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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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war nicht mehr zu sehen. Reeve wusste, dass Jay sich ohnehin nicht um ihn kümmern würde: Er konnte es sich nicht leisten, ein Drittel seiner Streitmacht für anderweitige Zwecke einzusetzen. Trotzdem trödelte Reeve für alle Fälle noch so lange, bis Jay und seine Männer ihn deutlich sehen konnten. Er zog Hose, Strümpfe und Stiefel wieder an und knotete sich die Ärmel seines Hemds um den Hals, so dass es ihm wie ein Cape über den Rücken hing. Auf die Art würde es schneller trocknen. Dann hob er Rucksack und Pistole auf und marschierte los in die Hügel; dabei achtete er darauf, dass seine Verfolger auch genau sahen, welche Richtung er nahm.
    Er hörte den Schuss hinter sich knallen, ging aber ungerührt weiter. Seine Verfolger waren mit MP5-Maschinenpistolen bewaffnet; Reeve wusste, dass sie bis auf rund hundert Meter so zielgenau wie Karabiner waren, aber sein Abstand war erheblich größer. Sie vergeudeten lediglich Munition und begriffen das auch bald. Reeve erreichte die erste Anhöhe und drehte sich um. Sie waren jetzt nicht mehr weit vom Ufer entfernt. Er hatte vier, vielleicht fünf Minuten Vorsprung.
    Er fing an zu laufen.

25
    Jay wartete bis zum allerletzten Moment, ehe er aus dem Schlauchboot an Land sprang. Er war noch halbwegs trocken und hatte vor, es auch zu bleiben. Die anderen hatten nichts dagegen, in knietiefes Wasser zu springen und über die Felsen an Land zu klettern. Sie nahmen die Schlauchboote mit und beschwerten sie mit großen Steinen, damit der Wind sie nicht wieder ins Meer wehte.
    »Schwärmen wir aus?«, fragte Choa.
    »Bleiben wir besser zusammen«, sagte Jay. »Sollte es später nötig werden, können wir uns immer noch trennen.« Er hatte eine Seite aus ihrem Autoatlas herausgerissen – die Karte der Äußeren Hebriden -, aber es war eine Straßenkarte, keine Wanderkarte. Sie verriet ihnen nicht viel über das Gelände, höchstens, dass sie ein ganzes Ende von jeglicher Zivilisation entfernt waren.
    »Gehen wir«, sagte er, und steckte die zusammengefaltete Karte wieder in die Tasche. »Choa, check dein Magazin.«
    Choa war derjenige, der auf Reeve losgeballert hatte, getreu dem Grundsatz, dass man auf ein Ziel, das man sehen konnte, auch schießen sollte. Choa hatte die MP5 bis dahin noch nie benutzt. Es hatte ihm einen solchen Spaß gemacht, damit zu schießen, dass er es nicht erwarten konnte, sie wieder abzufeuern. Er hielt sie im Anschlag, entsichert.
    »Abstand halten«, sagte Jay zu den beiden anderen. »Wir wollen ihm kein leichtes Ziel bieten. Choa, du gibst uns Rückendeckung für den Fall, dass er uns in den Rücken fällt.«
    »Du glaubst nicht, dass er einfach nur weglaufen wird?«, fragte Hestler.
    »Das wär das Vernünftigste«, räumte Jay ein. »Er ist durchnässt und höchstwahrscheinlich müde. Er weiß, wie seine Chancen stehen. Aber ich glaube nicht, dass er weglaufen wird. Er ist genauso scharf darauf wie ich, die Sache hinter sich zu bringen.«
    »Egal, wer gewinnt?«
    Jay sah Hestler an. »Egal, wer gewinnt«, sagte er. »Was zählt, ist das Spiel.«
    Danach marschierten sie schweigend, Jay benutzte lediglich Handzeichen, wenn er der Ansicht war, dass die anderen zu dicht aufschlossen. Sie marschierten nicht in einer Reihe, sondern fächerten sich auf, um dem Feind ein unregelmäßiges und dadurch schwereres Ziel zu bieten. Jay fragte sich, ob Reeve einen Plan hatte. Reeves Haus war nur knapp acht Kilometer entfernt; klar, dass er durch die Outdoor-Kurse, die er hier veranstaltete, diese Hügel besser kannte als sie. Gut möglich, dass er sie sogar sehr gut kannte.
    Jay wusste, dass es drei gegen einen stand, aber wenn man alles Übrige mit in Rechnung stellte, standen die Chancen für ihn so toll nun auch wieder nicht. Er wünschte, er hätte ein Messtischblatt von dem Gebiet, etwas, das ihm eine bessere Vorstellung davon gegeben hätte, womit sie es zu tun hatten. Tatsächlich hatte er aber nichts anderes als seine Augen und seine Instinkte.
    Und das Wissen, dass Gordon Reeve sie um ein Haar beide ins Grab gebracht hatte.
    Es fing wieder an zu regnen, ein Gesprüh von gehässigen Nadeln auf der Haut. Es schlug ihnen direkt ins Gesicht. Jay wusste, dass Reeve nicht geradeaus weiterlaufen würde; diese Richtung hätte ihn viel zu schnell in die Zivilisation zurückgeführt. Früher oder später würde er einen Bogen schlagen und umkehren – entweder in Richtung Hecla oder Beinn Mhór. Wären sie zu viert gewesen, hätte Jay die Gruppe geteilt, eine

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