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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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heißem Wasser. Und mit dieser Seife.« Sie gab Catharina das Stück. Es roch seltsam streng.
    »Ach, der gute Mann hat Angst vor Krankheiten. Diese Seife ist aus Lichtnelke. Angeblich ist das Kraut wirksam gegen Ansteckung.« Thea klang skeptisch.
    »Du glaubst nicht daran?«
    »Es gibt viele Dinge zwischen Himmel und Erde, die ich nicht verstehe. Warum manche Krankheiten bekommen und andere nicht, gehört auch dazu. Aber ein heißes Bad kann nicht schaden. Also her mit dem Bottich und dem Wasser.«
    Als sie angekommen waren, hatte Catharina ein Bad in der Waschküche nehmen dürfen. Dort stand ein Holzbottich, in dem man bequem sitzen konnte. Außerdem waren dort zwei Öfen, über denen große Kessel hingen.
    Bei den von der Leyen gab es so eine Waschküche nicht. Dort wurde zweimal die Woche der Holzbottich in die Gemächer getragen, das heiße Wasser in Eimern nach oben geschleppt. Catharina fand die Idee der Wasch- und Badeküche gut.
    »Ich kann doch auch im Waschraum baden«, sagte sie und machte Anstalten aufzustehen.
    »Nein, Mademoiselle!«, rief Sofia aus. »Ihr mögt bitte heute hier in Euren Gemächern ein Bad nehmen und noch einen Tag ruhen.«
    Thea kicherte. »Sie wollen sehen, ob du nicht doch die Krankheit in dir trägst, Kindchen. Das kommt davon, wenn man sich um Kranke kümmert.«
    Catharina schaute sie ungläubig an. »Sich um Kranke zu kümmern ist aber gottfürchtig und gerecht.« Nachdenklich setzte sie sich auf. »Du hast gestern meine Frage nicht beantwortet. Woher nimmst du die Sicherheit, dass Gott die Toten bei sich aufnimmt?«
    Thea stand auf, legte die Decke sorgfältig Kante auf Kante.
    »Ich weiß es gar nicht, aber ich könnte es mir vorstellen. Ich bin nicht Mennonitin so wie du und deine Herrschaft. Ich weiß auch wenig über Glauben, umso mehr aber über das Leben.« Sie holte Luft, zögerte. Dann setzte sie sich an die Bettkante und sah Catharina an. »Das Leben ist hart und gefährlich. Oft schon habe ich gehungert und gefroren, viele schlechte Zeiten erlebt. Wenn es der Herrschaft nicht gut geht, weil die Geschäfte nicht laufen oder Kriege toben, dann hungert zuerst die Dienerschaft. Und dennoch ging es mir besser als anderen. Wir wurden immerhin versorgt, mussten nicht um Essen betteln, auch wenn die Rationen karg waren.«
    »O ja, das kenne ich auch. Nachdem mein Vater gestorben war, hatte meine Mutter Mühe, uns durchzubringen.«
    »Ja, das Leben als Witwe mit Kindern kann noch härter sein, wenn es kein Erbe gibt. Aber zu deiner Frage – ich bin nicht mennonitisch. Meine Eltern waren Protestanten. Unser Gott ist nicht so gnädig wie euer Gott, wenn ich das richtig verstanden habe. Doch ist es nicht ein und derselbe Gott? Und warum sollten die Katholiken sich ständig vor der Höllefürchten, die Protestanten immer dann, wenn sie sich nicht wohlfällig verhalten haben und die Mennoniten, wenn sie nicht gottesfürchtig leben?«
    Catharina holte tief Luft; das, was Thea sagte, klang blasphemisch.
    Thea winkte ab. »Ich glaube nicht, dass Gott voller Vergeltung, Rache und Wut ist. Das Leben an sich ist schwer und oft ungerecht.«
    »Und du glaubst nicht, dass Gott unser Leben lenkt?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, dass jemand, der gottfürchtig und gerecht lebt, nicht wegen irgendwelcher Dinge in die Hölle kommt.« Thea runzelte die Stirn. »Du hast mich nach den Sterbenden gefragt – meistens hatten sie, egal wie schwer ihr Kampf war, ein friedliches Lächeln auf den Lippen, wenn der Tod sie holte. Auch wenn sie vorher sehr gelitten haben, schien ihnen der Übergang leichtzufallen.«
    »Und das macht dir Hoffnung?«
    Thea nickte. »Für mich ist es auch nicht mehr lang. Ich habe meine Lebenszeit gelebt, und bald werde ich sterben. Vielleicht schlafe ich ein und wache einfach nicht mehr auf, vielleicht wird mein Ende anders sein – ich weiß es nicht. Ich weiß nur ganz sicher, dass ich ihm nicht entgehen kann, dem Tod.«
    »Und es macht dir keine Angst?«
    »Manchmal. Alles Ungewisse macht dem Menschen doch Angst. Aber was will man tun?« Sie lachte ihr raues Lachen. »Ewig leben und immer älter werden, das ist auch nicht schön, glaub mir.«
    Nachdenklich nickte Catharina.
    Der Knecht brachte den Waschzuber, dann einen Eimer nach dem anderen mit heißem Wasser. Schließlich war dieHolzwanne gefüllt. Er hatte möglichst viel Abstand zu Catharina gehalten, die immer noch im Bett lag. Als er den letzten Eimer eingefüllt hatte, wies er auf den Zuber. »Ihr

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