Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
Vom Netzwerk:
von Anfang an schwierig gewesen, und nichts irgendwie Erfreuliches war in ihrem Verlauf eingetreten.
    Wie gesagt. Es waren keine neuen Umstände aufgetaucht, kein Verhör hatte einen Weg geöffnet oder die bereits bekannten Rahmenbedingungen verändert; der verfluchte G. hatte sich ruhig zurücklehnen und einfach auf das unvermeidliche Ende warten können. Auf seine Freilassung und seine eins Komma zwei Millionen Gulden.
    So war es nun einmal, und es nützte nichts, dass sowohl die Geschworenen als auch der Richter wie alle übrigen Beteiligten vermutlich auch genauso überzeugt von Gs. Schuld waren wie der Kommissar selbst.
    Es nützte nicht die Bohne. So war es nun einmal um die Gerechtigkeit bestellt, bei der die Mühlen buchstabengetreu und nach anerkannter Praxis mahlten.
    Auf jeden Fall war es klassisch, um einen von Reinharts Ausdrücken zu benutzen. Alle Zutaten waren bereits von Anfang an da gewesen: die Versicherungsgeschichte, das Alibi, der Privatdetektiv, Hennans Vergangenheit – keine neuen Fakten waren aufgetaucht, trotz zäher und zielgerichteter Polizeiarbeit, auch diese buchstabengetreu und nach allen Regeln der Kunst ausgeführt. Nein, es würde auch nichts nützen, wenn hunderttausend Menschen davon überzeugt wären, dass G. einen Mörder gedungen hatte, um seine Frau zu töten, dachte der Kommissar resigniert. Er würde dennoch davonkommen.
    Wenn man nicht den Täter selbst fände.
    Und solange es nicht gelang zu beweisen, dass Barbara Hennan nicht durch einen Unfall gestorben war. Nicht einmal das hatten sie geschafft.
    Rausgeschmissene Zeit, mit anderen Worten. Zumindest kam man schnell zu diesem Schluss. Er überlegte, ob es überhaupt zu einer Gerichtsverhandlung gekommen wäre, wenn nicht dieser verdammte Verlangen sich verplappert und die Presse alarmiert hätte.
    Schon möglich, vielleicht auch nicht. Aber genau wie Reinhart gesagt hatte – auf jeden Fall war es ein besseres Gefühl, nicht gezwungen zu sein, G. so ohne weiteres auf freien Fuß zu setzen. Da war es, trotz allem, besser, dass die Mühlen gemahlen hatten.
    Der Regen wurde weniger, als er auf der Höhe von Linzhuisen war, und er bog nach Korrim und Weill ab, eine schmale, wenig befahrene Straße durch die flache Landschaft, von der er nicht sagen konnte, wann er sie das letzte Mal genossen hatte. Er dachte weiter darüber nach, wie die Verhandlung im Lindener Gericht verlaufen war, und fragte sich, ob er eigentlich etwas anderes als dieses düstere – und gleichzeitig leicht absurde – Gerichtstheater erwartet hatte, dem er zwei Tage beigewohnt hatte.
    Wahrscheinlich nicht, zu diesem Ergebnis kam er, als er seine insgeheimen Hoffnungen überdachte. Es war gekommen, wie es kommen musste. Wenn die Geschworenen morgen oder übermorgen zu dem unerwarteten Beschluss kommen sollten, G. für schuldig zu erklären, dann würde er keine wirkliche Befriedigung empfinden, das wusste er. Ein derartiges Urteil würde niemals eine Revision überleben, es würde nur alles unnötig in die Länge ziehen.
    Nein, es waren nicht die Mechanismen und Abstrusitäten der Gerichtsmaschinerie, die ihn quälten, es war etwas anderes. Auch nicht das eigene Zukurzgekommensein nach zwanzig Jahren vermeintlicher Fortschritte oder seine persönliche Beziehung zu G. – sondern noch etwas Drittes.
    Etwas Drittes?, dachte er. Der dritte Faktor einer Gleichung? Vielleicht hätte er besser Mathematiker werden sollen… er fühlte sich plötzlich ganz schwindlig, und die Worthaken, mit denen er zu fischen versuchte, wurden wohl doch etwas zu abstrakt… oder abstrus, wie gesagt, verdammt, wonach suchte er eigentlich?
    Was versuchte er zu überprüfen, was er bis jetzt noch nicht überprüft hatte?
    Er stellte Fauré ab und bog auf den Parkplatz vor dem Friedhof der Stadt Korrim ein. Stieg aus dem Auto und zündete sich eine Zigarette an. Jetzt hatte der Regen ganz aufgehört, und die Sonne war dabei, sich durch die Wolkendecke zu arbeiten.
    Der Helfer?, dachte er. Der Mörder?
    Die zwei bekannten Faktoren der Gleichung: Jaan G. Hennan und Barbara Hennan. Und dann der dritte, der Unbekannte.
    Gab es überhaupt einen dritten Faktor?
    Er schaute über den dicht bewaldeten, ländlichen Friedhof. Ein älterer Mann im blauen Overall ging drinnen unter tropfenden Ulmen und Linden herum und harkte zwischen den Gräbern. Es sah ruhig und friedlich aus – und einen Moment lang kam ihm in den Sinn, dass er diesen unbekannten Hausmeister beneidete. Er rauchte eine

Weitere Kostenlose Bücher