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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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von Queens. Sie blieben dicht am East River, als ob der Fahrer Angst hätte, die Skyline von Manhattan aus den Augen zu verlieren. Wenn sie vor einer roten Ampel halten mussten, waren meist prompt ein paar Männer zur Stelle und starrten in den Fond, als stünden sie vor einem Aquarium. Oder vor dem Schaufenster eines Fleischerladens, dachte Reeve. Das mit dem Aquarium war ihm dann doch lieber.
    »Das ist die Straße«, sagte Reeve. Der Fahrer fuhr augenblicklich an den Straßenrand. Er hatte sichtlich nicht vor, im Schritttempo nach dem Laden zu suchen, er wollte nur Reeve loswerden und schleunigst da wegkommen.
    »Können Sie auf mich warten?«, fragte Reeve.
    »Wenn ich länger als eine Rotphase hier rumstehe, sind meine Reifen weg. Scheiße, dann bin ich weg.«
    Reeve schaute sich um. Die Straße war zwar heruntergekommen, besonders gefährlich sah sie aber nicht aus. Das war keine Mordmeile . »Wie wäre es, wenn Sie mir Ihre Visitenkarte geben«, sagte er, »damit ich ein anderes Taxi rufen kann?«
    Der Mann sah ihm ins Gesicht. Reeve hatte ihn schon bezahlt und ihm Trinkgeld gegeben. Ein anständiges Trinkgeld. Er seufzte. »Hören Sie, ich fahre ein bisschen rum. Ich verspreche Ihnen nichts, aber wenn Sie in zwanzig Minuten genau hier stehen, bin ich vielleicht wieder da und sammele Sie auf. Aber ich verspreche nichts, klar? Wenn ich eine andere Fuhre kriege, war’s das.«
    »Abgemacht«, sagte Reeve.
    Mit zwanzig Minuten konnte er auskommen.
    Das Geschäft lag auf der anderen Straßenseite. Dem Schaufenster nach zu urteilen hätte es ein Trödelladen sein können – was es in gewisser Weise auch war, allerdings mit Schwerpunkt auf Militaria und Spezialitäten für Survival-Freaks. Der Muskelberg hinter dem verrammelten Ladentisch sah nicht so aus, als würde er sich so leicht ausrauben lassen. Braune knorrige Schultern quollen aus einem eng anliegenden schwarzen T-Shirt, auf dessen Vorderseite ein paar Nazi-Embleme und -Sprüche prangten. Seine Arme waren mit bunten Tätowierungen bedeckt. Die dicken Adern durchquerten sie wie Straßen eine Landkarte. Der Mann hatte einen knolligen, kahlrasierten Schädel, dazu einen dichten schwarzen Vollbart und als Krönung einen großen Ohrring. Reeve konnte ihn sich sofort als Piraten vorstellen, mit einem Entermesser zwischen den Zähnen, wie in einem alten Schwarz-Weiß-Film. Er grüßte mit einem Nicken und sah sich im Laden um. Die Ware war größtenteils eingepackt, aber der verglaste Ladentisch, hinter dem der Besitzer saß – Reeve nahm jedenfalls an, dass es der Besitzer war -, war voll von dem, was er suchte: Messer.
    »Sie sind der, der angerufen hat?«
    Reeve erkannte die Stimme des Mannes wieder und nickte. Er beugte sich über den Schaukasten. Die Messer waren hochglanzpolierte Kampfwaffen, darunter einige mit äußerst gemeingefährlich aussehender, gesägter Schneide. Er sah da außerdem Macheten und Butterfly-Messer – und sogar ein kurzes Samuraischwert. Zwischen dem funkelnden Stahl lagen auch einige ältere Messer; Kriegsandenken, Sammelstücke mit zweifelhafter Vergangenheit.
    Die Stimme des Mannes war nicht so tief, wie man bei dem Brustkasten hätte erwarten können. »Hab ich mir schon gedacht; unter der Woche haben wir nicht viel Kundschaft. Viel erledigen wir auch über Postversand. Soll ich Sie in den Computer aufnehmen?«
    »Was für einen Computer?«
    »In die Adressenliste.«
    »Ich glaube nicht.«
    »Sehen Sie etwas, das Ihnen gefällt?«
    Reeve sah eine ganze Menge. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, sich eine Schusswaffe zu kaufen, aber er hätte nicht gewusst, wie er das anfangen sollte. Außerdem war ein Messer praktisch genauso gut, wenn man nur nah genug rankam. Und er hoffte, sehr nah ranzukommen …
    »Aber es ist nicht genau das, was ich suche.«
    »Na ja, das hier ist nur eine Auswahl.« Der Mann kam hinter dem Tresen hervor. Er trug eine von oben bis unten ausgeleierte graue Trainingshose und Sandalen, aus denen lediglich neun Zehen herausschauten. Er ging zur Tür, schloss ab und drehte das »Offen«-Schild herum.
    »Kugel oder Granatsplitter?«, fragte Reeve.
    Der Mann verstand sofort, was er meinte. »Kugel. Ich hab mich gerade abgerollt, versucht, in Deckung zu kommen, die Kugel hat die verdammte Stiefelspitze durchschlagen.«
    »Durch die Stahlkappe durch?«
    »Ich hatte keine Stahlkappenstiefel an«, sagte der Mann lächelnd. »Das ist mir nicht bei der Army passiert.« Er führte Reeve nach hinten. Der Laden war

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