Sein letzter Fall - Fallet G
lassen.«
»Heute Abend?«
»Ja. Wenn es dich interessiert, bist du herzlich willkommen, das Schauspiel durch das Spiegelfenster mit zu betrachten. Um elf Uhr. Reinhart wird auch da sein, und ein Paar Ohren und Augen mehr können ja weiß Gott nicht schaden.«
Münster dachte kurz nach und fasste dann einen Entschluss.
»Ich komme«, sagte er. »Um elf Uhr?«
»Vielleicht auch erst um halb zwölf«, sagte Van Veeteren und stand auf. »Ich habe mir gedacht, dass die Nacht ein passendes Szenario für diese Art Übung sein könnte. Aber wie gesagt, nur, wenn du Zeit hast.«
»Ich werde mir die Zeit nehmen«, versprach Inspektor Münster und folgte dem Kommissar zum Ausgang.
17
Neben Reinhart und Münster war auch noch Inspektor Rooth in dem engen Raum vor dem Spiegelzimmer zur Stelle, als das Verhör mit Jaan G. Hennan seinen Lauf nahm. Rooths so genanntes Date hatte angerufen und sich krank gemeldet, wie er erklärte, und das hier sah so aus, als könnte es genauso unterhaltsam werden wie ein schlechter Fernsehkrimi.
Hennan war von den Schutzmännern Kowalski und Klempje kurz vor halb elf in seinem Haus abgeholt worden. Er war leicht grinsend und vollkommen freiwillig mitgekommen und hatte dann das zweifelhafte Vergnügen gehabt, fünfundvierzig Minuten auf einem Stuhl im kalten Verhörraum zu verbringen, bis Van Veeteren durch eine der beiden Türen hereinkam und sich ihm gegenüber hinsetzte.
»Das wird aber auch Zeit«, sagte Hennan, aber ohne jeden Ansatz von Verärgerung in der Stimme.
Van Veeteren ging nicht darauf ein. Fummelte stattdessen eine Weile am Tonbandgerät herum und zündete sich eine Zigarette an. Dann las er Hennan seine Rechte vor und fragte ihn, ob er einen Anwalt wolle.
Hennan lehnte sich zurück, lachte breit und erklärte, dass er einen Anwalt genauso dringend brauche wie eine Warze am Arsch. Der Kommissar nickte und stellte das Band an. Gab Zeit, Platz und Befragungsgrund an und bat Hennan, seinen vollständigen Namen zu nennen, Geburtsort und Geburtsdatum. Das tat Hennan auch, breit lächelnd.
»Gut«, sagte der Kommissar und hängte sein Jackett über die Stuhllehne. »Du sitzt also hier, weil du unter dem Verdacht stehst, deine Ehefrau, Barbara Clarissa Hennan, ermordet zu haben. Du sitzt noch nicht in Untersuchungshaft, aber das ist nur eine Frage der Zeit.«
»Mord?«, fragte Hennan. »Untersuchungshaft?«
»Richtig verstanden«, sagte Van Veeteren. »Willst du gleich gestehen, oder müssen wir das Ganze noch in die Länge ziehen?«
»Quatsch«, sagte Hennan.
»Ich habe die Antwort nicht verstanden«, sagte Van Veeteren.
»Quatsch«, wiederholte Hennan.
»Jetzt habe ich es verstanden«, sagte Van Veeteren. »Soll ich das dahingehend interpretieren, dass es dich wundert, dass du unter Verdacht stehst?«
Hennan stützte sein Kinn auf die Knöchel der rechten Hand und dachte drei Sekunden lang nach.
»Ja und nein«, stellte er dann fest. »Ich kenne ja die Inkompetenz der Polizei und habe schon lange aufgehört, mich darüber zu wundern, aber in diesem Fall übertrefft ihr euch wirklich selbst.«
»Erklär mir das«, bat der Kommissar.
»Oh nein«, sagte Hennan. »Diese Art der Ausführungen kannst du dir selbst machen. Ich persönlich ziehe es vor, nach Hause zu fahren und ins Bett zu gehen.«
»Das hatten wir uns aber nicht so gedacht«, sagte der Kommissar. »Wie lange warst du mit Philomena McNaught verheiratet?«
Hennans Antwort kam ohne offensichtliche Überraschung.
»Gut ein Jahr.«
»Sie starb während einer Autoreise in den Bethseda Park, ist das richtig?«
»Das weiß ich nicht. Sie ist verschwunden und später für tot erklärt worden.«
»Wenn ich dir jetzt sagen würde, dass man ihre Leiche gefunden hat, würde dich das überraschen?«
Hennan zögerte einen Augenblick. Dann lächelte er wieder.
»Nein«, sagte er. »Früher oder später muss sie ja wohl gefunden werden. Wie ist es denn passiert?«
»Was meinst du damit?«
»Ich möchte natürlich gern wissen, wie man sie gefunden hat. Und unter welchen Umständen. Da sie höchstwahrscheinlich einem größeren Raubtier zum Opfer fiel, ist es doch ein wenig überraschend, von einer vollständigen Leiche zu hören, das musst du zugeben. Mein Gott, denkst du nicht, dass ich lange genug im Spiel bin, um mitzukriegen, ob ein Bulle lügt oder nicht?«
Van Veeteren blieb eine Weile schweigend sitzen und fixierte einen Punkt direkt über Hennans Kopf. Verzog keine Miene.
»Bist du wirklich so
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