Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)
Zwei-Mann-Patrouille in jede Richtung, aber er hatte nur noch zwei Männer übrig. Er bedauerte nicht, den Chicano getötet zu haben, keine Spur, aber ein zusätzlicher Mann wäre jetzt schon nützlich gewesen. Nach dem, was ihm Benny und Carl berichtet hatten, lag ihr Bruder Hector, nebst Watts und Schlecht, tot neben dem Explosionskrater. Jay hatte versprochen, später zurückzukommen und die zwei Verletzten einzusammeln. Er hätte nicht beschwören können, dass er dieses Versprechen einlösen würde …
In einem Punkt hatte er Recht gehabt: Die Warnschilder waren wirklich Blödsinn gewesen. Der Philosoph hatte gewusst, was er tat. Es war Teil seines Plans gewesen, dass Creech von den Schildern wusste und, von Jay in die Mangel genommen, alles ausplaudern würde... wodurch Jay glauben würde, etwas Wichtiges erfahren zu haben. Das war lediglich ein Täuschungsmanöver gewesen – die eigentliche List waren die Stolperdrähte gewesen. Er vermutete jetzt, dass sein eigener Trupp nur um ein Haar einer solchen Sprengfalle entgangen war.
Netter Einfall, Gordon – sehr nett.
Jay und seine Männer erreichten eine Anhöhe und schauten hinunter ins Tal. Von Reeve war nichts zu sehen, ebenso wenig sah man irgendwelche Versteckmöglichkeiten. Choa aber machte mit seinen Jägeraugen etwas aus, eine dunkle Form am Hang. Sie näherten sich vorsichtig, aber es war nur eine flache Grube, vielleicht dreißig Zentimeter tief, eins achtzig lang und einen halben Meter breit.
»Das ist eine Scharrkuhle«, sagte Jay.
»Eine was?«, fragte Hestler.
»Ein Versteck. Man scharrt die Erde weg und legt sich dann in die Kuhle. Ein Tarnnetz darüber, und man ist aus einer gewissen Entfernung nicht zu sehen.« Jay schaute sich um und begriff. »Er benutzt dieses Gebiet für seine Outdoor-Kurse. Offenbar gehört dazu auch eine Verfolgungsjagd. Es könnte hier in den Hügeln Dutzende von solchen Kuhlen geben.«
»Er könnte also hier irgendwo versteckt sein?«
»Ja.«
»Dann sind wir also vielleicht an ihm vorbeigegangen; vielleicht ist er schon hinter uns.« Hestler entsicherte seine Waffe. »Ich würde sagen, wir teilen uns auf, auf die Art können wir ein größeres Areal absuchen. Sonst sind wir noch die ganze Nacht hier.«
»Vielleicht ist es ja genau das, was er will«, meinte Choa. »Dass wir uns verlaufen und frieren, pitschnass werden und hungrig. Und er uns belauern kann, auf den Augenblick warten, wo unsere Konzentration nachlässt.«
»Er ist allein«, knurrte Hestler. Er sah sich noch immer um, als forderte er die ganze Welt heraus, auch nur eine einzige falsche Bewegung zu machen. Jay bemerkte, dass seine MP5 auf Dauerfeuer eingestellt war.
»In Ordnung«, sagte Jay, »ihr beiden geht nach Norden, ich nach Süden. Es gibt zwei Gipfel. Wir umrunden beide und treffen uns wieder bei den Schlauchbooten. Haltet die Funkgeräte eingeschaltet. Das kann ein paar Stunden dauern. Aber wir sind auf jeden Fall vor Einbruch der Dunkelheit fertig. Wenn nichts dabei rauskommt, überlegen wir uns was Neues.«
»Klingt gut«, sagte Hestler und marschierte los. »Je eher wir anfangen, desto eher sind wir fertig.«
Choa warf Jay einen zweifelnden Blick zu, folgte aber dann seinem Partner.
Sobald sie verschwunden waren, entschloss sich Jay, direkt zum Gipfel des Beinn Mhór aufzusteigen. Da würde er zwar ein gutes Ziel abgeben, andererseits hätte er den Vorteil, das ganze umliegende Gelände überblicken zu können.
»Mach’s einfach«, sagte er sich und marschierte los.
»Das geht mir einfach nicht in den Kopf«, sagte Hestler zu Choa. »Am Anfang waren wir zu zehnt – wie zum Teufel sind wir so weit runtergekommen?«
»Da bin ich überfragt.«
»Zehn gegen einen. Der hat uns ganz schön gefickt. Ich würd ihm gern ein neues Arschloch aufreißen.«
»Du glaubst, er braucht zwei davon?«
Hestler wandte sich Choa zu. »So wie er sich wahrscheinlich gerade in die Hose scheißt, wär’s gut möglich.«
Choa schwieg. Er wusste, dass reden nichts kostete; die Folge war, dass die Leute zu viel schwatzten. Manchmal konnten sie sich sogar einreden, sie hätten übermenschliche Fähigkeiten. Reden konnte einen um den Verstand bringen.
Als sie Jay zuletzt sahen, kraxelte er auf allen vieren einen steilen Hang hinauf. Dann bogen sie um die Hügelflanke und verloren ihn aus den Augen.
»Dieses Wetter ist das Allerletzte«, sagte Hestler.
Choa nickte stumm. Das letzte Mal hatte er etwas Vergleichbares in Oregon erlebt, in den
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