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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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irgendwann.
    »Sämtliche Pestizide ein weiteres Mal auf den Prüfstand stellen, Tests durchführen. So oder so weniger davon verwenden. Einzelhöfe in Bio-Genossenschaften umwandeln. Es gibt Lösungen, aber sie sind eben keine über Nacht wirkenden, simplen Allheilmittel.«
    Sie parkten wieder auf dem Hof. Der Hund kam bellend herausgelaufen. Das Lamm trottete auf sie zu. Reeve folgte Vincent in die Küche. Sobald sie eingetreten waren, zogen sie ihre Gummistiefel aus. Die junge Frau stand noch immer an der Spüle unter dem Fenster. Sie trocknete sich die Hände ab und kam ihnen lächelnd entgegen.
    »Jilly Palmer«, machte Vincent die beiden miteinander bekannt, »das ist Gordon Reeve.«
    Sie gaben sich die Hand. »Angenehm«, sagte sie. Sie hatte gerötete Wangen und einen langen Zopf von kastanienbraunem Haar. Ihr Gesicht war scharf geschnitten, mit kantigen Jochbeinen und einem ironischen Zug um den Mund. Sie trug weit geschnittene, bequeme Sachen.
    »Essen wär so weit«, sagte sie.
    »Ich zeig Gordon nur eben sein Zimmer«, sagte Vincent. Er sah den überraschten Ausdruck in Reeves Gesicht. »Heute Abend kommen Sie nicht mehr nach London. Der letzte Zug ist längst weg.«
    Reeve sah Jilly an. »Es tut mir leid, wenn ich …«
    »Kein Problem«, sagte sie. »Wir haben ein überzähliges Schlafzimmer, und das Abendessen hat Josh gekocht. Ich brauchte es bloß aufzuwärmen.«
    »Wo ist Bill?«, fragte Vincent.
    »Jungbauerntreffen. Dürfte gegen zehn wieder hier sein.«
    »Quatsch«, sagte Vincent, »die Pubs schließen doch erst um elf.«
    Er klang in ihrer Gesellschaft ganz anders: viel entspannter, er genoss die Wärme der Küche und die zwanglose Unterhaltung. Doch all das zeigte in Reeves Augen, unter welcher Anspannung der Mann sonst stand und wie sehr ihn diese ganze Verschwörung angegriffen hatte.
    Er glaubte zu begreifen, warum Jim sich so auf die Story gestürzt hatte, warum er auch dann noch dran geblieben war, als andere vielleicht schon aufgegeben hätten: wegen Menschen wie Josh Vincent – verängstigt, gehetzt und unschuldig.
    Sein Zimmer war klein und kalt, aber Decken gab es zur Genüge. Er zog den Mantel aus, hängte ihn an einen Haken an der Tür und hoffte, dass er über Nacht trocknen würde. Sein dunkler Pullover war ebenfalls feucht, also streifte er ihn ab. Der Rest von ihm konnte in der Küche trocknen. Er fand das Badezimmer und wusch sich Hände und Gesicht mit brühheißem Wasser, dann sah er sich im Spiegel an. Das Bild, wie er BSE-verseuchtes Material in die Vene eines Menschen injizierte, lauerte noch immer in seinem Hinterkopf. Es hatte ihn an etwas erinnert – nichts, was er jetzt direkt gebraucht hätte, aber doch etwas, das sich irgendwann als nützlich erweisen könnte …
    In der Küche war für zwei gedeckt. Jilly sagte, sie hätte schon gegessen. Sie ließ sie allein und zog die Tür hinter sich zu.
    » Coronation Street lässt sie sich nie entgehen«, erklärte Vincent. »Lebt hier draußen auf dem Land, braucht aber ihren regelmäßigen Schuss Lancashire-Arbeitermief.« Er zog Topfhandschuhe an, um die Kasserolle aus dem Ofen zu holen. Sie war nur zur Hälfte voll, aber es war eine sehr ordentliche Hälfte. Auf dem Tisch standen eine Limoflasche und zwei Gläser. Vincent schraubte den Verschluss ab und schenkte vorsichtig ein. »Bills Hausbräu«, erklärte er. »Ich glaube, ins Pub geht er nur, um sich immer wieder daran zu erinnern, wie viel besser sein eigenes Zeug schmeckt.«
    Das Bier war hellbraun und schäumte nur schwach. »Prost«, sagte Josh Vincent.
    »Prost«, sagte Reeve.
    Sie aßen schweigend, gierig, und kauten selbstgebackenes Brot. Gegen Ende der Mahlzeit stellte Vincent ein paar persönliche Fragen: Was Reeve machte, wo er wohnte. Er sagte, er liebe die Highlands und die Inseln, und wollte alles über Reeves »Outdoor-Kurse« erfahren. Reeve machte es möglichst kurz und unkompliziert und ließ mehr aus, als er erzählte. Er sah Vincent an, dass er nicht wirklich zuhörte; er war in Gedanken woanders.
    »Kann ich Sie etwas fragen?«, sagte Vincent zuletzt.
    »Klar.«
    »Wie weit ist Jim gekommen? Ich meine, hat er irgendetwas gefunden, worauf wir aufbauen könnten?«
    »Ich hab’s Ihnen doch gesagt, seine Disketten sind verschwunden. Alles, was ich habe, sind seine schriftlichen Aufzeichnungen aus London.«
    »Darf ich sie sehen?«
    Reeve nickte und holte sie. Vincent las eine Zeitlang schweigend, abgesehen von gelegentlichen Hinweisen darauf, dass

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