Sein letzter Fall - Fallet G
Kaffeepause zusammenfallen?«
Van Veeteren griff zum Telefonhörer und rief Frau Katz an.
Diskussion, Kaffeetrinken und Aufgabenverteilung dauerten alles in allem eine Stunde. Während dieser Zeit merkte Van Veeteren zu seiner Verwunderung, dass seine Konzentration langsam nachließ. Die Fragen nach Barbara Hennans Aarlachreise, nach Hennans Geschäftsaktionen, nach dem Bekanntenkreis des Paares und wie man es anstellen sollte, eventuelle Bekannte überhaupt aufzustöbern – all das entzog sich auf eine eigenartige Art und Weise nach und nach seiner Aufmerksamkeit. Eine Wolke der Teilnahmslosigkeit legte sich langsam, aber entschlossen über sein Bewusstsein, es schien, als wäre sie nicht zu bremsen.
Zu viel Kaffee und Nikotin, dachte er. Morgen werde ich eine Apfelsine essen.
Dafür achteten vor allem Münster und Reinhart darauf, dass keine Details vergessen würden. Die Arbeitsbelastung in der Abteilung war so schon relativ hoch, besonders Rooth und Jung hatten in den letzten Tagen intensiv an einem Raubüberfall in Löhr gearbeitet, und es gab natürlich Prioritäten der einen oder anderen Art. Bei Reinhart waren beispielsweise so viele Urlaubstage aufgelaufen, dass es reichte, um zweimal um die ganze Welt zu reisen, wie er behauptete.
»Mit dem Flugzeug?«, wollte Rooth wissen.
»Mit dem Fahrrad«, erklärte Reinhart.
Was den Kommissar in erster Linie ablenkte und seine müden Gedanken beschäftigte, das war das bevorstehende Verhör mit Hennan selbst. Daran gab es keinen Zweifel. Als die Besprechung beendet war, zog er sich erneut in sein Büro zurück, um die Voraussetzungen dieser so wichtigen Begegnung zu analysieren.
Wenn es einen Teil in der Polizeiarbeit gab, den er besser als alle anderen beherrschte, dann war es dieser. Die Verhörtechnik. Darin waren sich alle Kollegen einig, das wusste er, und nur eine falsche Bescheidenheit würde ihn dazu veranlassen, diese Tatsache zu leugnen.
Er wusste ganz einfach, wie man sich Leute vornahm, die etwas auf dem Gewissen hatten. Er konnte – in elf von zehn Fällen, wie einige behaupteten – bereits nach ein paar einleitenden Fragen und Bemerkungen, fragenden Blicken oder Äußerungen übertriebener Selbstsicherheit sagen, ob er es mit einer unschuldigen oder schuldigen Person zu tun hatte. Das war natürlich eine Gabe, ein Geschick, von dem er nicht sagen konnte, woher er es hatte, das ihn aber nie im Stich ließ und bei einer Ermittlung Hunderte von Arbeitsstunden ersparen konnte.
Denn wenn man eine Antwort auf die Frage nach dem Wer hatte, dann reduzierten sich die übrigen Möglichkeiten beträchtlich. Das Ganze wurde zu einer anderen Art von Spiel. Meistens Mann gegen Mann. In festem Blickkontakt über einen wackeligen Resopaltisch hinweg.
Wir wissen, dass du es warst. Schau mir in die Augen. Du siehst, dass ich es sehe, nicht wahr? Du siehst, dass ich es weiß. Wir sind da ganz einer Meinung, ich sehe, dass du weißt, dass ich weiß. Willst du gleich gestehen, oder willst du noch einige Runden mitgehen? All right, ich habe alle Zeit der Welt… nein, du darfst hier nicht rauchen. Noch zwei Stunden, okay? Dann lass ich dich über Nacht in die Zelle sperren und werde morgen früh wiederkommen…. nein, Kaffee gibt es leider keinen mehr.
Bedächtigkeit und Pausen. Es hatte eine Schönheit an sich. Eine Art grausamer Ästhetik, die an den Stierkampf erinnerte oder an den vergeblichen Todeskampf eines eingekreisten Tieres. Er versuchte gar nicht erst zu analysieren, warum ihm das gefiel. Und jetzt ging es also um G.
Wieder dachte er über Dinge wie Antipathie und Distanz nach. Auf welche Art und Weise sie wohl die Verhöre beeinflussen würden – dass es mehrere werden würden, daran zweifelte er nicht eine Sekunde –, also diese Tatsache, dass er einen so tiefen Widerwillen, eine so starke Abscheu gegenüber dem Verdächtigen hegte? Dass er ihn, offen gesagt, als einen Feind betrachtete.
Schwer zu sagen. Es gab einen privaten Plan und einen beruflichen, wenn man die beiden zusammenführte, konnte das möglicherweise eine besondere Stärke bedeuten, wenn man alles in Betracht zog. Das musste so sein, dachte er. Für einen Boxer oder einen Duellanten war es trotz allem einfacher, seinen Gegner zu besiegen, wenn er ihn wirklich hasste, als wenn er das nicht tat. Oder etwa nicht?
Das war ein schiefer, verwirrender Vergleich, und er beschloss, diese Spur nicht weiter zu verfolgen. Es war sicher besser, sich etwas zu zügeln. Konkretere Fragen zu
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