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Seidentanz

Seidentanz

Titel: Seidentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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so zart an. Er rieb sein Gesicht an meinem und lächelte dabei. Ich schmeckte seinen Geruch, seinen Speichel, ich atmete seine Luft ein, pumpte sie in meine Lungen. Unsere Bewegungen waren nur noch ein Schaukeln und Schweben wie im Traum.
    An einem Ende, das so weit vom Anfang entfernt war, daß wir nicht mehr wußten, wann alles begonnen hatte, entfachten wir das Feuer stärker. Seine Arme glitten unter meine Hüften, hoben mich hoch. Man sagt, in der Vereinigung wird die Lust von einer geraden Linie getrennt; jeder ist einsam, so heißt es, taucht mit entmachteter Persönlichkeit in das Unbewußtsein hinab. Doch nein, nicht immer. Gelegentlich macht der Körper eine Verwandlung durch, erlangt ein verdoppeltes Fühlen. Was das Feuer betraf – wir hatten es in der Gewalt, doch nicht bis zum Schluß. Wir empfanden das gleiche Ziehen in den Schenkeln, das gleiche Brennen im Unterleib, bis der Schmerz hoch-schoß, zerriß und sich dann mit langsamem Pulsschlag beruhigte. Danach atmeten wir noch flach; der Körper war erschöpft, ausgeglüht. Kunio lag auf mir, ich sah hinunter auf das wirre schwarze Haar, den schlanken Nacken, den naßgeschwitzten Rücken. Nach einer Weile streckte ich mich unter ihm wie unter einer Decke, streichelte sein Haar, seine Schultern, seine harten, klammen Hüften. Die kleine Papierlampe schimmerte vor meinen verklebten Augen wie ein erleuchtetes Bild an einer Wand. Da bewegte er sich, rollte sich mit einem Seufzer leicht herum, legte seine Stirn auf meinen Arm. Ich wandte das Gesicht zu ihm hin, fuhr mit der Zungenspitze über seinen Mund, leckte sanft seine Lippen. Ich spürte seinen Atem, schloß die Augen und hörte ihn sagen:
    »Ich liebe dein Gesicht, wenn du die Augen schließt.«
    Ich blinzelte.
    »Wie sehe ich denn aus?«
    »Wie ein kleines Mädchen.«
    »Ich schiele.«
    Er nickte ernst.
    »Ja. Als ob du zwei Dinge auf einmal betrachtest.«
    Ich richtete mich auf.
    »Komm, wir baden.«
    Ich ging ins Badezimmer, rollte die Abdeckung zurück und vergewisserte mich, daß das Wasser noch heiß genug war. Ich nahm zwei Handtücher aus dem Schrank.
    »Zuerst du«, rief ich Kunio zu.
    Inzwischen ging ich in die Küche, wusch und zuckerte die Erdbeeren und richtete sie mit Rotwein und Zitronensaft an.
    Nach einer Weile kam Kunio aus dem Badezimmer; er trug eine Yukata von Naomi, die viel zu klein für ihn war. Er stellte sich dicht hinter mich, rieb sein Kinn an meiner Schulter.
    »Erdbeeren mit Wein?«
    »Du wirst sie mögen.«
    »Und was gibt es vorher?« fragte er.
    Ich hielt es für das beste, ihm die Wahrheit zu sagen.
    »Du, ich kann nicht kochen. Ich esse Obst oder hole mir Fer-tiggerichte. Die sind gut hier in Japan.«
    Er prustete vor Lachen.
    »Ich sehe schon, das werde ich übernehmen müssen.«
    Ich bedankte mich zufrieden.
    »Domo arigato!«
    Während er im Eisschrank nachschaute und mit Töpfen hantierte, ging ich ins Bad. Ich seifte mich ein und wusch mich.
    Dann döste ich eine Weile in den Dampfschwaden, wischte mir mit dem kleinen weißen Handtuch den Schweiß von Stirn und Hals. Das heiße Wasser lockerte und entspannte die Muskeln.
    Nach einer Weile stieg ich aus der Wanne; die Hitze auf meinem Körper verdunstete fast augenblicklich, so daß ich mich kaum abzutrocknen brauchte. Ich zog die Yukata an und ging in die Küche, aus der es jetzt verlockend duftete. Keine Viertel-stunde war vergangen, aber der Deckel des elektrischen Reis-kochers war schon feucht, und Kunio hatte Thunfisch, Tomaten und Gurken, japanische Pilze und Wakame – eine Art von Seekraut – in eine Pfanne geschüttet. Die Eßwaren hatte Naomi eingekauft, das Gemüse war nicht mehr ganz so frisch, den Salat hatte Kunio nicht verwerten können. Nun brutzelte das Gericht auf der Gasflamme, und in kleinen, zugedeckten Holz-schalen dampfte Suppenbrühe. Ich sah ihn verblüfft an.
    »In so kurzer Zeit?«
    Er antwortete, während er Rettich schälte und rieb.
    »Als Kind trieb ich mich ständig in der Küche herum und sah zu, wie meine Mutter kochte. Das gefiel ihr nicht. Sie sagte, an dir ist ein Mädchen verlorengegangen, verschwinde, du bist mir bloß im Weg. Aber ich ließ mich nicht davonjagen, und heute ist Kochen mehr oder weniger das einzige, was ich kann.«
    »Jetzt übertreibst du aber.«
    Er warf mir einen verschmitzten Blick zu.
    »Wenn es mir keinen Spaß machte, wäre ich nicht gut.
    Großmutter sagte immer: ›Kunio, aus dir wird mal ein guter Koch!‹ Sie amüsierte sich über Dinge, die

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