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Seifenblasen kuesst man nicht

Seifenblasen kuesst man nicht

Titel: Seifenblasen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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vorm Spiegel, schminkst dein Lächeln ab
    Ziehst es aus so wie ein Kleid
    Lässt die Luft raus, wirfst die Maske weg
    Und kriegst Angst vor dem, was bleibt.«
    Er wiederholte die Melodie, leise, und Coralie hielt den Atem an, weil sie auf einmal Gänsehaut hatte. Sie spürte, wie hinter ihr jemand stehen blieb. Dann noch einer und noch einer.
    Â»Seifenblasen küsst man nicht
    Ham sie dir als Kind gesagt
    Wunder sind die Tricks der Taugenichts
    Und Träume nur Ersatz für den,
    Der nichts im Leben wagt.«
    Seine Finger spielten sanft über die Saiten. Noch mehr Leute blieben stehen. Sie setzte sich mit überkreuzten Beinen auf den Boden. Das Lied war gut. Richtig gut. Schon beim zweiten Seifenblasen-Refrain blieb es im Kopf. Nicht als lästiger Ohrwurm, sondern als Erinnerung daran, dass auch an stressigen Tagen das Träumen nicht verboten sein sollte.
    Als er fertig war und das Instrument sinken ließ, blieb es still. Verwundert sah er hoch. Coralie drehte sich um. Fast zwanzig Leute standen da und fingen langsam, einer nach dem anderen, zu klatschen an.
    Â»Da siehst du. Von wegen.« Sie grinste ihn an. Geldstücke regneten auf die Decke. »Wollen die Leute doch.«
    Sie stand auf und suchte nach einem Euro. Die Zuschauer zerstreuten sich, liefen entweder in Eile zum Bahnsteig oder hinaus auf den Vorplatz.
    Â»Nee, lass mal«, sagte er. »Vielleicht lag es daran, dass du da warst.«
    Â»Für wen ist es?«
    Â»Was?«, fragte er und begann, das Geld einzusammeln.
    Â»Das Lied. Für wen hast du es geschrieben?«
    Â»Unwichtig.«
    Â»War sie mal wieder da?«
    Er ließ die Münzen in einen leeren Coffee-to-go-Becher fallen. »Nein.«
    Â»Schade. Ich muss. Noch eine Bahn darf ich nicht verpassen.«
    Â»Ãœbrigens – Bob Dylan lebt!«, rief er ihr hinterher.
    Â»Elvis auch!«, gab sie mit einem breiten Grinsen zurück.
    Sie eilte durch die Unterführung auf die andere Seite, und noch bevor die Bahn eingefahren war, wusste sie, dass etwas Magisches passiert war. Sie hatte Bilder gesehen. Sein Text war die Vorlage zu einem Tanz. Sein Lied die Melodie der Taugenichtse, der Leute, die sich an Seifenblasen freuten, auch wenn sie im nächsten Moment platzten. Es war das Lied all jener, die das Träumen noch wagten. Es war ihr Lied.
    Als sie das begriff, war sie schon längst im Wagen, und die Türen schlossen sich. Die S-Bahn fuhr an. Sie ging auf die andere Seite des Waggons und versuchte, noch einen Blick auf den Vorplatz zu werfen – zu spät.

18.
    Laura kam zur zweiten Stunde und wachte erst kurz vor der großen Pause auf. Aber an regulären Unterricht war an diesem Tag sowieso nicht mehr zu denken. Sie hatten einen Film über Urwaldschweine angesehen – warum ausgerechnet darüber, erschloss sich niemandem so recht. Und so hatte Laura fast unbemerkt hineinschlüpfen und weiterschlafen können.
    Zeitgleich mit dem Klingeln sprangen sie auf und rannten in die Mädchentoilette. Dort schlossen sie sich in einer Kabine ein, nicht ohne sich vorher zu überzeugen, dass von Jimis kleiner Schwester weit und breit nichts zu sehen war.
    Â»Zeig schon!«
    Laura kramte in ihrer Tasche und zog die Karte hervor. Sie hatte sie in ihren Deutschordner gelegt, weshalb sie den Transport zwischen Krümeln und angebissenen Äpfel n einigermaßen heil überstanden hatte.
    Â»Ich hab noch geübt, während du mit deinem Dad gesprochen hast. Was kam da eigentlich bei raus?«
    Â»Nichts«, sagte Coralie und griff nach der Karte. »Wow! Saubere Arbeit. Du solltest dir überlegen, ob du nicht ins kriminelle Fach wechseln willst.«
    Ãœber Casper Kendalls strahlendes Gesicht waren mit Schwung zwei Zeilen geworfen: Kiss you all over und We will see again .
    Coralie runzelte die Stirn. »Fehlt da nicht ein Wort?«
    Â»Wo?«
    Â»Na hier. ›We will see again‹. Wir werden noch mal sehen?«
    Â»Ist doch egal. Das klingt sogar echter. So nach: Lass uns lieber noch mal drüber schlafen, und zwar am besten getrennt. Wer glaubt denn im Ernst, Casper würde sich mit so einer hässlichen Zahnspange verabreden?«
    Â»Meint ihr mich?«
    Laura schlug die Hand vor den Mund. Coralie hielt den Atem an. Nach einem Moment der Stille, die nur von der Klospülung nebenan unterbrochen wurde, wurde ungeduldig an ihre Tür geklopft.
    Â»Seid ihr da drin? Ich hab euch gehört. Gerade heute

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