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Sein Bruder Kain

Sein Bruder Kain

Titel: Sein Bruder Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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doch…«, gab Arbuthnot zu. »Natürlich haben wir uns gefragt, wer sie sein könnte. Ich nahm an, es ging irgendwie um seinen Bruder, da es sich, wie Sie ja bereits bemerkt haben, nicht um geschäftliche Dinge handeln konnte.«
    Das erste Auflodern des Feuers ließ jetzt, da das Anzündmaterial verbrannt war, langsam nach, und Arbuthnot legte mehr Kohlen auf. »Wie benahm sich Mr. Stonefield, nachdem sie gegangen war?« setzte Monk seine Befragung fort.
    »Er wirkte beunruhigt. Und irgendwie aufgeregt«, antwortete Arbuthnot unglücklich. »Er hat das ganze Geld aus dem Safe genommen: fünf Pfund, zwölf Shilling und Sixpence. Dann unterschrieb er noch eine Quittung dafür und verließ das Büro.«
    »Wie lange nach Selinas Besuch war das?«
    »Soweit ich mich erinnern kann, müßten es ungefähr zehn oder fünfzehn Minuten gewesen sein.«
    »Hat er gesagt, wohin er gehen würde oder wann mit seiner Rückkehr zu rechnen sei?« Er beobachtete Arbuthnot genau.
    »Nein, Sir.« Arbuthnot schüttelte langsam den Kopf, und sein Blick war traurig und besorgt. »Er sagte, er müsse sich um eine dringende Angelegenheit kümmern, und ich solle an seiner Stelle mit Mr. Hurley sprechen. Mr. Hurley ist ein Makler, den wir für diesen Nachmittag erwarteten. Ich nahm an, daß er damit rechnete, den ganzen Tag fort zu sein, aber ich habe keinen Augenblick gezweifelt, ihn am nächsten Morgen wiederzusehen. Er hat keine Anweisungen für den nächsten Tag gegeben, und es standen Entscheidungen von größter Wichtigkeit an. So etwas hätte er einfach nicht vergessen.« Plötzlich traten Trauer und eine verzweifelte Furcht sowie Verwirrung in seine Züge, und Monk begriff auf einmal, welchen Schaden Stonefields Verschwinden in Arbuthnots eigener Welt angerichtet hatte. An einem Tag war noch alles sicher und geregelt gewesen, vorhersehbar, wenn auch vielleicht ein wenig langweilig. Am nächsten Tag war alles anders, voller Rätsel und banger Fragen. Sein Lebensunterhalt und vielleicht sogar sein Heim waren in Gefahr. Überall lauerte plötzlich Ungewißheit. Er war derjenige, der Genevieve würde sagen müssen, daß das Geschäft nicht länger weitergeführt werden konnte, und dann würde er den Rest des Personals entlassen und die Firma auflösen müssen und dabei versuchen zu retten, was zu retten war, die Schulden zu bezahlen und, wenn schon sonst nichts, wenigstens einen makellosen Ruf zu bewahren.
    Monk zermarterte sich das Gehirn nach einer tröstlichen oder hilfreichen Bemerkung, aber ihm fiel nichts ein.
    »Um wieviel Uhr ist er aufgebrochen? Bitte seien Sie so präzise, wie es Ihnen nur möglich ist«, bat er. Die Frage war trocken und nüchtern und gab nichts von dem preis, was er empfand.
    »Ungefähr um halb elf«, antwortete Arbuthnot düster, und in seinen sanften Augen spiegelte sich ein Widerwillen, den Monk nur allzugut verstand.
    »Wissen Sie auch, wie?«
    Arbuthnot starrte ihn an. »Pardon?«
    »Wissen Sie, wie?« wiederholte Monk. »Wenn ich seine Schritte nachvollziehen soll, wäre es nützlich zu wissen, ob er zu Fuß ging oder einen Hansom nahm, was er anhatte, ob er sich auf der Straße nach links oder rechts wandte…«
    »Äh ja, ich verstehe.« Arbuthnot sah ihn erleichtert an.
    »Natürlich. Ich bitte um Verzeihung. Ich habe Sie falsch verstanden. Er trug einen Überzieher und hatte einen Schirm bei sich. Es war ein sehr unfreundlicher Tag. Außerdem trug er wie immer einen Hut, einen schwarzen Zylinder. Er nahm einen Hansom und fuhr Richtung Waterloo Bridge.« Er suchte in Monks Gesicht nach einer Reaktion. »Glauben Sie, Sie haben eine Chance, ihn zu finden?«
    Sofort kam Monk eine Lüge in den Sinn. Es wäre soviel einfacher gewesen. Er hätte ihm gern ein wenig Hoffnung gemacht, aber die Macht der Gewohnheit war zu stark.
    »Ich glaube nicht, daß die Chancen groß sind. Aber vielleicht bringe ich in Erfahrung, was aus ihm geworden ist, was für Mrs. Stonefield, wenn auch wenig Trost, so doch zumindest einen gewissen praktischen Nutzen hätte. Es tut mir leid.«
    Eine ganze Reihe unterschiedlicher Gefühle spiegelten sich in Arbuthnots Gesicht wider: Schmerz, Resignation, Mitleid und am Ende eine Art widerwilliger Respekt.
    »Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit, Sir. Wenn ich sonst noch irgend etwas tun kann, um Ihnen behilflich zu sein, brauchen Sie es mich nur wissen zu lassen.« Er erhob sich. »Jetzt gibt es eine Menge Dinge, um die ich mich kümmern muß.« Er schluckte und hustete. »Nur für den

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