Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
– ja und? Mich interessiert deine Sabine nicht. Vielleicht ist es ja ganz gut, dass sie endlich verschwunden ist. Dann kannst du dich in aller Ruhe um deinen Sohn kümmern.« Sie gab dem Kind einen kleinen Stoß. »Geh zu Papa, Finn. Ich hole dich morgen Abend wieder ab.«
»Ina …«
»Nix da, Ina!« Sie drehte sich um und ging.
Finn fing leise an zu weinen. Oliver hockte sich neben ihn und nahm das Kind in den Arm. »Shh shh. Ist ja gut, nicht weinen.«
»Mama ist sauer.«
»Ja, aber auf mich und nicht auf dich.« Hilfesuchend sah er sich um. »Was mach ich denn jetzt?«
»Du bist nicht wirklich in dem Zustand, ein Kind betreuen zu können. Du hast Psychopharmaka genommen«, sagte Fischer. »Aber vielleicht habe ich eine Lösung.« Er griff nach seinem Handy.
»Natürlich kann ich Finn nicht betreuen«, sagte Oliver. »Ich bin im Dienst.«
»Nein, Oliver, das bist du nicht.« Guido Ermter kam zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du bist im Moment nicht diensttauglich. Aber Jürgen hat recht, um ein Kind kannst du dich jetzt auch nicht alleine kümmern. Gibt es da niemanden, der dir helfen kann?«
Oliver schüttelte den Kopf. »Meine Eltern sind im Urlaub.«
Finn hatte sich inzwischen beruhigt, saß bei seinem Vater auf dem Schoß und spielte mit einem kleinen Polizeifahrzeug, das er aus der Tasche gezogen hatte.
»Oliver?« Fischer kam eilig zurück in das Besprechungszimmer. »Komm, lass uns fahren.«
»Wohin?«
»Zu mir nach Hause. Das ist kein Problem, und das Gästezimmer ist groß genug.«
»Das kann ich nicht.«
»Doch, kannst du.« Fischer schaute zu Finn. »Du bist es ihm schuldig.«
»Wo er recht hat, hat er recht«, sagte Uta. »Und was deine Ex gesagt hat, stimmt auch. Du hast als Vater nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten.«
»Denen ich bisher immer nachgekommen bin. Aber dies ist eine Ausnahmesituation, schließlich geht es um Sabine.«
»Wo ist Sabine?«, fragte Finn fröhlich. »Macht sie mir wieder Pizza?«
»Sabine ist nicht da.« Fischer zwang sich zu lächeln. »Aber Pizza lässt sich sicher organisieren.«
»Cool!« Der kleine Junge sprang vom Schoß seines Vaters. »Ich liebe Pizza.«
»Es fehlt noch der Bericht der Ballistiker«, informierte Ermter sein Team. »Die Spurensicherung hat bisher nichts in dem Golf gefunden. Jedenfalls nichts, was uns auf die Schnelle weiterbringt. Es gibt jede Menge verschiedene Fingerabdrücke.«
»Wahrscheinlich alle von uns.« Uta gähnte. »Und was machen wir jetzt?«
»Du und Markus geht in die Gartensiedlung und befragt die Nachbarn, heute ist Sonntag, und viele Gartenbesitzer werden da sein. Ayla und Mehmet sortieren noch mal die Aussagen der Wohnungsnachbarn. Vielleicht findet ihr einen Ansatzpunkt, etwas, wo man noch mal nachhaken kann. Volker, du gehst die Anzeigen gegen Goeken durch. Ich weiß, es ist schwierig zu suchen, wenn wir so gar nicht wissen, wonach.«
Ermter nickte allen zu und ging in sein Büro.
Etwas widerwillig folgte Oliver Fischer zum Auto. Finn plauderte munter, aber Oliver gab nur einsilbige Antworten.
»Hast du auch Kinder?«, fragte Finn Fischer.
»Ja, zwei Jungs. Sie sind aber schon groß.«
»Wohnen die bei dir?«
»Nur der eine.«
Fischer versuchte so gut es ging, auf den Jungen einzugehen.
Zwei Stunden später kam Fischer zurück ins Präsidium.
»Und?«, fragte Ermter.
»Martina hat Pizza gemacht, und nun sind sie auf dem großen Spielplatz am Elfrather See. Zum Glück hat es aufgehört zu regnen.« Er seufzte. »Oliver ist nicht wirklich glücklich und auch nicht richtig bei der Sache, aber das ist ja nicht verwunderlich. Zu blöd, dass man Erfahrungen nicht besonders gut weitergeben kann.«
»Erfahrungen?«
»Nun ja, Finn ist inzwischen fünf. In zehn Jahren hat er vielleicht die erste Freundin, vielleicht ein Mofa … Die Zeit geht so schnell vorbei, und ich habe viel zu viel davon bei meinen Jungs verpasst. Oliver hat jetzt noch die Chance, aber ich kann ihm das nicht begreiflich machen.«
»Im Moment kann er das nun wirklich weder begreifen noch umsetzen, Jürgen.« Ermter lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Ich denke mal, er ist vor Sorge um Sabine halb verrückt.«
»Wahrscheinlich.« Fischer holte tief Luft, zog sich einen Stuhl an den Tisch. »Gibt es etwas Neues?«
»Ja, der Bericht vom Ballistiker ist da. Goeken und die Frau wurden mit einer 22iger erschossen, und der Hammer ist, es waren Zimmerpatronen.«
»Was? Zimmerpatronen? Wer nimmt denn so
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