Sein letzter Fall - Fallet G
zusammenzustecken, vielleicht eine versteckte sexistische Anspielung steckte, aber als sie in seine ehrlichen blauen Augen sah, beschloss sie, dass dem nicht so wäre.
»All right«, sagte sie. »Schieß los!«
»Verlangen war Alkoholiker«, sagte Rooth.
»Stimmt.«
»Wahrscheinlich nicht besonders hellsichtig.«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Und trotzdem behauptete er, etwas Entscheidendes hinsichtlich des Mordes damals in Linden gefunden zu haben.«
»Ja.«
»Wie zum Teufel ist das nur möglich? Was kann er damit gemeint haben?«
Beate Moerk dachte ein paar Sekunden lang nach.
»Er muss G. entdeckt und wiedererkannt haben«, sagte sie. »Zumindest muss es so angefangen haben.«
»Gut möglich«, stimmte Rooth zu.
»Wo? Wo hat er ihn gesehen?«
»Gute Frage. Höchstwahrscheinlich in Maardam. G. muss dort zu Besuch gewesen sein.«
»Im April dieses Jahres?«
»Oder kurz vorher.«
»Hm. Und Verlangen entdeckt ihn zufällig… das genügt nicht.«
»Was genügt nicht?«, fragte Rooth und justierte den Rückspiegel, so dass sie Blickkontakt behalten konnten, ohne sich den Hals zu verrenken.
»Da muss noch mehr gewesen sein. Es gibt doch keinen Grund für Verlangen, Hennan zu verfolgen, nur weil er ihn nach fünfzehn Jahren wiedergesehen hat. Wenn er nicht total schizo war… Verlangen, meine ich.«
»Das ist wohl wahr«, sagte Rooth. »Obwohl er wohl den entscheidenden Punkt erst hier oben in Kaalbringen entdeckt hat. Oder?«
»Ich weiß es nicht. Glaubst du, dass er mit ihm gesprochen hat?«
»Wo? In Maardam?«
»Sowohl dort als auch hier… ja, hier in der Stadt muss er es ja wohl gemacht haben.«
»Ich könnte mir denken, dass er auch in Maardam mit ihm gesprochen hat«, sagte Rooth. »Und Hennan kann etwas gesagt haben, das… ja, etwas Entlarvendes. Oder etwas, das Verlangen zumindest verwundert hat.«
Beate Moerk saß eine Weile schweigend da und dachte nach.
»Was kann er in so einem Fall denn verraten haben?«, fragte sie. »Vielleicht den Namen seines Mittäters? Denn er hatte damals doch einen Helfer, oder?«
»Soweit ich es verstanden habe, ja«, seufzte Rooth. »Aber wir kommen immer nur auf die gleichen alten Fragen zurück. Warum zum Teufel sollte Hennan so dumm sein, sich gegenüber einem Typen wie Verlangen zu verplappern? Nein, ich habe das Gefühl, da stimmt etwas nicht mit unseren Schlussfolgerungen, das habe ich schon die ganze Zeit gedacht.«
»Dann bring was, das trägt«, bat Moerk ihn.
»Kann ich nicht«, musste Rooth zugeben. »Aber jetzt mal was anderes. Woher wissen wir eigentlich, dass er zu Hause ist?«
»Wer?«
»Nolan-Hennan. Vielleicht sitzen wir ja hier und bewachen ein leeres Haus.«
Beate Moerk dachte erneut nach.
»Blöd«, sagte sie. »Das wäre wirklich blöd. Was machen wir?«
»Das hier«, sagte Rooth und holte sein Handy heraus. »Wir rufen ihn einfach an und überprüfen, ob er rangeht.«
»Genial«, sagte Beate Moerk.
»Genialität war schon immer mein Leitstern«, verriet ihr Rooth und wählte die Nummer.
Nach drei Freizeichen war Christopher Nolans Stimme zu hören, und Rooth beendete die Verbindung.
»Okay«, sagte er. »Er ist da drinnen. Dann wissen wir zumindest das.«
»Er könnte über die Rückseite abhauen«, wandte Moerk ein. »In den Wald hinein.«
Rooth bedachte dieses Argument einen Moment lang.
»Das macht er nicht«, sagte er. »Er weiß ja nicht einmal, dass wir hinter ihm her sind. Aber wenn du dich um das Grundstück herumschleichen und dich in die Büsche in den Hinterhalt legen willst, bitte schön, tu dir keinen Zwang an. Aber dann verlierst du meine Gesellschaft.«
Beate Moerk konnte das Für und Wider eines derartigen Manövers gar nicht überdenken, denn im gleichen Moment fuhr ein silberfarbener Hyundai an ihnen vorbei und auf die Auffahrt zur Villa. Frau Nolan stieg aus dem Wagen, nahm eine schwarze Aktentasche vom Rücksitz und verschwand im Haus. Rooth schaute auf die Uhr.
»Fünfzehn Uhr elf«, konstatierte er. »Elizabeth Nolan kommt nach einem Tag in der Galerie nach Hause. Du musst doch zugeben, dass es ungemein spannend ist, Polizist zu sein, nicht wahr, Frau Inspektor Moerk?«
»Zweifellos«, nickte Beate Moerk.
Es dauerte exakt eine Stunde und zwei Minuten, bis in Verbindung mit dem Nolanschen Haus in der Wackerstraat das nächste Ereignis geschah – aber das war dafür mindestens genauso dramatisch wie das vorhergehende.
Frau Nolan trat aus der Haustür. Sie winkte ihrem Gatten im Flur zum Abschied
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