Sein letzter Fall - Fallet G
war es tatsächlich so weit: Er hatte den Direktor am Apparat.
Der Kommissar berichtete von seinem Gespräch mit Verlangen und wunderte sich mit wohl gewählten Worten darüber, dass es offensichtlich zulässig war, die verrücktesten Versicherungen abzuschließen.
Das sei so, erklärte Kooperdijk hochnäsig. Alles nur eine Frage der Einsätze und des kalkulierten Risikos. Ein Geschäft zwischen Versicherung und Klient, zwei freie Akteure auf einem freien Markt.
Van Veeteren erkundigte sich nach den genauen Bedingungen von Barbara Hennans Lebensversicherung, und bald war ihm klar, dass es sich tatsächlich genau so verhielt, wie Verlangen ihm erzählt hatte. Der Gesamtbetrag – eins Komma zwei Millionen Gulden – fiel dem Begünstigten – Jaan G. Hennan – in dem Moment zu, in dem D/B Trustor schwarz auf weiß bestätigt bekam, dass die Todesursache nicht unter die Kategorien Totschlag, Mord oder Selbstmord fiel.
War es üblich, solche Konditionen aufzustellen?, wollte der Kommissar wissen.
Das käme schon mal vor, erklärte Kooperdijk. Man hätte nun einmal das Recht, alle gewünschten Bedingungen in eine Versicherungspolice aufzunehmen. Das war einzig und allein eine Sache zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsnehmer, wie schon gesagt. Im Prinzip war es sogar möglich, eine Versicherung zu zeichnen, die ausschließlich bei Mord oder Totschlag zur Anwendung kam. Aber das war natürlich äußerst ungewöhnlich, wie er selbst zugab, das war nur
im Prinzip.
Ihm selbst war nie eine derartige Klausel untergekommen, und er war schließlich schon seit mehr als dreißig Jahren in der Branche. Einunddreißigeinhalb, wenn man es ganz genau nahm.
Van Veeteren bat, wieder auf ihn zurückkommen zu dürfen. Bedankte sich und legte den Hörer auf.
Muss mal nachsehen, bei welcher Versicherungsgesellschaft ich bin, dachte er. Wenn es Trustor ist, dann kündige ich gleich morgen.
Anschließend schaute er auf seine Armbanduhr und musste feststellen, dass er es vor der Besprechung um zwei nicht mehr schaffen würde, zu Mittag zu essen.
Es reichte nur für ein Butterbrot, das noch von Verlangens Besuch übrig geblieben war und das zwischen all dem Gerümpel auf dem Schreibtisch lag. Er holte sich eine weitere Tasse Kaffee und dachte, dass es immerhin besser als nichts war.
Bis auf zwei waren alle zur Besprechung gekommen. Kommissar Nielsen war bei einer Brandstiftung draußen in Sellsbach, und Inspektor deBries hatte frei.
Alle anderen waren an Ort und Stelle im Konferenzraum.
Kommissar Heinemann. Die Inspektoren Reinhart und Rooth und der frisch gebackene Assistent Jung. Und natürlich Münster. Sechs qualifizierte Kriminalbeamte, inklusive Van Veeteren selbst. Das war nicht schlecht, dann musste man wohl sehen, wie viel Fußvolk es noch zu mobilisieren galt, er rechnete damit, dass sie für ein paar Tage eine ziemlich große Anzahl bräuchten, später würde es hoffentlich weniger werden.
Kommissar le Houde, der der Technikergruppe vorstand, war bereits informiert und mit der Situation einverstanden. Eine genaue Durchsuchung von Hennans Haus in Linden sollte am folgenden Tag in Angriff genommen werden.
Van Veeteren räusperte sich und begrüßte die Anwesenden. Er bat alle, Augen und Ohren aufzusperren und zehn Minuten lang mit beiden Gehirnhälften zuzuhören. Anschließend würde es Kaffee und Aufgabenverteilung geben.
Gab es so weit noch irgendwelche Fragen?
Dem war nicht so.
Er ging den Fall chronologisch durch. Nicht so, wie bei ihm die Informationen eingegangen waren, sondern er begann mit der Ankunft des Paares Hennan in Linden und ging dann weiter bis zu Verlangens Besuch im Polizeigebäude am Vormittag des heutigen Tages.
Als er fertig war, sagte Reinhart, das sei das Schlimmste, was er seit langem gehört hätte. Rooth meinte, es sei das Sonnenklarste, was er doppelt so lange gehört hätte, und der schüchterne Heinemann äußerte die Ansicht, es handle sich um eine ziemlich sonderbare Geschichte.
»Und was machen wir, wenn dieser Hennan einfach nichts zugibt?«, fragte Assistent Jung.
»Er wird nichts zugeben«, erklärte der Kommissar. »Es spielt gar keine Rolle, wie viele Indizien wir finden oder wie viele auf ihn hindeuten. Er wird nie ein Geständnis ablegen. Alles erscheint ja so sonnenklar, wie Rooth schon gesagt hat, das Problem wird nur sein, ob es auch für ein Gerichtsverfahren reicht.«
»Das ist mir schon klar«, sagte Rooth. »Aber sollte die Fragestunde nicht mit der
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