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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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hat er ausgecheckt!«
    Henry legte den Hörer zurück auf den Apparat und humpelte um das Bett herum zum Tischchen mit dem Mobiltelefon. Salgados Rufnummer war gespeichert.
    »José Maria? Ich bin’s wieder. Mendoza ist weg, vor einer halben Stunde hat er sich verdrückt, sagen die von der Rezeption. Wohin? Das wissen die auch nicht.«
    »Kannst du das rauskriegen? Wir könnten ihn hier in Empfang nehmen.«
    »Man hat ihm ein Taxi bestellt, der Taxifahrer müsste wissen, ob er zum Bahnhof gefahren wurde. Aber wir sind nicht die Polizei, warum sollte er uns das sagen? Vom Bahnhof aus kann er zum Baden-Airpark gefahren sein, wenn er direkt geflogen ist. Falls er mit der Bahn fährt, zumindest ein Stück, hat er sich nach Rastatt oder Frankfurt bringen lassen, auch von Basel gibt es Flugverbindungen nach Spanien. Es kann dauern, bis ich rausfinde, von wo er angereist ist. Das heißt aber nicht, dass er zurück dieselbe Route nimmt. Mendoza jedenfalls wohnt in Madrid.«
    »Das wissen wir. Kann es sein, dass er Verdacht geschöpft hat?«
    »Ich habe lediglich eine dumme Bemerkung gemacht. Mendoza habe ich heute weder beim Frühstück noch beim Wettbewerb gesehen.«
    »Es kann ihn jemand aus der Bodega gewarnt haben, der Idiot zum Beispiel, der die Lauge in die Tanks gekippt hat. Isabella hat ihn überführt. Er wurde nicht verhaftet, weil er gestanden hat. Zumindest gibt er an, dass Mendoza der geistige Urheber des Anschlags war. Er hätte es nie aus eigenem Antrieb getan   – behauptet er. Na ja. Ich   … wir haben herausgefunden, dass er als junger Mann, also noch unter dem alten Regime, bei der BPS gewesen ist. Die   …«
    »Was ist das, BPS?«, unterbrach ihn Henry.
    »Ich dachte, du kennst sie, die Brigada de Investigación Social? Die wurde erst 1986 aufgelöst, da war deine Familie längst in Deutschland. Mendoza und seine Kollegen, dazu gehörte auch dieser Arbeiter von Peñasco, hätten Leute wie deine Frau und dich so lange verhört, bis euch das Blut zur Nase rausgekommen wäre. Die hatten einen Riecher für Kommunisten.«
    »Ich bin kein Kommunist.«
    »Ich weiß, nicht einmal die wollten im Bürgerkrieg mit Leuten wie euch zusammenarbeiten.« Saldgado lachte glucksend. Er kannte Henrys Befürchtung, von irgendeinem »Ismus« vereinnahmt zu werden, auch dem Ismus des Anarchismus. »Mendoza kannte den alten Don Horácio Peñasco von früher und steht über eine Neonazigruppe mit Diego Peñasco im Knast in Verbindung.«
    »Du hast gut recherchiert. Auch im Knast?«
    »Wenn man genügend bezahlt, kriegt man im Gefängnis alles, auch als Bulle, wie du sagen würdest.«
    »Wie ist das zu verstehen? Hast du Auslagen gehabt?«
    »Versteh es, wie du willst. Wann kommst du zurück?«
    »Ich habe noch was zu erledigen.«
    »Ach   – der Mord an Amber? Alle Welt schreibt darüber und die möglichen Hintergründe. Ich wusste bisher gar nicht, wo Baden-Baden liegt.«
    »Es hat nichts mit dem Mord zu tun, Isabella hat mich das auch gefragt. Nein, die Baden-Baden Wine Challenge istglücklicherweise vorbei, ich habe nur noch Winzerbesuche vor mir, nächste Woche bin ich zurück.« Henry zweifelte in diesem Moment, dass ihm der Capitán das abnahm. Seine Skepsis wurde sogar in seiner Stimme hörbar.
    »Na hoffentlich! Isabella hat mir was anderes erzählt.«
     
    Henry ärgerte sich über Salgados letzten Satz. Er hatte versucht, Isabella zu beruhigen, und ihren Verdacht zerstreut, dass ihn der Mord an Amber beschäftige. Es schien, als hätte alles nichts genutzt. Sie kannte ihn zu gut.
    Henry packte seinen Koffer und freute sich auf die grünen Terrassen des Kaiserstuhls, freute sich auf die frische Luft, auf den weiten Blick und darauf, wieder mit einem Winzer oder einer Winzerin durch die Weinberge zu klettern, na, zurzeit war er nicht so gut zu Fuß. Zur Not würde er auch den einen oder anderen Keller besichtigen, wenn die Treppe nicht zu steil wäre, und gute Weine probieren, ohne Punkte und Medaillen vergeben zu müssen. Abends würde er mit Gatow im Garten vom »Il Calice« die Beine von sich strecken und das trinken, was er tagsüber probiert hatte, einen Espresso, einen Tresterbrand, woher auch immer, und Franks Geschichten von seinen Reportagen hören, knapp hundert Meter vom Bett entfernt. Man konnte bei offenem Fenster schlafen, Mücken gab es noch nicht, und das Vorbeifahren eines späten Autos am Hotel würde die Stille nur umso eindringlicher hörbar machen.
    Der Koffer war gepackt, die Aktentasche

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