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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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für den Weg zur Bushaltestelle. Der Verkehr donnerte vorbei, und die Klimaanlage klapperte wie Zähne in einer Tasse. Es bestand keine Gefahr, dass jemand Reeve belauschte. »Ich möchte nur, dass Sie eine Zeitlang in einem Coffeeshop sitzen. Ich möchte, dass Sie die Augen offenhalten. Wenn Sie einen Mann sehen, der der Beschreibung entspricht, die ich Ihnen gleich geben werde, rufen Sie mich an. Das ist alles.«
    »Soll ich ihm folgen?«
    »Nein.«
    »Sie wollen nur wissen, wann er dieses Gebäude verlässt?« Cantona klang alles andere als überzeugt.
    »Na ja, lieber würde ich wissen, wann er es betritt . Kommen Sie schon, wem kann ich denn sonst in dieser Stadt trauen? Das Einzige, was Sie dabei riskieren, ist eine Koffeinvergiftung, und die servieren hier einen prima Koffeinfreien.«
    »Keine Schankerlaubnis?«
    »Keine Schankerlaubnis. Hey, ich hätte Sie gern nüchtern.«
    »Ich arbeite nie betrunken!«
    »Okay, okay. Also, was sagen Sie dazu?«
    »Könnten wir uns nicht treffen? Die Sache vielleicht bei einem Bier bereden?«
    »Sie wissen, dass das keine gute Idee wäre.«
    »Weil die mich observieren könnten, ja?«
    »Entweder Sie oder mich. Ist sicherer, wenn wir uns nicht treffen.«
    »Sie haben Recht. Okay, dann ist es von mir aus geritzt.«
    Eine Redensart, die bei Reeve allerdings eher unangenehme Assoziationen auslöste …
     
    Er gab Cantona die Details durch – sobald dieser ein Stück Papier und einen funktionierenden Stift aufgetrieben hatte. Er sagte Cantona die Adresse des Coffeeshops, nannte ihm die Öffnungszeiten und beschrieb ihm dann, mit geschlossenen Augen, Kosigin nach den Fotos, die er in Allerdyce’ Akte gesehen hatte. Für alle Fälle gab er ihm auch Jays Beschreibung. Schließlich diktierte er Cantona seine Handynummer und überprüfte auf seine Frage hin – der Mann wurde zunehmend nüchtern -, ob es im Coffeeshop ein Münztelefon gab und ob es auch funktionierte.
    »Montag früh halb acht«, sagte Cantona. »Dann bin ich in Position. Jetzt sollte ich wohl besser nach Haus und eine Runde pennen.«
    »Danke.«
    »Hey, Sie würden doch das Gleiche für mich tun, oder?«
    Da war sich Reeve keineswegs so sicher. Als Nächstes rief er das San Diego Police Department an. McCluskey war nicht im Büro, und man könne auch, wie es hieß, keine Gespräche an ihn weiterleiten.
    »Schön, könnten Sie ihm dann etwas ausrichten? Es wird ihn brennend interessieren, glauben Sie mir.«
    »Dann schießen Sie los, ich werde sehen, was ich tun kann.« Die Frau hatte eine hohe, winselnde Stimme, ohne jede Persönlichkeit.
    »Sagen Sie ihm, Gordon Reeve möchte ihn sprechen.« Er buchstabierte ihr seinen Nachnamen vor. Sie brauchte nur drei Versuche. »Ich melde mich dann in Abständen wieder.«
    »Klar.«
    »Herzlichen Dank.«
    Die junge weibliche Bedienung des Coffeeshops wurde von der nächsten Schicht abgelöst. Sie schien stinksauer zu sein, vielleicht wegen der Tatsache, dass sie die ganze Zeit allein hatte arbeiten müssen und im Lokal wirklich viel los gewesen war. Zwei Leute ihres Alters – ein Mann und eine Frau – nahmen ihre Stelle ein und hatten bald ihren Rhythmus gefunden. Die eine nahm die Bestellungen und das Geld entgegen, der andere bediente die Maschine. Als die Schlange abgearbeitet war, kam die Frau mit einer Kanne Kaffee an Reeves Tisch und fragte, ob sie ihm nachschenken dürfe. Reeve lächelte sie an und schüttelte den Kopf, dann sah er ihr nach, wie sie zurückging und auf dem Weg ein paar der kleinen Tischchen abräumte. Ihr Angebot berührte ihn. Er wusste, dass es in vielen Lokalen in den USA üblich war, Kaffee umsonst nachzuschenken, aber trotzdem wirkte es wie eine freundliche Geste, und in letzter Zeit hatte er nicht viel Freundlichkeit erlebt. Er spürte Schutzmechanismen in sich, Barrikaden, die er hastig aufgerichtet hatte. Sie wankten vorübergehend, hielten aber stand. Er dachte wieder an Bakunin und Wagner, Seite an Seite auf den Barrikaden von Dresden. Der Anarchist Bakunin und Wagner – der Freund Nietzsches. Nietzsche: der selbsterklärte »erste Immoralist«. Wenn notwendig, wenn die Umstände es erforderten, hatten sie Schulter an Schulter gekämpft. Die Anarchisten hätten dies als Bestätigung der Theorie der »gegenseitigen Hilfe« angesehen. Sie hätten gesagt, dass dies Nietzsches Theorie, der Wille zur Macht sei alles, widerlegte. Eine Aussöhnung der Gegensätze, ja, aber nur eine momentane. Man sehe sich die Rolle der Sowjetunion im Zweiten

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