Seidig wie der Tod
O’Malley an die Decke gehen lassen würde, sobald er die Sendung sah.
„Wow!“ Karyn lehnte sich an den Tisch und betrachtete Desiree mit einer Mischung aus Bewunderung und Sorge. „Das war imponierend!“
„Danke.“ Körperlich und geistig plötzlich zutiefst erschöpft begann Desiree ihre Notizen einzusammeln. Den Vergewaltiger direkt anzusprechen, war das einzig Richtige, sagte sie sich resigniert. Das Einzige, was sie jetzt noch unternehmen konnte.
Das Erste, was sie sah, als sie in die Auffahrt ihres viktorianischen Hauses einbog, war der schnittige schwarze Porsche, der auf der Straße parkte. Als die Fahrertür sich öffnete, ergriff sie ihr Autotelefon, um 911 zu wählen. Doch dann, als das Licht der Straßenlaterne auf Romans Züge fiel, ließ sie den Hörer sinken und atmete erleichtert auf.
„Was machen Sie hier?“, fragte sie, als sie ausstieg, irritiert, dass der bloße Anblick dieses Mannes sie bereits derartig erfreuen konnte.
Er kam mit seinen lässigen, raubtierhaften Schritten auf sie zu, doch heute Morgen fühlte sie sich nicht bedroht von ihm. „Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht“, erwiderte er schlicht.
„Ich war im Sender.“
Sie sieht erschöpft aus, dachte Roman. Ihr Gesicht war unnatürlich fahl. „Soll ich Sie lieber allein lassen?“, fragte er besorgt.
Desiree zuckte mit den Schultern. „Da Sie schon einmal hier sind, können Sie auch hereinkommen.“
Er hatte schon herzlichere Einladungen erhalten. Doch bereit, sich mit dem zu begnügen, was Desiree bereit war, ihm zu geben, folgte Roman ihr ins Haus.
10. KAPITEL
„S o“, sagte Roman, als sie in Desirees sehr feminin eingerichtetem Wohnzimmer standen, „was war also wichtig genug, um Sie mitten in der Nacht hinauszurufen?“
Ein Schatten fiel über ihre Augen. „Es handelte sich um den Vergewaltiger.“
Roman versteifte sich. Um etwas zu tun – irgendetwas – streckte er die Hand aus und rückte ein Bild zurecht. Die gerahmte Fotografie zeigte ein junges Mädchen mit langem, flammend rotem Haar in einem T-Shirt und bis zum Knie aufgerollten Jeans, das eine Angelrute in der Hand trug.
„Er hat also wieder zugeschlagen?“ Roman war erstaunt, dass seine Stimme so beherrscht klang.
„Ja. Sie haben das Mädchen im Whooping Crane Pond gefunden.“
Ein Bild erstand vor seinen Augen, die Vision, die er beim Essen gehabt hatte – Desiree in einem durchsichtigen weißen Nachthemd neben einem Teich, einen Strauß blutrote Rosen an die Brust gedrückt.
„Diesmal hat er sein Opfer ermordet“, sagte Desiree tonlos.
So grauenhaft es war, Roman wusste es bereits und schaute ganz unbewusst auf seine Hände, fast so, als erwarte er, sie mit dem Blut des Mädchens befleckt zu sehen.
Er hätte Desiree jetzt gern noch weitere Fragen gestellt, doch angesichts ihrer Erschöpfung beschloss er, dass sie warten konnten. „Ich halte Sie nur auf“, sagte er. „Vielleicht wäre es besser, wenn ich wieder ginge.“
„Nein“, widersprach sie rasch, weil sie nach den schrecklichen Geschehnissen nicht allein sein wollte. „Ich … ich würde mich freuen, wenn Sie blieben.“
Ihr Tonfall und die Verlegenheit in ihrem Blick verrieten, dass sie es nicht gewöhnt war, um etwas zu bitten. Was es ihm erschwerte, ihr die Bitte abzuschlagen. „Soll ich Ihnen eine Tasse Tee aufbrühen?“, schlug er vor.
Sie lächelte müde. „Gern. Die Küche ist dort drüben.“ Müder plötzlich als je zuvor in ihrem Leben, ließ sie sich auf das Sofa sinken und streifte die italienischen Pumps ab, die sie seit fast vierundzwanzig Stunden an den Füßen trug.
Nicht zum ersten Mal fiel Roman auf, wie zart sie war. Aber ihre Mutter war ja schließlich auch eine Porter gewesen – ihr Vater hingegen ein Sumpflandbewohner aus Louisiana, der es verstanden hatte, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Die Tatsache, dass Katherine es gewagt hatte, den Zorn der eigenen Mutter herauszufordern und mit Lucky Dupree durchzubrennen, um der Liebe willen auf Reichtum und Privilegien zu verzichten, bewies, dass auch sie eine leidenschaftliche Natur besessen hatte. Und beider Menschen Blut floss in Desirees Adern.
Der Gedanke an all diese Leidenschaft, die in ihr schlummerte, weckte den Wunsch in Roman, Desiree auf die Arme zu nehmen und sie ins Schlafzimmer zu tragen. Sie in Besitz zu nehmen, wie er es sich schon seit geraumer Zeit erträumte …
Da er jedoch nichts gegen ihren Willen unternehmen wollte, unterdrückte er den Impuls und ging in die
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