Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
nur ums Geld ging, so müsste ich antworten: ja. Sarah ist ein Blutsauger und ein Miststück dazu.« Er holte tief Luft. »Ich konnte den Hund leider nicht mitnehmen, als ich ausgezogen bin. Und wissen Sie was, sie hat Treacle einschläfern lassen. Angeblich war er krank, aber ehrlich gesagt bezweifle ich das. Ich weiß nicht, ob Sie jemandem sagen würden, Sie hätten seinen Hund einschläfern lassen, und dabei lächeln könnten!« Er schüttelte den Kopf. »Doch so ist sie nun einmal. Und Karen entwickelt sich in die gleiche Richtung. Sie hat gesagt, sie würde nach der Schule gern ein Jahr um die Welt reisen. Ich habe ihr vorgeschlagen, sich einen Samstagsjob zu suchen und sich Geld zusammenzusparen; ich habe sogar ein paar Bekannte angerufen und gefragt, ob sie Arbeit für sie hätten. Vor allem war ich neugierig, welche Ausreden sie sich einfallen lassen würde, um nicht arbeiten zu müssen.« Er rieb sich die Augen. »Meine Frau nimmt mich aus, und ich hätte geschäftlich längst pleite gemacht, wäre ich bei ihr geblieben. Aber wenn ich mich einer der beiden hätte entledigen wollen, dann früher, vor der Scheidung. Da hätte ich ein Vermögen gespart. Bitte entschuldigen Sie meine Offenheit.« Er sah auf das Gesicht hinter der Sauerstoffmaske hinunter. »Ich habe heute Morgen einen Anruf auf ihrem Handy entgegengenommen. Jemand fragte, warum sie nicht zum Tennis gekommen sei. Sie hat sich erst gestern Abend dazu verabredet. Ich bitte Sie: Tennis spielen, einen Tag, nachdem ihr Vater gestorben ist?«
»Na ja, jeder geht anders mit solchen Ereignissen um«, wich Costello aus. »Sagen Sie, hat Ihre Frau für gewöhnlich gefrühstückt?«
»Nein, ihr hat immer eine Zigarette und ein schwarzer Kaffee gereicht.« Er dachte eine Minute lang nach und fügte hinzu: »Aber Karen und sie haben eine Vorweihnachtsdiät gemacht, irgendeinen Kohlenhydrat-Unfug.«
»Die Glyx-Diät?«
»Etwas ähnlich Beschränktes.«
»Und hat sie häufig unter Kopfschmerzen gelitten?«
»Während unserer gesamten Ehe«, sagte er bissig.
»Danke.« Costello fiel nichts mehr ein, was sie ihn noch fragen könnte, daher legte sie ihre Karte auf seine Untertasse. »Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann oder Ihnen noch etwas einfällt, lassen Sie es mich wissen.«
»Wird man es denn auch wirklich an Sie weiterleiten?« Tom McGuire lächelte und sah ihr in die Augen. »Um John tut es mir leid. Er war ein netter alter Kerl. Und sie war eine fortwährende Enttäuschung für ihn.« Die Stimme hätte ihm beinahe versagt.
Costello nickte verständnisvoll. »Man kann sich seine Familie nicht aussuchen, nicht wahr? Wiedersehen.« Sie verließ das Zimmer. Draußen musste sie einer schnaufenden alten Dame ausweichen, die ein Wägelchen vom WRVS, dem Königlichen Freiwilligen Frauenhilfsdienst, vor sich herschob, das mit Obst, Zeitungen, Mineralwasser und Energiedrinks gefüllt war, sowie mit einem Weidenkorb voll hausgemachtem Gebäck, Küchlein, Pfannkuchen und Empire-Biskuits, auf denen die schottische Fahne mit wabbelnder blauer und weißer Glasur nachgebildet war. Costello atmete tief ein, während sie vorbeiging, und der Duft war wunderbar. Sie kaufte eine Dose Cola light bei der Frau.
Jetzt brauchte sie nur noch eine ruhige Ecke zu finden, wo sie in Ruhe über das Geld nachdenken konnte. Sie ging hinaus zu ihrem Wagen, der in der Anlieferung hinter dem Pathologielabor des Krankenhauses stand. Als sie auf dem Fahrersitz saß, lehnte sie ihr gelbes Notizbuch an das Lenkrad und nippte an der Cola. Dann schrieb sie das Wort Geld in die Mitte der Seite und dachte nach. Wer hatte es verdient, wer besaß es, wer wollte es haben? Nachdenken – so war auch der Boss, DCI McAlpine, stets an die Sache herangegangen. Die erste Regel der Ermittlungsarbeit lautete, so hatte er immer gesagt: Folge der Spur des Geldes.
8
Anderson betrachtete immer noch die Bilder der beiden Jungen an der weißen Wandtafel. Der blonde Luca und der blonde Troy waren sich so ähnlich. Waren Peter so ähnlich. Das bereitete ihm Unbehagen. Er sah auf die Karte. Das rote Dreieck entwickelte sich zu einer Anhäufung aus Klebezetteln und Stecknadeln. Irgendwer hatte daruntergekritzelt: Karte in größerem Maßstab wurde bestellt. Anderson sah sich die Namen auf dem Dienstplan für die Suchmannschaften an – er kannte niemanden von ihnen. Das sorgte für zusätzliches Unbehagen. Er blickte auf die Uhr – kurz vor halb zwei – und hustete. »Ist Costello schon
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