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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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bekommen, und ein Treffen mit Verlangen in seinem Dienstzimmer auf dem Revier vereinbart.
    Heute Vormittag. In einer halben Stunde, genauer gesagt, wie er feststellte, als er an der Keymerkirche vorbeiging und einen Blick auf das große, blassgelbe Zifferblatt warf.
    Das würde so einiges klarstellen. Verlangen sollte doch zumindest so viel Stoff liefern, dass der Kommissar entscheiden konnte, ob er die Ermittlungen übernehmen sollte oder nicht. Ob es sich überhaupt lohnen würde, eine Voruntersuchung mit diesem verfluchten G. in der Hauptrolle einzuleiten und schließlich der ganzen Geschichte ein bisschen Schwung zu geben.
    Aber es war schon eigentümlich. Verdammt eigenartig. Sowohl die Art selbst, wie Barbara Hennan gestorben war, als auch die dubiose Rolle dieses Privatschnüfflers. Van Veeteren überlegte, wie er sich wohl verhalten und den Fall beurteilt hätte, wenn jemand anderes als ausgerechnet G. darin verwickelt gewesen wäre.
    Auf jeden Fall wäre ihm dieses irritierende Engagement erspart geblieben, wie ihm selbst klar wurde – aber der private Aspekt musste doch nicht bedeuten, dass er auf Grund dubioser Vorurteile keinen klaren Blick mehr hatte? Nicht unbedingt. Die Kenntnis der Personen war natürlich ein vorteilhafter Faktor bei den Ermittlungsarbeiten. Wenn man recht damit umzugehen wusste, sie sozusagen auf entsprechendem Abstand hielt.
    Er beschloss, diese notwendige Distanz gut in Erinnerung zu behalten. Blieb einen Moment vor Kooners Buchladen stehen, während er zu dem wolkenfreien Himmel emporschaute und sich die Jacke auszog. Die Sonne wärmte, und die Touristenscharen auf dem Keymer Plejn wurden langsam dichter. Er blieb eine Weile stehen und betrachtete das Schauspiel. Die obligatorische südamerikanische Folkloremusikgruppe war dabei, ihre Instrumente vor Kellner’s aufzubauen, obwohl es erst halb zehn war, zwei Mädchen um die zwölf liefen mit einem Eis in der Hand quer über den Marktplatz, und an den Tischen des Straßencafés saßen bereits blauhaarige Damen und dickbäuchige Herren und tranken ihr Frühstück.
    Sommer, dachte er. Es sieht so aus, als sollte es auch dieses Jahr wieder Sommer werden. Ei der Daus.
    Privatdetektiv Verlangen kam zehn Minuten zu spät, trotzdem hatte er es am Morgen nicht geschafft, sich zu rasieren. Vermutlich am Tag zuvor auch nicht, soweit Van Veeteren das beurteilen konnte, als er ihn fragte, ob er einen Kaffee haben wollte.
    Den wollte er. Der Kommissar nahm an, dass er es nur zu einem Bier zum Frühstück geschafft hatte, und bestellte außerdem noch ein paar Schinkenbrote bei Frau Katz unten im Empfang.
    »Danke«, sagte Verlangen. »Bin etwas spät hochgekommen. Manchmal findet man einfach keinen Schlaf.«
    Der Kommissar notierte sich insgeheim, dass Verlangen ungepflegt aussah. Kurzärmliges, verwaschenes Baumwollhemd, an dem ein Knopf fehlte. Abgetragene schwarze Jeans und ausgetretene Sandalen. Ringe unter den Augen und fettiges, rattenfarbenes Haar, das schon seit längerem hätte geschnitten oder ganz vernichtet werden sollen.
    Offenbar waren die fünf Jahre, die vergangen waren, seit er die Truppe verlassen hatte, für Maarten Verlangen kein Zuckerschlecken gewesen. Was Van Veeteren auch nicht erwartet hatte, dennoch spürte er einen Hauch von Mitleid mit dem schäbigen Kerl, der jetzt mit flackerndem Blick vor ihm saß und nach einer Zigarette suchte.
    »Darf ich rauchen?«
    »Aber bitte«, sagte Van Veeteren. »Kaffee und Brote kommen gleich.«
    Verlangen zündete eine Zigarette an und machte einen tiefen Zug.
    »Ich konnte einfach nicht schlafen«, sagte er. »Das ist schon eine vertrackte Geschichte mit dieser Frau Hennan.«
    »Warum hast du dich nicht früher gemeldet?«, fragte Van Veeteren. »Es ist inzwischen schon fast eine Woche vergangen.«
    »Da muss ich um Entschuldigung bitten«, erklärte Verlangen. »Aber mir ist erst am Montag klar geworden, was passiert ist… also vorgestern. Du darfst nicht denken, dass ich… dass ich euch noch eins auswischen will wegen der Sache damals vor fünf Jahren. Das war meine Schuld, und ich habe meine Lektion gelernt.«
    »Ich kenne die Geschichte«, erklärte der Kommissar. »Manchmal kommt man in eine Situation, die man nicht mehr in den Griff kriegt. Du hast die Konsequenzen gezogen, das reicht für meinen Teil.«
    Verlangen betrachtete ihn ein paar Sekunden lang mit leicht flackerndem Blick.
    »Danke«, meinte er dann. »Ja, so ist es nun einmal. Auf jeden Fall denke ich doch, dass

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