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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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das Hotel und bis hinauf zum Times Square. Nachts fühlte sich die Stadt gefährlicher an, aber immer noch nicht sehr gefährlich. Reeve gefiel, was er sah. Es gefiel ihm, wie die Notwendigkeit einen Teil der Menschen zu etwas Schrofferem, Archaischerem zurückgestutzt hatte, als man in den meisten britischen Städten fand. Sie sahen alle so aus, als hätten sie in den Abgrund geblickt. Mehr noch, sie sahen so aus, als hätten Sie dem Abgrund ins Gesicht gespuckt. Reeve bekam keine Drogen angeboten – er sah nicht wie der Typ dafür aus -, wohl aber Sex und andere Vergnügungen. Er schaute aus einigem Abstand zu, wie ein Mann den Drei-Karten-Trick spielte. Er konnte es nicht glauben, dass Leute tatsächlich Einsätze machten, aber so war es. Entweder sie hatten zu viel Geld, oder sie hatten bitter welches nötig. Womit so ziemlich das ganze Publikum abgedeckt war, das er sah.
    Es waren Touristen unterwegs, die wie Touristen aussahen. Ihnen wurde viel Aufmerksamkeit zuteil. Reeve schmeichelte sich mit dem Gedanken, dass er nach einem Tag in der Stadt kaum noch auffiel, weniger beachtet, weniger angestarrt wurde. Da war er also, hinter den feindlichen Linien. Er fragte sich, ob der Feind das schon mitbekommen hatte …
     
    Am nächsten Morgen fuhr er mit dem Bus die 380 Kilometer runter nach Washington. Dort befand sich laut Igelkopf das Hauptquartier von Alliance Investigative. Der Privatschnüffler konnte natürlich gelogen haben, aber Reeve glaubte das nicht.
    Reeves New Yorker Hotel hatte ein Schwesterhotel in Washington, aber da wäre er zu leicht aufzuspüren gewesen. Also rief er stattdessen ein paar andere Hotelketten an und fand schließlich eine, die ihm in Washington ein freies Zimmer anbieten konnte.
    Vom Busbahnhof fuhr er mit dem Taxi zum Hotel und ließ sich an der Rezeption einen Stadtplan geben. In seinem Zimmer nahm er sich das Telefonbuch vor, schlug Alliance Investigative nach und notierte sich Adresse und Telefonnummer. Igelkopf hatte nicht gelogen. Er fand auf seinem Stadtplan die Straße, markierte sie aber nicht, sondern prägte sie sich nur ein. Als Nächstes suchte er nach Dulwater, fand aber keinen Eintrag. Igelkopfs Kontaktmann bei Alliance stand nicht im Telefonbuch. Also wuchtete Reeve die Gelben Seiten auf das Bett und schlug die Liste der Detekteien auf. Es gab eine reiche Auswahl. Alliance hatte einen kleinen, dezenten Eintrag, dem lediglich zu entnehmen war, dass die Firma auf »Wirtschaftsermittlungen« spezialisiert war. Er sah nur die kleinen Einträge durch und machte einen Bogen um alles, was sich als »alteingesessen« präsentierte. Nach seinen Erfahrungen gluckten Privatdetektive ebenso sehr zusammen wie Anwälte oder Steuerberater. Er hatte keine Lust, einen Privatschnüffler anzurufen, nur damit er Alliance die Neuigkeit brühwarm weitererzählte.
    Wie sich herausstellte, traf er eine ausgezeichnete Wahl.
     
    »Sie haben sich den richtigen Mann ausgesucht, Mr. Wagner.«
    Reeve hatte sich als Richard Wagner vorgestellt. Er saß im gemieteten Büro eines Mr. Eddie (»bitte, nennen Sie mich Eddie«) Duhart. Duhart war froh, sich mit einem Europäer zu unterhalten. Er sagte, er habe seinen Namen recherchiert und sei sicher, dass er ursprünglich DuHart gelautet habe und er selbst somit in irgendeiner verwandtschaftlichen Beziehung zu einer bedeutenden Bordeaux-Brennerei stehe.
    »Ich glaube, Sie meinen Weingut«, hatte Reeve gesagt.
    Eddie Duhart war Ende der Zwanzig, durchaus elegant gekleidet, aber so, als ob er sich in seinen Sachen nicht recht wohl fühlte. Er setzte sich auf seinem Stuhl ständig um, als fände er einfach keine bequeme Position. Reeve fragte sich, ob der Typ kokste. Duhart hatte kurzgeschorenes blondes Haar, blitzblanke weiße Zähne und babyblaue Augen. Man sah förmlich das Kind in ihm, das aus dem Körper eines College-Fußballers hervorguckte. »Ja, klar, Weingut. Natürlich meine ich Weingut. Wie es aussieht, sind diese DuHarts hier rübergekommen, um ihr, Sie wissen schon, ihr Geschäft auszuweiten. Ich glaube, sie haben sich hier angesiedelt, und« – er breitete die Arme aus – »ich bin das Ergebnis.«
    »Meinen Glückwunsch«, sagte Reeve. Das Büro war klein und sah provisorisch aus. Eingerichtet war es mit einem Schreibtisch und einem Aktenschrank, einem Faxgerät und einem Kleiderständer, an dem etwas hing, das verdächtig nach einem Fedora aussah. Eine Sekretärin war nicht zu sehen und wahrscheinlich auch nicht nötig. Duhart hatte ihm

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