Sein letzter Fall - Fallet G
Verlangen außerdem selbst äußerst interessiert daran ist, Hennan zu schnappen«, fügte Münster hinzu. »Ja, ich bin auch der Meinung, dass das merkwürdig ist.«
»Die Götter treiben da ihre Scherze«, sagte Van Veeteren und warf einen abgekauten Zahnstocher aus dem Fenster. »Obwohl ich glaube, dass es uns schwer fallen wird, zu beweisen, dass Hennan das Colombine’s für eine Stunde verlassen hat – mit oder ohne Verlangen. Vergesst nicht, dass wir beweisen müssen, dass er es getan hat, nicht, dass er die Möglichkeit dazu hatte. Und übrigens hat ihn ja nicht nur unser Privatschnüffler dort gesehen.«
Einen Moment lang blieb es still.
»Nicht gerade viele Unbekannte in dieser Gleichung«, sagte Reinhart dann und sah dabei nachdenklich aus. »Irgendwie haben wir alle Karten in der Hand, und trotzdem…«
»Zum Teufel auch«, unterbrach ihn der Kommissar wütend. »Wir haben nur eine einzige Karte in der Hand. Einen großen, höhnischen Joker, der Jaan G. Hennan heißt und dem es gefällt, uns an der Nase herumzuführen.«
»All right«, stimmte Reinhart zu. »So sieht es offenbar aus. Und wann planst du, ihn zu verhören?«
Der Kommissar verzog das Gesicht.
»Bald.«
»Das hoffe ich«, sagte Reinhart. »Unterschätze deine Fähigkeiten nicht. Vielleicht bricht er ja zusammen und gesteht alles.«
»Glaubst du das?«, fragte Van Veeteren.
»Nein, aber sollten wir ihn nicht trotz allem ein wenig unter Beobachtung halten? Wenn wir ihn schon nicht umgehend einbuchten?«
Van Veeteren stand auf, um das Zeichen dafür zu geben, dass langsam genug überlegt worden war.
»Bereits angeordnet«, sagte er. »Er wird seit gestern Morgen beschattet.«
»Ach?«, warf Münster überrascht ein. »Und von wem?«
»Von Polizeiwachtmeister Kowalski.«
»Kowalski!«, rief Reinhart aus. »Warum um alles in der Welt denn ausgerechnet von Kowalski? Der ist doch so unauffällig wie ein… wie ein läufiger Labradorrüde.«
»Gerade deshalb«, bestätigte Van Veeteren.
Reinhart überlegte eine Sekunde lang.
»Verstehe«, sagte er dann.
Gerichtsmediziner Meusse strich sich mit der Hand über die Glatze und schob dann die Brille zurecht.
»Bist du so weit?«, fragte Van Veeteren.
»So weit, wie man es nur wünschen kann.«
»Und?«
»Hm. Da gibt es in erster Linie eine Sache, die du wissen willst, wenn ich dich recht verstanden habe.«
»Stimmt«, bestätigte Van Veeteren. »Lass hören.«
»Es ist absolut unmöglich, einen klaren Befund abzugeben«, erklärte Meusse. »Aber genauso unmöglich, etwas auszuschließen. Die Schäden nach so einem Sturz sind ziemlich umfangreich.«
»Sie kann also vorher bewusstlos geschlagen worden sein?«
»Wie gesagt, das halte ich nicht für ausgeschlossen. Das ist alles. Auf jeden Fall ist sie mit dem Kopf zuerst gelandet.«
»Wäre es kompliziert, sie so runterzustoßen, dass es zu diesem Ergebnis kommt?«
»Absolut nicht. Schon gar nicht, wenn sie bewusstlos war.«
»Ich verstehe«, sagte Van Veeteren. »Sonst noch etwas?«
»Was willst du wissen? Den Grad der Trunkenheit? Den Mageninhalt?«
»Den kenne ich bereits.«
»Vielleicht noch eins«, sagte Meusse und blätterte in den Papieren, die vor ihm auf dem Tisch lagen. »Sie hat ein Kind geboren.«
»Ein Kind?«, fragte Van Veeteren nach.
»Ja«, sagte Meusse. »Wahrscheinlich nur eins. Das könnte vielleicht von Bedeutung sein.«
»Ja ha?«, zweifelte Van Veeteren. »Schon möglich. Ist das dann alles?«
Meusse zuckte mit den Achseln.
»Absolut nicht. Du hast den ganzen Bericht in den Akten. Bitte schön, nein, kein Grund, sich zu bedanken.«
Ich hätte ihn auf ein Bier einladen sollen, sah der Kommissar ein und verließ das Büro.
Ein Kind?, dachte er, als er wieder in seinem Zimmer war.
Stand in Hornimans Bericht etwas über ein Kind?
Er las ihn zum dritten Mal durch und stellte fest, dass dem nicht so war.
Hätte das nicht drin stehen müssen?, überlegte er, kam aber in der Frage zu keinem klaren Standpunkt. Er stellte fest, dass es schon nach vier Uhr war und damit höchste Zeit, sich zur Besprechung ins Konferenzzimmer zu begeben.
Besprechung nach zwei Tagen Arbeitsmühen im Fall Hennan. Im Fall G.
Ihm gefiel diese Bezeichnung nicht, aber ihm war schon klar, dass auch er sie benutzen würde. Während er ihn bearbeitete und in der Zukunft.
Der Fall G.
16
Wenn wir uns an die übliche Vorgehensweise halten«, begann Van Veeteren, »dann müssten wir das Technische zuerst betrachten. Nun haben
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