Seidig wie der Tod
töten. Die Tatsache, dass den Sklavinnen, die angeblich in Romans Haus ermordet worden waren, ebenfalls die Kehle durchgeschnitten worden war, war nichts als Zufall.
Ein weiterer Zufall in einer langen Reihe von Zufällen … Angefangen mit Roman, der zufällig in derselben Nacht auf dem Friedhof gewesen war, wo das Mädchen vergewaltigt worden war. Ihre Bücher, die sie in seiner Bibliothek gefunden hatte …
All das hat nichts zu bedeuten, ermahnte sie sich. Tausende von Menschen besaßen Ausgaben ihrer Romane. Allein in New Orleans musste es Hunderte ihrer Bücher geben.
Als ihr bewusst wurde, dass Sugar und O’Malley sie neugierig betrachteten, nahm sie sich zusammen. „Ich schätze, einen Namen habt ihr bisher noch nicht.“ Diesmal klang ihre Stimme nüchtern und geschäftsmäßig.
„Noch nicht.“
„Aber sie war eine Prostituierte?“
„Entweder das, oder Santa Claus vermisst eine Elfe“, knurrte er. „Sie trug eins von diesen roten Kostümen.“
„Sie könnte auch aus einem der großen Kaufhäuser sein.“ Erst gestern hatte Desiree ein ähnlich gekleidetes junges Mädchen gesehen, das Bonbons vor Jackson’s Brauerei verteilte.
„Das wäre möglich“, erwiderte er. „Aber wie viele dieser Mädchen tragen einen roten, mit künstlichem Pelz besetzten Strumpfgürtel?“
„Das ist eine Überlegung wert.“ Sie stellte sich vor, wie das Mädchen ausgesehen haben musste, als es den Fehler beging, zum falschen Mann in den Wagen einzusteigen. „Weißt du“, sagte sie nachdenklich, „ein solches Kostüm müsste Aufmerksamkeit erregt haben. Sogar in diesem Viertel.“
„Die falsche Art von Aufmerksamkeit, wie sich herausgestellt hat.“
„Richtig. Aber jemand könnte beobachtet haben, bei wem sie eingestiegen ist.“
Obwohl die Straßendirnen für ihre farbenfrohe und gewagte Kleidung bekannt waren, schätzte Desiree, dass jemand, der ein Elfenkostüm anzog, noch sehr jung sein musste.
„Wir fragen bereits in der Nachbarschaft herum“, sagte O’Malley. „Du kannst hier nichts tun, Desiree. Warum fährst du nicht nach Hause? Ich werde um neun im Polizeipräsidium eine Pressekonferenz abhalten. Dort wirst du mehr erfahren.“
„Und alle anderen auch.“ Sie runzelte die Stirn. „Du hattest mir einen Exklusivbericht versprochen.“
„Den bekommst du auch. Falls und sobald dieser Schuft dich anruft.“
„Und wenn er es nicht tut? Wenn er bereits aufgegeben hat? Dann habe ich doch wohl eine Belohnung dafür verdient, Stillschweigen bewahrt zu haben!“
„Du wirst die Erste sein, die ich anrufe, wenn wir den Kerl verhaften.“
„Danke.“ Sie nickte. Für den Moment war nicht mehr herauszuholen.
„Aber jetzt ist es offensichtlich, dass ich die Geschichte nicht mehr verschweigen kann“, fuhr O’Malley fort. „Und das bedeutet eine Pressekonferenz.“
Es war genau das, wofür sie von Anfang an eingetreten war. Dennoch konnte sie nicht umhin, sich zu fragen, wie der Bürgermeister darauf reagieren würde. „Es wird dich nicht sehr beliebt machen in der Stadtverwaltung“, sagte sie, als ob O’Malley das nicht wüsste.
„Und wenn schon.“ Sein Gesichtsausdruck verriet grimmige Entschlossenheit. „Ich habe breite Schultern.“
Ohne Sugars noch immer laufende Videokamera zu beachten, legte Desiree ihre Hände auf diese breiten Schultern und küsste O’Malley. „In Momenten wie diesem erinnere ich mich wieder, warum ich mich in dich verliebt hatte!“
Seine großen Hände schlossen sich ganz instinktiv um ihre Taille, während beide einen Blick voller Erinnerungen und Bedauern austauschten.
„Du hast recht“, sagte sie. „Ich gehe jetzt, damit du dich wieder an die Arbeit machen kannst.“
Er maß sie mit einem besorgten Blick. „Sei vorsichtig! Ich möchte dich nicht aus irgendeinem verdammten Ententeich fischen müssen.“
„Keine Angst, das wird nicht nötig sein.“
„Du bist nicht Superwoman“, erinnerte er sie.
„Glaub mir, O’Malley, das habe ich selbst schon gemerkt.“
Nach einem Anruf bei Karyn machte Desiree sich auf den Weg zum Sender. Der Rest des Nachrichtenteams traf innerhalb einer knappen Viertelstunde ein, und nach einigen hektischen Stunden, in denen Desiree ihren Bericht verfasste und Sugars Video schnitt, erneuerte sie ihr Make-up, bürstete ihr Haar und nahm ihre Sendung auf.
Der erste Teil ihres Berichts war professionell und sachlich; der zweite bestand in einer persönlichen Bitte an den Vergewaltiger, die Detective Michael
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