut, Anis und Fenchel zubereiten. Außerdem werden wir ihr einen lauwarmen Wickel machen, um ihr Erleichterung zu verschaffen.«
    Anna war an diesem Tage das erste Mal aufgestanden und in die Küche gekommen. Auch sie wirkte immer noch

Weitere Kostenlose Bücher