Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
heftig, aber nicht unerwartet. Langsam ging er wieder zurück zum Präsidium.
Du bist doch total bescheuert, dachte er und zog wieder an der Zigarette.
»Es gibt Berichte von meinen Kollegen in Duisburg, dass es im Milieu brodelt. Anscheinend findet eine heftige Umstrukturierung statt, es gab Ablösungen in den höheren Rängen der ›Familien‹, und der Bandenkrieg ufert bis hierher aus. In Duisburg wurde am Wochenende jemand erschossen, und wir sind uns sicher, dass es mit diesen Maßnahmen der ›Familie‹ zu tun hat. Es gibt Hinweise darauf, dass auch Peter Goeken zwischen die Mühlsteine geraten ist.«
»Weil er …?«, fragte Mehmet ungläubig.
»Was?« Lähr schaute ihn verwundert an.
»Na, wo ist das Motiv? Goeken war ja nun nicht wirklich in der Führungsschicht der Mafia.«
»Vielleicht hat er etwas gewusst, was er besser nicht hätte wissen sollen«, meine Markus.
»Und da sind wir wieder, wo wir schon am Samstag waren: Wir haben kein überzeugendes Motiv, wir haben keinen Hinweis auf einen Täter. Hätte, könnte, sollte, würde … Durch Konjunktive klären wir keinen Fall auf.« Ermter war laut geworden, er stand auf, stapfte zum Fenster und bohrte die Hände in die Hosentaschen. »Was für Hinweise gibt es denn?«, fragte er dann Lähr.
»Zum einen natürlich das Geld, das überwiesen wurde …«
»Aber das ist doch schon Monate her«, warf Mehmet ein.
»Zum anderen haben wir E-Mails gefunden, die darauf hindeuten, dass Goeken versucht hat, jemanden zu erpressen.«
»Wie sicher ist das?«, wollte Ermter wissen.
»Ziemlich sicher. Nur liegen diese Informationen bei den italienischen Behörden. Ich habe um Amtshilfe gebeten, warte aber noch auf Antwort«, sagte Lähr.
»Dann könnte Goeken doch ein Opfer der Mafia sein«, sagte Markus.
»Ja, aber ich halte das für unwahrscheinlich.« Lähr räusperte sich. »Denn das hätten wir bestimmt erfahren. Es gibt da jemanden, der will singen, und er würde das wissen.«
»Und würde er es auch sagen?« Ermter schaute Lähr an.
Lähr nickte.
»Was wenn er es aber doch nicht weiß? Du sagst, es gibt Umstrukturierungen – vielleicht ist euer Sänger bei denen, die wegrationalisiert werden?«, fragte Mehmet.
»Ach, Mehmet«, winkte Ermter verärgert ab, »die Mafia ist doch keine Behörde.«
»Ich werde mich darum kümmern«, versprach Lähr, »und euch sofort Bescheid geben, sollte ich mehr erfahren.«
»Wir warten jetzt ab, was die Schwägerin zu sagen hat.« Ermter ging wieder zum Fenster. »Gibt es wenigstens eine Reaktion aus der Bevölkerung?«
»Vier Leute wollen Sabine gesehen haben«, bemerkte Volker. »Einer in Uerdingen auf dem Markt am Sonntag, einer in Fischeln, auch am Sonntag, einer in Düsseldorf. Und natürlich hat unser Spezi mit Draht nach ganz oben Sabine bei den Außerirdischen gesehen.«
Er zog eine Grimasse und bemerkte Aylas fragenden Blick. »Oh, der werte Zeitgenosse verbringt den Hauptteil seiner Zeit vor den Discountern am Gahlingspfad, oder er leistet der netten Truppe auf dem Theaterplatz Gesellschaft, die eifrig Drogen konsumiert. Einen festen Wohnsitz hat er nicht, braucht er auch nicht, laut seiner Aussage, weil ihn jede Nacht ein Raumschiff abholt und die Aliens sich um ihn kümmern. Er liest tatsächlich immer die Zeitung, weiß der Henker, wo er die herbekommt, und kann zu allem etwas sagen, sei es zur Renovierung des Kaiser-Wilhelm-Museums oder zum neuen Straßenbelag der Blumentalstraße. Angeblich weiß er, wie die Entscheidungen im Rathaus fallen, weil auch dieser Bereich von den Außerirdischen infiltriert ist.«
Ayla lachte. »So einen hatten wir in Köln auch.«
»So einen gibt es in jeder Stadt«, sagte Tom Lähr. »Aber vertut euch nicht, diese abgedrehten Typen bekommen mehr mit, als man glaubt. Sie spüren unterschwellige Dinge – es ist ganz erstaunlich.«
»Das mag alles sein«, sagte Ermter gepresst. »Bringt uns aber im Moment nicht weiter.«
»In den Fleischcontainern, die zur Müllverbrennung gebracht wurden, war keine Leiche.« Claudia, die Durchläuferin, strahlte in die Runde. »Das ist doch gut, oder?«
»Ja.« Ermter nickte. »Das ist gut.«
»Ich habe in der Rechtsmedizin angerufen«, warf Uta ein. »Es gibt noch keine weiteren Ergebnisse für einen DNA -Vergleich. Sie konnten Sabines DNA noch nicht mit der der Brandleiche abgleichen.«
»Das wäre auch sehr früh.«
»Ja, aber natürlich wird der Fall vorrangig behandelt, denn alle machen sich Sorgen um unsere
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