Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
seinem Sohn. »Erzähl es mir später.«
»Mach dir nicht zu viel Hoffnung«, murmelte Fischer, dann räusperte er sich. »Gibt es Ärger mit Ina?«
Diesmal wies Olivers Kopfbewegung ganz auffällig nach hinten. »Nein, nein«, sagte er, es klang aber nicht belanglos.
Schweigend fuhren sie durch die Stadt.
»Wohnt Ina immer noch in Fischeln?«
Oliver nickte. Er konzentrierte sich auf den Verkehr, aber seine Hände zitterten. Nur mit Mühe parkte er vor dem Siedlungshaus hinter dem Baumarkt. »Sie wohnt in der Einliegerwohnung bei ihren Eltern.«
»Ja, gute Lösung mit einem Kind«, meinte Fischer.
»Ihre Eltern arbeiten beide. Sie haben ihr zwar die Wohnung überlassen, aber um das Enkelkind kümmern sie sich nicht besonders viel.«
»Tja. Ich wüsste auch nicht, was ich mit Enkeln anfangen sollte.« Fischer lachte. »Aber in die Verlegenheit komme ich vorläufig nicht.«
»Die Eltern können mich nicht ausstehen. Sie meinen, ich hätte ihr das Kind angehängt. Dabei … ach, egal.« Er schnallte seinen Sohn los und stellte ihn auf den Gehweg. »Dann geh mal klingeln, Mama wartet sicher schon.«
Die Haustür wurde geöffnet, bevor Finn geklingelt hatte.
»Da bist du ja endlich!«, keifte Ina Scheelen Oliver an. »Ich warte schon seit einer halben Stunde. Meinst du, ich hätte sonst nichts zu tun?«
»Das ist meine Schuld«, sagte Fischer und trat vor. »Ich habe ihn aufgehalten. Verzeihung.«
Ina schnaubte nur, dann ging sie in die Hocke. »Hallo, mein Schatz«, begrüßte sie Finn. »Alles klar mit dir?«
»Wir hatten ein tolles Wochenende«, sagte der Kleine und pustete sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Wir haben Sabines Wohnung geputzt und uns um ihre Katze gekümmert, sodass alles schön ist, wenn sie wiederkommt.«
Ina Scheelen wurde blass. Sie warf Oliver einen wütenden Blick zu. »Geh mal rein und hol den Korb, der dort steht, wir müssen noch etwas machen«, sagte sie zuckersüß zu ihrem Sohn. Dann ging sie auf Oliver zu. »Musst du ihn da mit hineinziehen? Schlimm genug, dass du ausflippst, bloß weil die Schlampe sich verdünnisiert hat, aber muss Finn das alles mitbekommen?«
»Ach, Ina.« Oliver drehte sich um und ging zurück zu seinem Wagen. »Was sollte ich denn machen? Schauspielern? Darin bin ich nun mal nicht so gut wie du.«
»Du immer mit deinen coolen Sprüchen. Denkst du eigentlich gar nicht an dein Kind? Nein, tust du nicht. Dir ist die Tussi viel wichtiger!«, kreischte Ina.
Oliver wandte sich wieder um, ging drohend auf sie zu. »Stopp! Dieses Kind war nicht geplant und von mir nicht gewollt. Du hast es darauf angelegt und mich erst von seiner Existenz unterrichtet, als Finn schon fast zwei Jahre alt war. Weil dein damaliger Freund dich verlassen hat, dem du das Kind – unser Kind, mein Kind – untergeschoben hattest. Und plötzlich, nach fast drei Jahren sollte ich Papa sein und den Zahlmeister geben. Das tue ich, und ich kümmere mich auch um meinen Sohn, den ich im Übrigen abgöttisch liebe und nicht mehr missen möchte. Aber auch als Vater kann ich mein Leben gestalten, wie ich es will. Und du hast mir da nicht reinzureden. Schon gar nicht, was die Wahl meiner Partnerin angeht!« Oliver wurde immer lauter, hektische Flecken zeigten sich auf seinen Wangen.
»Brüll mich nicht an!«, schrie Ina.
»Jetzt ist aber Feierabend.« Fischer trat zwischen die beiden. »Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?« Er wies auf die Haustür, dort stand der kleine Junge und hielt den Korb fest, den er hatte holen sollen. Verstört schaute er seine Eltern an.
»Schätzchen, das ist nur ein kleiner Streit zwischen Mama und Papa, das hat nichts zu sagen.« Ina ging auf ihn zu.
»Mama hat recht. Komm her, mein Held, und gib mir einen Abschiedskuss. Papa muss wieder arbeiten.« Oliver ging in die Hocke und breitete die Arme aus.
Finn sah misstrauisch zwischen ihnen hin und her, ging dann zu Oliver und umarmte ihn. »Ist wirklich alles okay?«, fragte er leise und mit Tränen in der Stimme.
»Ja, wirklich. Ich geh jetzt wieder los und suche Sabine, in Ordnung? Und wenn sie wieder da ist, gehen wir alle Pizza essen, ja?«
»Pizza?« Finn hob den Kopf. »Au ja. Wir alle zusammen?«
»Ja.«
»Mama auch?«
Bevor Oliver antworten konnte, rief Ina dazwischen. »Komm, Schätzchen, ich muss noch etwas erledigen.« Sie ging zu dem Smart, der in der Einfahrt stand, und öffnete die Beifahrertür. »Denk an den Korb!«
Oliver drückte seinen Sohn noch einmal, küsste ihn auf
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