Seidig wie der Tod
wenn es bekannt wird, wirst du von allen großen Fernsehanstalten Angebote erhalten!“
Desiree nickte geistesabwesend. „Hallo?“, sagte sie, als sich am anderen Ende der Leitung endlich jemand meldete. „Mein Name ist Desiree Dupree. Ich würde gern Detective O’Malley sprechen. Sagen Sie ihm, der Vergewaltiger hätte Verbindung zu mir aufgenommen.“
Desiree war nicht erstaunt, als O’Malley sich in Rekordzeit meldete und versprach, sofort zu kommen.
Sie saß an ihrem Schreibtisch und starrte die Schachtel mit den Rosen an, als O’Malley kam.
„Sind sie das?“, fragte er.
„Ja“, bestätigte Desiree. „Aber ich fürchte, dass du überall auf der Schachtel meine Fingerabdrücke finden wirst.“
Er zuckte mit den Schultern. „Das macht nichts. Da sie geliefert wurden, bezweifle ich, dass der Täter sie berührt hat.“ Er rieb sich nachdenklich das Kinn. „War eine Karte dabei?“
„Nein. Zuerst dachte ich, sie wären von …“ Desiree brach ab, weil sie Roman nicht erwähnen wollte.
„Von wem?“, hakte O’Malley nach.
„Niemand. Ich bin bekannt in der Stadt. Manchmal schicken mir sogar fremde Männer Blumen.“
„Fremde Männer wie dieser Kerl, der dich letztes Jahr belästigte.“
„Ja.“ Als sie einen bedeutungsschweren Blick wechselten, wusste Desiree, dass sie beide das Gleiche dachten. Sie hatten sich kennengelernt, als Michael im Sender erschienen war, um in ihrer Sache zu ermitteln. Ihm verdankte sie es, dass der Mann, der sie damals belästigt hatte, heute im Gefängnis saß.
„Ich habe den Blumenhändler angerufen“, nahm sie das Thema wieder auf. „Aber er konnte mir auch nichts sagen.“
„Ich fahre später bei ihm vorbei, um zu sehen, ob er mir eine Beschreibung liefern kann. Wo ist der Brief?“
„Dort.“ Sie zeigte darauf, weil sie ihn nicht noch einmal anfassen wollte.
O’Malley las ihn, fluchte und steckte das Blatt dann vorsichtig in eine Plastiktüte. „Komm“, sagte er und hob die Schachtel mit den Rosen auf.
„Wohin?“
„Keine Ahnung. Vielleicht fahren wir einfach ein bisschen herum und reden über diesen Mann.“
„Warum nicht hier?“
„Im Nachrichtenraum eines Fernsehsenders?“ Sein Ton verriet, dass er den Fall eher an einem Karnevalsdienstag auf der Bourbon Street besprochen hätte. „So schwierig es auch sein mag, ich möchte die Sache so lange wie möglich geheim halten.“
„Das sagtest du bereits. Und du weißt, dass ich das nicht richtig finde.“
„Auch das ist nichts Neues. Wir waren uns nie in vielen Dingen einig“, erinnerte er sie. „Lass uns gehen. Wir können an einem ruhigeren Ort weiterreden.“
O’Malley fuhr zum Audubon Park, und während sie in der warmen Sonne saßen und eine Entenfamilie auf dem Teich beobachteten, bemühte Desiree sich, ihre Ungeduld zu zähmen.
„Gestern“, begann O’Malley endlich, „habe ich dir die offizielle Version der Tat gegeben.“
„Das war mir klar. Aber lassen wir das jetzt. Sag mir lieber, warum ich meine Sendung heute Abend nicht mit der Nachricht eröffnen kann, dass der Vergewaltiger sich mit mir in Verbindung gesetzt hat?“
„Weil das zu gefährlich für dich wäre.“
„Ist deine Sorge nicht ein bisschen übertrieben? Trotz der Blumen glaube ich, dass ich den Täter nur als Reporterin interessiere. Als Journalistin, die ihm zu Ruhm verhelfen kann.“
„Das hätte ich auch gedacht – bis ich die Rosen sah“, entgegnete O’Malley düster. „Es ist die gleiche Sorte, die der Kerl seinen Opfern schenkt. Danach.“ Seine Augen verdunkelten sich vor Zorn. „Aber sonst ist er nicht so großzügig. Seine Opfer bekommen nur eine Rose. Eine voll erblühte, blutrote Rose.“
Ein eisiger Schauer lief über ihren Rücken. „Vielleicht dachte er, zwei Dutzend würden mich geneigter stimmen, seine Story zu veröffentlichen“, entgegnete sie ohne Überzeugung.
„Das hätte ich dir vielleicht auch noch abgekauft. Wenn das andere nicht gewesen wäre.“
Fast hatte sie Angst, zu fragen. „Was?“
„Die Tatsache, dass er die Mädchen fesselt.“
„Das kann doch bei Vergewaltigungen nicht so ungewöhnlich sein.“
„Nein. Ungewöhnlich ist nur,
womit
.“
Ein Gefühl nahenden Unheils erfasste Desiree.
O’Malley ergriff ihre Hände. „Er fesselt sie mit Seidenbändern, Desiree. Mit scharlachroten Seidenbändern. Wie an der Schachtel mit den Rosen. Die gleichen …“
„Wie in meiner Geschichte.“
Obwohl hell die Sonne schien, kam es Desiree so vor, als ob
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