Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
was?«
»Sie sind leise und billig. Und trotzdem tödlich, wenn man sie richtig platziert.«
»Das ist doch kaum zu glauben. Das sind Patronen, mit denen man Schlangen erschießt. Aber … hier? In Krefeld?«
»Es sind quasi Übungspatronen. Wirkungsvoll sind sie trotzdem, wie die Toten zeigen.« Ermter nahm die Mappe und gab sie Fischer.
»War es ein und dieselbe Waffe?«, fragte Fischer.
»Das wissen wir noch nicht. Das gleiche Projektil, aber ob es die gleiche Waffe war? Ich schätze schon.«
»Hammer. Wer benutzt solche Waffen?«
»Ja, wer? Die Mafia benutzt solche Projektile, weil sie leise sind. Aber nicht hier in Deutschland.« Ermter schüttelte den Kopf.
»Die Mafia ? Die Mafia?«
»Ja, genau, die Familien aus Sizilien. Sie sind in Deutschland aktiv.«
»In Krefeld? Machst du Witze?«
»Nein, Jürgen, zum Spaßen ist mir nicht zumute. Im Ruhrgebiet haben sie inzwischen gut Fuß gefasst. Deutschland ist deren Rückzugs- und Ruhegebiet.«
»Und ich dachte, das gälte nur für die Taliban, und dann auch nur im Norden. Hamburg und so.« Fischer lehnte sich zurück. »Wo ist die Mafia hier aktiv?«
»Duisburg.«
»Stimmt. Das habe selbst ich gehört. Schießerei bei Bruno. Mein lieber Herr Gesangsverein. Hatte Goeken Kontakte nach Duisburg?«
»Weiß ich nicht.« Ermter sah auf seine Uhr. »Aber in zehn Minuten kommen die anderen, vielleicht erfahren wir es dann.« Er richtete sein Jackett. »Ich habe Hunger.«
»Ja, ich auch. Die Pizza war was für den hohlen Zahn. Was möchtest du?« Fischer schaute zu Ermter.
»Irgendetwas, was ungesund ist, und eine Zigarette.«
»Sicher?«
Ermter nickte.
»Volker fährt zu McDonald’s, möchtet ihr etwas?« Ayla Schmidt steckte den Kopf zur Tür herein. Hinter ihr erschien Mehmet.
»Habt ihr was gefunden?«, wollte Ermter wissen, nachdem Ayla die Bestellung aufgenommen hatte.
»Es ist schwierig. Die verdammte Suche im Heuhaufen.«
»Er hat seinen Wagen, einen alten Mercedes, oft in der Feuerwehrzufahrt oder ungünstig auf dem Bürgersteig geparkt«, begann Mehmet zu berichten. »Sein Balkon war voller Dreck. Manchmal standen auch wochenlang Müllbeutel vor seiner Wohnungstür. Die Nachbarn haben sich bei der Genossenschaft beschwert, aber ohne Ergebnis.«
»Und sonst? Nichts, was aus dem Rahmen fällt?«
»Bei Goeken fällt irgendwie alles aus dem Rahmen. Er war unbeliebt, laut, ungesellig. Er hat sich mit jedem angelegt. Er hatte, soweit wir das wissen, kaum soziale Kontakte.«
»Das kann ja nicht stimmen«, wandte Fischer ein. »Schließlich hatte er Übernachtungsbesuch.«
»Tja, die Häuser sind groß und anonym in der Siedlung, jeder kümmert sich mehr oder weniger um seinen Kram, so wie ich das verstanden habe. Es gibt keine Nachbarschaftsfeste, keine Vereine, kein Miteinander, sondern nur ein Nebeneinander. Trotzdem ist Goeken oft unangenehm aufgefallen.« Ayla zuckte mit den Schultern. »Er hat scheinbar niemanden gemocht und niemand ihn.«
»Das ist dummerweise immer noch kein Motiv. Und ganz stimmig ist das auch nicht«, sagte Fischer leise. »Er hatte Kontakte, wir wissen bloß noch nicht, wohin.«
ZEHN
»Wer hatte was bestellt?«
Volker kam mit zwei großen Tüten in das Besprechungszimmer. Sofort füllte sich der Raum mit dem Geruch von Pommes und Hamburgern. Er verteilte die Papppackungen und stellte die Getränke auf den Tisch.
»Guido, Telefon.« Uta kam aus ihrem Büro und hielt das schnurlose Gerät in der Hand. »Endlich Essen. Hast du mir Salat mitgebracht?«
»Wer ist es denn?« Ermter wischte sich über den Mund.
»Deine Frau.«
Er nahm das Telefon und ging in den Flur. »Warum hast du mich nicht auf dem Handy angerufen?«, hörten sie ihn sagen, bevor er die Tür hinter sich schloss.
Die Kollegen aßen schweigend.
»Gibt es Ärger zu Hause?«, fragte Fischer leise, als Ermter sich wieder an den Besprechungstisch setzte.
»Unsere Heizung ist wohl kaputt. Ärgerlich, weil darüber auch das Heißwasser läuft. Sigrid hat jetzt den Notdienst bestellt.«
»So etwas passiert immer am Wochenende.«
Ermter nickte.
»Ich habe mir Goekens Akte noch mal angesehen.« Volker schob Ermter die Mappe zu. »Er hatte mehrere Tickets wegen Falschparkens in Duisburg, in der Nähe des Hauptbahnhofs. Und zwei Anzeigen wegen Körperverletzung auch aus Duisburg.«
»Duisburg?« Ermter warf Fischer einen Blick zu. »In der Nähe des Hauptbahnhofs.« Er nahm die Mappe und stand wieder auf. »Ich werde mal mit den Kollegen
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