Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
den Kopf und ließ ihn dann los.
Das Kind lief zum Eingang, holte den Korb und stieg in den Wagen. Er winkte Oliver zu, als Ina losfuhr.
»Puh«, sagte Fischer und zog Oliver hoch. »Lass uns zusehen, dass wir hier wegkommen.«
Oliver starrte dem Smart hinterher, der die Straße hinunterfuhr. »Aber … wo will sie hin?« Er ging zu seinem Wagen und stieg ein. Fischer konnte ihm gerade noch folgen, bevor Oliver losfuhr. »Da ist doch etwas faul«, murmelte Oliver. »Da ist doch etwas oberfaul.«
»Was meinst du?«, fragte Fischer und zog den Gurt aus der Halterung.
»Hast du den Korb gesehen? Sah aus wie ein Picknickkorb. Wasserflasche, Tuppergedöns, ein Handtuch und, wenn mich nicht alles täuscht, eine Brötchentüte.«
»Vielleicht will sie mit Finn ein Picknick machen?«
»Anfang April? Es ist zwar warm, aber so warm nun auch nicht.«
»Es gibt doch diese Indoorspielplätze. Möglicherweise ist sie auch verabredet.«
»Ja.« Oliver knirschte mit den Zähnen. »Danach sieht es aus. Sie wirft mir meine Beziehung zu Sabine vor. Was weiß ich denn, was sie so alles treibt und mit wem?« Er lachte leise. »Aber die Rechnung hat sie ohne mich gemacht. Das bekomme ich raus.«
»Du willst ihr hinterherspionieren? Ist das nicht unter deinem Niveau?« Verstohlen sah Fischer auf seine Uhr. Er hatte sich noch nicht bei Martina gemeldet. Ihre Mittagspause endete gleich.
»Ich will nur sehen, wo sie hinfährt.«
»Und dann?«
»Weiß ich noch nicht. Vielleicht fährt sie tatsächlich zu einem Spielplatz.«
Dann hoffe ich das mal, dachte Fischer und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Da vorne ist sie. Der Smart ist ja nicht zu übersehen. Den haben ihr ihre Eltern vor ein paar Wochen gekauft«, sagte Oliver grimmig.
»Was macht Ina eigentlich beruflich?«
»Nichts, soweit ich weiß. Manchmal die Buchhaltung für ihren Bruder – beziehungsweise für den Betrieb, in dem er arbeitet.«
»Die Abdeckerei?«
Oliver nickte.
»Das wusste ich gar nicht. Auf der Gehaltsliste steht sie nämlich nicht.«
»Sie macht das sicherlich schwarz.«
Ob sie dann auch eine Verbindung zur Mafia hat?, fragte sich Fischer. Aber nein, das ist viel zu weit hergeholt. Überhaupt, es kann doch gar nicht sein, dass zwei Fälle, die so weite Kreise zogen, bis nach Stuttgart und Italien, sich plötzlich hier so verdichteten.
Oliver schob eine CD in den Player und drehte die Musik auf. »Das sind Schweden«, sagte er. »Johnossi. Oder so.«
»You, you, you and you, a monkey needs to dance, so do you.«
Ein Affentanz, dachte Fischer, wie passend. Sie fuhren hinter dem Smart her, vorbei am Friedhof, auf den Ring und dann in Richtung Autobahn.
»Was hat sie bloß vor?«, fragte Oliver, der sich darum bemühte, mindestens zwei Wagen zwischen seinem und dem Smart zu lassen.
»Oliver, ist das wirklich so wichtig? Mach keinen Kriegsschauplatz daraus. Du bist Finns Vater, und gut ist es. Ina ist nicht ganz dicht.«
Fischer lehnte sich zurück, schloss die Augen und massierte das Nasenbein. Er war in den letzten achtundvierzig Stunden über tausend Kilometer gefahren und spürte nun Muskeln und Knochen und vor allem die Erschöpfung, die sich in ihm breitmachte.
»Nur noch einen Moment«, murmelte Oliver. »Ich will nur sehen, wo sie hinfährt.«
Das kann noch eine Weile dauern, dachte Fischer genervt. Sie fuhren am Nordwall vorbei. Dort sitzt Martina und wartet auf mich. Er überlegte, ob er sie anrufen sollte, verwarf den Gedanken jedoch. Es hat keinen Sinn, sie anzurufen, bevor ich nicht weiß, wie lange das hier dauert.
»Sie fährt zur Autobahn.«
»Wäre sie da nicht besser in Oppum aufgefahren?« Fischer versuchte, sich zu strecken.
»Sie ist eine Frau.« Oliver grinste, aber es sah nicht freundlich aus.
Das ist Sabine auch, dachte Fischer. Sie sollten sich besser mit dem Fall beschäftigen. Er mochte Sabine sehr. Als Kollegin und auch als Mensch. Sie war ihm eine Freundin geworden, seit er hier in Krefeld arbeitete. Er hatte sich für sie gefreut, als sie sich in Oliver verliebte und aus den beiden ein Paar wurde. Ein halbes Jahr zuvor hatte Sabine ihm anvertraut, dass sie bezweifelte, sich jemals wieder auf eine Beziehung einlassen zu können.
So schnell kann das gehen, dachte er, und seine Gedanken wanderten zu Martina. Auch seine eigene Beziehung war nicht unproblematisch. In unserem Alter hat man nun mal eine Vergangenheit. Er fühlte sich wohl und geborgen bei ihr. Vor einigen Wochen hätte er die Hand dafür ins
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