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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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viel über die »Glorreichen Drei«. John Johansen interessierte ihn am meisten.
    Der Kommissar schnitt ihm den Weg ab und packte Henry am Arm. Blitzschnell jedoch hatte er sich aus dem harten Griff befreit. »Nehmen Sie Ihre Finger weg. Wenn Sie mich noch einmal anfassen, kriegen Sie Ärger, aber richtig. Ich habe nichts damit zu tun, dass Sie Ihren Fall nicht lösen. Ich habe Ihnen gesagt, was ich denke.«
    »Aber nicht alles, was Sie wissen. Weshalb werden Sie abgehört?«
    »Ach, hat der Haustechniker gepetzt   – oder stammt das Mikrofon von Ihnen?« Henry betrachtete ihn von Kopf bis Fuß, das dauerte bei Neureuthers Größe ziemlich lange. Und hätte sein Blick bei jeder Knitterfalte des Anzugs verweilt, hätte er Stunden gebraucht.
    »Erstens hätten Sie unseres nicht entdeckt, und zweitens würde man Sie nicht abhören, wenn Sie unwichtig wären.«
    »Ich bin absolut unwichtig.«
    »Ihre Bescheidenheit macht Sie keineswegs glaubwürdiger.«
    »Die Abhörer wissen längst, dass ich die Wanze gefunden habe, und werden sich was einfallen lassen. Beobachten Sie mich, dann finden Sie die womöglich.«
    »Sie bieten sich als Lockvogel an?«
    »Offenbar kann ich das nicht verhindern.«
    »Sie könnten abreisen.«
    »Ja, mit Vergnügen, morgen nach dem letzten Flight.«
    »Zurück nach Spanien?«
    »Nein, in den Kaiserstuhl, ich werde im Hotel ›Il Calice‹ absteigen, damit Sie wissen, wo Sie mich erreichen.«
    »Ein teurer Laden. Reisen Sie auf Geschäftskosten?«
    »Nein, ich bin ein Glückspilz, ich habe eben beim Pferderennen gewonnen. Jetzt möchte ich mich aber wieder um die Dame in Rosa kümmern. Ach   – eines noch: Vielleicht wäre es besser, die Verhöre ins Präsidium oder wohin auch immer zu verlegen, jedenfalls raus aus dem Hotel.«
    Der Kommissar verstand nicht, worauf Henry hinauswollte.
    »Wenn man mir eine Wanze unterjubelt, dann vielleicht auch anderen   – so ist der Mörder stets über Ihre Ermittlungen informiert. Vielleicht ist das ganze Hotel verwanzt, Hecklers Büro genau wie Ihr Verhörzimmer?« Mit diesen Worten ließ er den verdutzten Kommissar zurück.
     
    Marion Dörner hatte Bruchstücke der Unterhaltung mitbekommen, und Henry erklärte, nachdem er ihre Robe entsprechend bewundert hatte, was der Kommissar von ihm gewollt hatte. Die Entdeckung der Wanze in seinem Telefon hatte inzwischen die Runde gemacht. Heckler sprach ihn darauf an und geriet für einen Augenblick in Panik. Sofort steckten Heckler und Neureuther die Köpfe zusammen, dann liefen sie auseinander wie Boxer nach dem Gong, und jeder telefonierte in seiner Ecke.
    Für Marion war das unwichtig. Sie stellte Henry ihrem Vater als »den Spanien-Spezialisten von der Andalusienreise« vor, was ihn zu einer freundlich-nichtssagenden Kopfbewegung veranlasste. Jedenfalls lud man ihn zu einem Glas Champagner ein und behandelte ihn, als wäre er der kleine Sohn des Gärtners an der Kaffeetafel des Infanten. In diesem Kreis zählte nur Geld. In dieser Hierarchie stand er selbst auf der vorletzten Stufe. Für den Bankier Münnemeyer war er »der mit der Wanze«, und er musste sich von ihm anhören, wie heruntergekommen doch heute die Welt sei und das letzte Quäntchen Anstand verloren gehe   – von einem Bankier!
    John Johansen wich ihm aus, obwohl sein Freund, der Bankier, ihn herbeiwinkte, was Henry im Stillen lächeln ließ. Er begriff schnell, dass J.   J.   Instinkt hatte, Bauernschläue gepaart mit Chuzpe, J.   J. spürte, wer sich einwickeln und einschüchtern ließ, woher die Gefahr kam und von wem sie ausging. Dazu gesellte sich ein übersteigertes Geltungsbewusstsein.In der zur zweiten Natur gewordenen Bewegung hielt er die Hand immer so, dass die Rolex ins Bild kam.
    Bei der nächsten Runde Champagner bugsierte der Banker seinen Freund J.   J. so neben Henry, dass er nicht mehr ausweichen konnte, begann ein Gespräch über das Terroir des Kaiserstuhls und zog sich selbst zurück.
    J.   J. wusste weder über den Boden mehr zu sagen, als dass Löss und Vulkangestein vorkamen, noch kannte er die Auswirkungen der klimatischen Unterschiede zwischen Tageshitze und nächtlicher Kühle. Henry wurde einmal mehr bewusst, dass auch der Winzer zum Terroir gehörte, er konnte die besten Weinberge falsch bearbeiten und die Trauben bereits auf der Kelter verderben. Überkandidelte Kellertechnik gab dem Wein dann den Todesschuss.
    Weder über die Verwendung von Hefen noch die Möglichkeit, den Wein zu entsäuern, war J.   J.

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