Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
bei der Leiche, aber eine Schussverletzung habe ich nicht gesehen. Ich wollte die Leiche auch nicht unnötig anfassen.«
Sabine nickte. »Irgendwelche Spuren einer Kampfhandlung?«
»Nein. Das Gartentor stand offen, genauso wie die Tür zum Haus. Aber dort ist alles ordentlich, nichts deutet auf einen Kampf hin.«
»War er dort alleine?«
»Jedenfalls ist jetzt niemand mehr dort. Wir haben den Garten abgesucht und auch die Nachbargärten. Um diese Uhrzeit ist hier nicht mehr viel los. Im Sommer sieht das ganz anders aus.«
»Gut, ich schaue es mir mal an.«
Sie folgten dem schmalen Weg, der von hohen Buchsbaum- und Ligusterhecken begrenzt wurde, durch die Anlage. Nur manchmal konnte man einen Blick auf die liebevoll gepflegten Lauben und Gärten erhaschen. Der März war nach dem strengen Winter mild gewesen, und die ersten Knospen zierten die Bäume und Sträucher. Narzissen, Krokusse und Hyazinthen blühten schon vereinzelt. Ein Zaunkönig zirpte. Es roch nach Rauch und Humus, frischer Erde und fauligem Laub.
»Dort vorne rechts ist es«, sagte der Polizist und zeigte Sabine den Weg.
Plötzlich knallte etwas in der Ferne, und Sabine fuhr erschrocken zusammen. Sie griff nach ihrer Waffe, doch das Holster hatte sie gar nicht umgeschnallt.
»Verdammt, wo war das?«, zischte sie und ging in die Hocke. Zwischen den hohen Hecken konnte man kaum etwas erkennen, und die Dämmerung wurde inzwischen zur Dunkelheit.
»Das war nichts.« Der junge Schutzpolizist zog sie wieder hoch. »Dort hinten verbrennt ein älterer Mann Laub, Gartenabfälle und Äste. Die Äste krachen im Feuer.« Er lachte, nicht höhnisch, sondern gewinnend. »Mir ging es vorhin genau wie dir. Vermutlich wurden wir wegen solcher Geräusche auch gerufen.«
Sabine runzelte die Stirn. »Es ist doch verboten, Gartenabfälle zu verbrennen.«
»Ja, aber die meisten halten sich nicht daran. Sie machen das schon immer so.«
Fischer hatte zu ihnen aufgeschlossen und die Unterhaltung verfolgt. »Die Feuerstelle wurde überprüft?«, fragte er nun.
»Ja, wir waren da.« Der Schutzpolizist drehte sich um und zeigte auf ein Tor. »Dort ist der Garten, in dem wir die Leiche gefunden haben.«
Sabine folgte ihm.
Durch ein schmiedeeisernes Tor gelangten sie in einen gepflegten Garten. In der Mitte stand ein kleines Häuschen mit einem Spitzgiebeldach. Die Fensterläden waren grün gestrichen. Auf der überdachten Terrasse standen gestapelte Plastikstühle in einer Ecke. Ein gemauerter Grill begrenzte die Terrasse zur anderen Seite. Die Tür des Häuschens war nur angelehnt.
»Wie habt ihr die Leiche gefunden?« Fischer schaute sich um. Die Rabatten waren frisch geharkt, das alte Laub türmte sich in einer Ecke des Gartens. Der Kompost war umgesetzt, und die Beete waren auf die Aussaat vorbereitet worden.
Der Streifenbeamte sah Fischer erstaunt an. »Wir hatten einen Hinweis bekommen.«
»Telefonisch? Von wem?«
»Eine ältere Dame hat angerufen.«
»Ich kapier das nicht so ganz«, sagte Fischer. »Es ist ein Anruf eingegangen, dass hier in der Kleingartenanlage Schüsse gehört worden seien?«
Der Kollege nickte.
»Und dann seid ihr hierhergekommen und habt festgestellt, dass nur Äste im Feuer knacken?«
»Richtig.«
»Und wie seid ihr dann auf die Leiche gestoßen? Wo ist sie überhaupt?«
»Hier im Haus.« Der Polizist ging vor und öffnete die Tür. »Die alte Dame hat uns hierhergeschickt. Sie meinte, der Nachbar wäre etwas seltsam und hätte schon öfter mit dem Luftgewehr auf Vögel oder Kaninchen geschossen.«
Sabine ging an ihm vorbei in das kleine Häuschen. Auch hier war es sehr ordentlich und aufgeräumt, fast schon zu sauber für ein Gartenhaus. Es gab offensichtlich zwei Räume, sie standen in dem größeren. Unter dem Fenster war eine Couch, die aussah, als ob man sie ausklappen könnte. Davor stand ein Tisch. In der linken Ecke befand sich ein Esstisch mit einer Eckbank aus Kiefernholz. Davor lag ein Mann, seltsam verdreht. Sein Kopf lag auf der linken Seite, die Füße zeigten nach rechts, als wäre er mitten in einer Pirouette gestürzt. Um seinen Kopf hatte sich eine Blutlache gebildet. Während Fischer und Brackhausen an der Tür stehen blieben, hockte sich Sabine neben den Toten, vorsichtig darum bemüht, keine Spuren zu verwischen.
»Er ist ganz offensichtlich tot«, murmelte sie.
»Überraschung!« Oliver grinste.
Sabine sah zu ihm auf und funkelte ihn böse an. »Allerdings kann ich nicht erkennen, ob er eine große
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