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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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während des Fahrens weiter.
    »Ich habe vorhin die myalgische Enzephalomyelitis erwähnt, also ME. Als die ersten Fälle bekannt wurden, sah man die Ursache der Krankheit im Alltagsstress. Man nannte sie deswegen ›Yuppie-Grippe‹. Mittlerweile nennen wir sie ›Bauern-Grippe‹. Und zwar deswegen, weil so viele Landwirte entsprechende Symptome zeigen. Es gibt einen Mann – er war früher Bauer, jetzt könnte man ihn eher als Aktivisten bezeichnen, obwohl er durchaus noch seinen Hof bewirtschaftet, wenn man ihn lässt -, er versucht herauszufinden, was die Ursache für das zunehmende Vorkommen neurologischer Erkrankungen wie ME, Alzheimer und Parkinson sein könnte.«
    »Was meinen Sie damit, ›wenn man ihn lässt‹?«
    »Man hat ihn bedroht«, sagte Vincent schlicht. »Leute, die ihm geholfen haben, sind umgekommen. Auto- und andere Unfälle, ungeklärte Todesfälle …« Er warf Reeve einen Blick zu. »Nur vier oder fünf, wohlgemerkt. Noch keine Epidemie.«
    Sie fuhren kurvenreiche Landstraßen entlang, auf denen zwei Fahrzeuge kaum aneinander vorbeigekommen wären. Die Sonne war inzwischen untergegangen.
    Vincent schaltete die Heizung ein. »Vielleicht ist es nur ein Zufall«, sagte er, »dass die ersten Fälle von BSE ziemlich um dieselbe Zeit auftraten, als das Landwirtschaftsministerium den britischen Bauern empfahl, ihr Vieh durch Einreiben eines organophosphathaltigen Präparats vor der Dasselfliege zu schützen. Jetzt fragen sich aber einige von uns, ob OPs die Mutation von Prionen auslösen könnten.«
    »Dann wären also diese OP-Chemikalien an allem schuld?«
    »Das weiß keiner. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es kaum jemand wissen will . Ich meine, stellen Sie sich nur den Eklat vor, wenn herauskäme, dass die ganze Sache durch eine behördliche Anordnung ausgelöst wurde. Stellen Sie sich die Entschädigungsansprüche vor, die an OP-Vergiftung leidende Landwirte mit einem Mal geltend machen würden. Stellen Sie sich die Kosten für die agrochemische Industrie vor, wenn sie Produkte vom Markt nehmen, aufwendige Tests durchführen … vielleicht sogar Schadenersatz zahlen müsste. Wir sprechen von einer weltumspannenden Industrie. Die gesamte globale Landwirtschaft ist von Pestiziden der einen oder anderen Art abhängig. Wenn also vorhandene Pestizide vom Markt genommen und dafür neue entwickelt und getestet werden müssten, hätte das eine Versorgungslücke von mehreren Jahren zur Folge – und während dieser Jahre würden Ernteerträge zurückgehen, Schädlinge explosionsartig zunehmen, unzählige Bauernhöfe würden dichtmachen können, alle Lebensmittelpreise in die Höhe schießen. Sie sehen selbst, wozu das führen würde: zu einer globalen wirtschaftlichen Katastrophe.« Er warf Reeve wieder einen Blick zu. »Vielleicht haben die ja sogar Recht damit, dass sie uns aufzuhalten versuchen. Was sind schon ein paar Menschenleben, gemessen an einem wirtschaftlichen Desaster solchen Ausmaßes?«
    Reeve fröstelte und grub sich tiefer in seinen Mantel ein. Er war am Ende seiner Kräfte, Schlafmangel und Jetlag machten ihm schwer zu schaffen. »Wer versucht denn, Sie aufzuhalten?«
    »Könnte jeder von ihnen sein, oder auch alle zusammen.«
    »CWC?«
    »Co-World Chemicals hat eine Menge zu verlieren. Ihr Jahresumsatz beträgt weltweit viele Milliarden Dollar. Sie besitzen außerdem eine sehr effektive Lobby, die dafür sorgt, dass die Mehrzahl der Bauern und Regierungen ihnen gewogen bleibt. Mit Zuckerstückchen aufgewogen, wenn Sie mir den Kalauer gestatten.«
    Reeve verstand, was er meinte, und nickte. »Dann läuft also eine große Vertuschungsaktion.«
    »Meiner Meinung nach ja, ohne Zweifel, aber dass ich das sage, ist nicht weiter verwunderlich. Ich habe ohne Vorwarnung meinen Job verloren, einen Job, in dem ich gut zu sein glaubte. Als mir allmählich klar wurde, dass die Tiermehl-Erklärung einfach nicht stimmte, habe ich zweimal öffentlich darüber gesprochen und eine Erklärung an die Presse gegeben – und ehe ich michs versah, teilte man mir mit, man würde meine Stelle ›auslaufen lassen‹.«
    »Ich dachte eigentlich, die National Farmers’ Union stünde auf der Seite der Bauern.«
    »Sie steht auch auf der Seite der Bauern – oder zumindest auf der Seite der Mehrheit von ihnen, derjenigen, die den Kopf in den Sand stecken.«
    »Wo fahren wir hin?«
    »Wir sind so gut wie da.«
    Reeve rechnete schon fast damit, zum Bahnhof zurückgebracht zu werden – Ende der Unterhaltung.

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