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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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wohltätige Organisation, Sie wissen schon, der man als Zeichen des Respekts und zum Andenken an Jim eine Spende zukommen lassen könnte.«
    Reeve ließ sich das durch den Kopf gehen und schrieb dann auf die Rückseite einer Papierserviette eine Telefonnummer. »Hier«, sagte er. Gulliver wartete auf eine Erklärung. »Das ist die Nummer eines Wettbüros in Finsbury Park. Offenbar stand Jim dort gewaltig in der Kreide. Jede Spende wird dankend angenommen.«
    Als er das Hotel verließ, dachte Reeve, dass er wahrscheinlich in seinem ganzen Leben noch nie jemanden so Mächtigen kennen gelernt hatte, jemanden so Einflussreichen, einen richtigen Macher und Beweger. Er hatte bei Ordensverleihungen irgendwelchen Royals die Hand geschüttelt, aber das war nicht dasselbe. Zum einen waren manche Royals richtig reizend; zum anderen sagte man manchen von ihnen nach, dass sie ehrliche Menschen seien.
    Giles Gulliver hingegen war ein geborener Lügner; nur so arbeitete man sich von der Marktbude zum Nadelstreifenanzug hoch. Und man musste auch verschlagen sein – und Gulliver war so glatt, dass man auf ihm hätte Holiday on Ice veranstalten können – und für eine Curlingbahn wäre daneben auch noch reichlich Platz gewesen.
     
    Er riss die Wohnungstür auf und stürzte zum klingelnden Telefon. Er flehte es innerlich an, weiterzuklingeln, und es tat ihm den Gefallen. Sein Schwung beförderte ihn auf das Sofa. Da lag er dann, atemlos, den Hörer in der Hand, und versuchte, hallo zu sagen.
    »Spreche ich mit Gordon Reeve?«
    »Am Apparat.«
    »Mein Name ist Joshua Vincent. Ich glaube, wir sollten uns treffen.«
    »Können Sie mir sagen, woran mein Bruder arbeitete?«
    »Noch besser, ich glaube, ich kann es Ihnen zeigen. Drei Bedingungen.«
    »Ich höre.«
    »Erstens, Sie kommen allein. Zweitens, Sie erzählen keinem, wo Sie hinfahren oder mit wem Sie sich treffen.«
    »Damit kann ich leben. Und Nummer drei?«
    »Nummer drei, bringen Sie ein Paar Gummistiefel mit.«
    Reeve nahm auch das ohne Widerworte hin. »Also, wo sind Sie?«
    »Nicht so schnell. Ich möchte, dass Sie Jims Wohnung verlassen und zu einem öffentlichen Fernsprecher gehen. Nicht zum nächsten, den Sie finden. Nach Möglichkeit in einem Pub oder was in der Art.«
    Tottenham Lane, dachte Reeve. Da gab es einige Pubs. »Ja?«
    »Haben Sie einen Stift zur Hand? Schreiben Sie sich folgende Nummer auf. Das ist eine Telefonzelle. Ich warte hier nicht länger als fünfzehn Minuten. Reicht Ihnen die Zeit?«
    »Wenn die Telefone nicht außer Betrieb sind … Sie sind ja wirklich sehr vorsichtig, Mr. Vincent.«
    »Und das sollten Sie auch sein. Ich erkläre es Ihnen dann, wenn wir uns sehen.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen, und Reeve ging zur Tür.
     
    Draußen, direkt vor der Ecke, an der die ruhige Nebenstraße in die Ferme Park Road einmündete, stand ein mattgrüner Verteilerkasten der British Telecom, eine knapp einen Meter hohe Metallangelegenheit, die die verschiedenen Hausanschlüsse mit der Hauptleitung verband. Die Techniker hatten einen Spezialschlüssel, mit dem sich die Doppeltür des Kastens öffnen ließ. »Spezialschlüssel« bedeutete allerdings nicht, dass er übermäßig schwer zu beschaffen gewesen wäre. Viele Telecom-Techniker behielten ihr Arbeitsgerät, wenn sie in Rente gingen oder den Job wechselten; ein hilfsbereiter Ex-BT-Techniker, der einem die Tür aufschloss, ließ sich durchaus finden. Und wenn er in der Zwischenzeit einen bestimmten anderen Beruf ausübte, konnte er an jede beliebige Leitung im Kasten einen anrufaktivierten Recorder anschließen und das Gerät so gut verstecken, dass selbst ein normaler Telecom-Techniker es mit einiger Wahrscheinlichkeit übersehen würde.
    Das Band lief nach Ende des Gesprächs noch ein paar Sekunden lang weiter. Dann stoppte es und wartete darauf, abgeholt zu werden. Heute war so ein Abholtag.

10
    Von London aus dauerte die Fahrt zwei Stunden. Reeve verzichtete darauf, erst in Heathrow seinen Wagen zu holen. Zum einen hätte es Zeit gekostet; zum anderen hatte Vincent verlangt, dass er mit einem öffentlichen Verkehrsmittel kam. Reeve hatte noch nie von Tisbury gehört. Als der Zug einfuhr, sah er jenseits der Bahnhofsgebäude ein ländliches Städtchen, eine schmale Hauptstraße, die sich einen Hügel hinaufschlängelte, und einen Fußballplatz, der sich unter den Füßen der bolzenden Kinder zusehends in eine Schlammfläche verwandelte.
    Es hatte während der ganzen Fahrt wie aus Kübeln

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