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Sein anderes Gesicht

Sein anderes Gesicht

Titel: Sein anderes Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Stephanie am Arm eines Buchhalters, dem sie drei Monate lang vormachte, sie sei Jungfrau.
    Zeitungsausschnitte über Polizeieinsätze. Die kleinen Dramen des Straßenstrichs. »Schießerei auf der Promenade. Zwei Tote.«, »Abgeblitzter Verehrer rächt sich mit Luftgewehr.«, »Paillon: Streit zwischen zwei Zuhältern endet mit Messerstecherei!« Von Zeit zu Zeit Namen, die ich kenne: »Raymond Makatea, genannt Maeva, ohne Beruf«, »Kommissar Mossa vom Sittendezernat . «, »Kommissar Paul Luther zum  Hauptkommissar befördert . «, »Heute beginnt unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess gegen Ancelin vor dem Schwurgericht in Nizza«.
    Meine Hände zittern. Eine Zeichnung bebildert den Bericht des Gerichtsreporters: Ich wie ein zerzaustes Mogli und der liebe Vater mit schlaffen Gesichtszügen und Schmollmund. Maeva hat mir nie gesagt, dass sie diesen Artikel aufbewahrt hat. Ich will ihn nicht lesen. Schnell drehe ich die Ausschnitte um. »Polizist von einem Transvestiten gerettet!«
    Reise in die Vergangenheit. »Der bei einer Abrechnung unter Dealern schwer verletzte Kommissar Derek Prysuski vom Sittendezernat verdankt sein Leben der Geistesgegenwart von Jesus O. genannt Marlene …« usw. Das war also kein Märchen. Ich denke an Marlene, die ich neulich aus Dereks Büro habe kommen sehen . Aber diese kleine Geschichte zwischen Derek und JesusMarlene hat ohnehin nichts mit dem Rest zu tun.
    Mensch, Bo! Und wenn es nun Derek war, den Maeva mit Marlene gesehen hat?! Und wenn er der Frauenmörder wäre?
    Bescheuert! Er wusste, dass Marlene ein Mann war, warum hätte er sie töten sollen?
    Sicher, aber wenn es nun - wie Mossa mutmaßt - zwei Mörder gäbe? Derek könnte Marlene aus persönlichen Gründen getötet haben, und dann Maeva, weil er fürchtete, sie hätte ihn erkannt.
    Und von Gewissensbissen geplagt, bringt er sich um!
    Das einzige Problem dabei ist, dass Derek seinen Selbstmordversuch vor den Morden unternahm. Um Marlene anzugreifen und Maeva zu töten, hätte er aus dem Koma aufwachen müssen!
    Übellaunig erhebe ich mich. Ich drehe mich im Kreis,  ich muss mich beruhigen. Kino. Genau, ich gehe ins Kino.
    Nach dem Zufallsprinzip wähle ich einen Film aus; auf dem Plakat ist ein schöner Typ abgebildet. Es ist die Geschichte einer Gruppe von Freunden, die einen Haufen existenzieller Probleme haben: Liebe, was ist das? Frauen, wer versteht sie? Sex, was ist das? Und der schöne Typ spielt miserabel. Ich höre nicht mehr zu. Existenzielle Probleme, das ist nicht mein Ding, wenn man bedenkt, dass mein ganzes Leben ein einziges Problem ist. Nach zwei Stunden eines Dialogs, der ebenso brillant ist wie angelaufenes Silber, stehe ich wieder vor dem Kino.
    Gemächlich gehe ich die Straße hinab bis zum Park Albert I. Um mich abzulenken, tue ich so, als würde ich mir die Schaufenster ansehen, doch es gelingt mir nicht, an etwas anderes als an die Ereignisse des Tages zu denken. Und wie ein braver Ackergaul stehe ich automatisch wieder vor der Kneipe.
    Bei Linda herrscht spätnachmittäglicher Hochbetrieb. In der verrauchten Gaststube trinken die Männer vor dem Nachhausegehen schnell noch ein Gläschen. Vor dem Zigaretten- und Lotterieverkauf hat sich eine Schlange gebildet. Serviert Johnny jetzt ehrerbietig alten Mütterchen mit dauergewelltem Haar den Tee? Es gefällt mir nicht, dass er diese Arbeit macht. Es gefällt mir nicht, dass er Befehle ausführen muss. Befehle sind etwas für Leute wie mich, für Leute, die gerne katzbuckeln.
    Gerade als ich in meine Mansarde gehen will, klopft mir jemand auf die Schulter. Mossa.
    »Ich habe Neuigkeiten für dich, Bo«, sagt er. »Maeva hat um halb elf Uhr einen Anruf bekommen. Einen Anruf aus einer Telefonzelle an der Place Sainte-Reparate. Zwei Schritte von hier entfernt.«
    »Ich war hier. Fragen Sie doch Linda.« »Linda würde dich immer decken, selbst wenn du ihre eigene Mutter umgebracht hättest .«
    Ich gehe nicht darauf ein, sondern frage:
    »Hat der Anruf lange gedauert?«
    »Etwas mehr als drei Minuten.«
    »Und Sie glauben, er steht im Zusammenhang mit dem, was dann passiert ist?«
    »Wir glauben, der Mörder, wer auch immer es sein mag, hat sie angerufen und gefragt, ob er vorbeikommen kann. Wir glauben, es war jemand, den das Opfer gut kannte, jemand, den sie ohne zu zögern spät nachts reingelassen hat.«
    »Sie wissen ja, dass wir eher Nachtmenschen sind. Mitternacht, das ist, als würden andere von der Stunde des Aperitif sprechen.«
    »An

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