Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
auf der Blumentalstraße wohnt Maria Goeken. Ein Stück weiter ist die Fußgängerbrücke – aber …« Er sah zum Bunker. »Weißt du, was das für ein Gebäude ist?«
»Ein Modellbauclub hat dort Räume angemietet. Sie haben da eine Eisenbahnanlage aufgebaut. Und außerdem gibt es dort Proberäume für Bands.«
»Woher weißt du das, Oliver?«
»Weil Jens, Inas Bruder, dort einen Raum hat. Er spielt Schlagzeug.« Oliver sah Jürgen an. »Denkst du das, was ich auch denke?«
»Es ist furchtbar unwahrscheinlich, aber ja, ich denke das auch.«
»Das kann nicht sein. Oh Gott«, sagte Oliver. »Schau dir den Bunker an – kein einziges Fenster. Sollte Sabine da drin sein, wäre es so wie damals, als sie in dem Erdloch gefangen gehalten wurde. Sie würde verrückt werden vor Angst. Wir müssen da rein.«
»Wir sind nicht im Dienst.« Fischer zog das Handy aus der Tasche, drückte die Kurzwahl zum Präsidium. »Wir brauchen Verstärkung«, sagte er, als Ermter abnahm. »Wir sind auf der Inrather Straße, an dem Hochbunker neben der Pauluskirche. Möglicherweise ist hier ein Tatort, wir werden versuchen reinzugehen.«
»Bist du des Wahnsinns?«, schrie Ermter.
»Es würde zu lange dauern, dir alles zu erklären, aber wir vermuten, dass Sabine dort ist.«
» WAS ?«
Fischer legte auf, ohne zu antworten. Könnte es wirklich sein, dass Jens Scheelen Sabine entführt hatte? Aus gemeiner Rache? Fischer schluckte. Er hoffte inständig, dass Sabine noch am Leben war, zweifelte aber im Moment sehr daran. Und selbst wenn, sie wäre bestimmt panisch vor Angst. »Wie zum Henker sollen wir dort reinkommen?«
Doch Oliver hatte die Straße schon überquert. Er nahm seine Walther aus dem Halfter und entsicherte sie.
»Ich bin nicht bewaffnet«, sagte Fischer leise.
»Du kannst warten oder mir folgen«, sagte Oliver, er klang zu allem entschlossen.
Es gab nur einen Eingang in den fensterlosen Betonklotz aus dem letzten Weltkrieg, eine schmale Eisentür.
»Die kannst du weder auftreten noch das Schloss aufschießen.«
Oliver drehte den Türknauf – die Tür war nicht verschlossen.
»Hier unten sind die Räume des Modellbauclubs, die Proberäume sind oben«, sagte er leise.
Kaltes Neonlicht beleuchtete das kahle Treppenhaus. Eine Betontreppe führte steil nach oben. Es war klamm und unnatürlich still in dem Gebäude, eine andere, unangenehmere Stille als in dem Kloster auf dem Dreifaltigkeitsberg. Fischer folgte Oliver nach oben.
Mehrere Eisentüren gingen von dem Flur ab. Ein Schauer lief Fischer über den Rücken, der nicht von der Kälte herrührte. Etwas schien in der Luft zu liegen, eine seltsame Elektrizität, wie man sie manchmal verspürt, bevor etwas passiert.
»Und jetzt?« Fischer hob fragend die Augenbrauen.
Oliver antwortete nicht, doch sein Atem war hörbar hektisch. In der einen Hand hielt er die gezogene Waffe, mit der anderen drückte er langsam und vorsichtig die Türklinke der ersten Tür. Sie war verschlossen. Er ging weiter zur nächsten Tür. Diesmal ließ sie sich öffnen.
Es war dunkel, und ein kalter, muffiger Geruch drang in den Flur. Oliver schaute in den Raum hinein. »Hier ist sie nicht«, wisperte er.
Da ist niemand, dachte Fischer. Verrannten sie sich da gerade in etwas?
Plötzlich ging die Tür am anderen Ende des Flures auf. Ina kam heraus und schloss die Tür ab. Sie hatte sie offensichtlich nicht gesehen. Mit drei schnellen Schritten war Oliver bei ihr und fasste nach ihrer Hand.
Ina schrie erschrocken auf, drehte sich zu ihm um. Sie wurde blass.
»Was, was …«, stammelte sie.
»Öffne die Tür! Sofort!«, sagte er mit gepresster Stimme.
Sie starrte ihn an, senkte dann den Kopf. »Wir haben ihr nichts getan.«
»Mach!«, schrie Oliver jetzt. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Er konnte nicht glauben, dass sie Sabine wirklich gefunden hatten, hoffte es dennoch sehr.
Ina tat wie geheißen und schloss wieder auf. Sie öffnete die Tür. Helles Licht strahlte in den Flur.
Oliver stieß sie zur Seite und ging hinein. »Sabine?«
Fischer folgte ihm.
Die Wände und die Decke des Raumes waren mit Schaumstoff verkleidet, der an Eierkartons erinnerte. Das Licht der Lampe, die in der Mitte von der Decke hing, war so grell, dass es blendete. Ein Schlagzeug dominierte den Raum, an der Seite stand ein kleiner Tisch und an der hinteren Wand eine Liege. Ein Fernseher flimmerte. Es roch nach Kaffee, Mayonnaise und Fäkalien.
»Nein!«, schrie Oliver.
* * *
»Gib Gas«, rief Guido
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