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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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Parker aus der entgegengesetzten Richtung kam, und er machte sich keine Sorgen mehr; jedenfalls nicht deswegen.
    Als sie beide saßen, nahm Cathman den Ordner auf seinen Schoß, legte schützend die Hand darauf und sagte: »Wenn Sie mir sagen könnten, was Sie wollen …«
    »Einen Parlamentarier, der gegen das Glücksspiel ist. Nicht aus diesem Teil des Staates. Klein und dick. Mürrischer Gesichtsausdruck.«
    Cathman sah ihn aufmerksam an, bereit, zu helfen. »Wissen Sie, wie er heißt?«
    »Das werden Sie mir sagen«, sagte Parker. »Es sollte ein Hinterbänkler sein, einer, den die meisten Leute eher nicht kennen.«
    »Ah, ich verstehe.« Cathman schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich war verwirrt, ich dachte, Sie meinten eine bestimmte Person, aber Ihnen geht es um einen Typ , jemand, der einem – na ja, es müsste eher ein Abgeordneter sein, kein Senator, wenn Sie jemand Unbekannten wollen. Es gibt viel mehr Abgeordnete als Senatoren.«
    »Wie viele? Abgeordnete.«
    »Hundertfünfzig.«
    »Eine nette Herde. Suchen Sie mir einen raus. Klein und dick. Mürrischer Gesichtsausdruck. Die meisten Leute kennen ihn nicht oder würden ihn nicht wiedererkennen.«
    »Lassen Sie mich nachsehen.« Cathman öffnete den Ordner, blätterte darin und stellte dann fest, dass es bequemer war, den Ordner auf den Couchtisch zu legen und sich darüberzubeugen. Nach einer Weile schaute er auf und sagte: »Wäre einer aus New York City okay?«
    »Sind die nicht alle sehr bekannt?«
    »Keineswegs. New York City hat allein sechzig Abgeordnete,darunter natürlich auch Frauen.« Cathman zuckte die Achseln. »Und um die Wahrheit zu sagen: Die Leute auf dem Land und in den Kleinstädten kennen ihren Abgeordneten eher als die Leute in der Großstadt.«
    »Wen haben Sie?«
    »Er heißt Morton Kotkind und ist aus Brooklyn. In seinem Wahlkreis gibt es Krankenhäuser und Colleges, viele Leute, die nur vorübergehend da wohnen; entsprechend niedrig ist die Wahlbeteiligung. Eigentlich mag niemand Kotkind so richtig, er ist nur ein braver Parteisoldat, der seine Arbeit macht, und er hat einen sicheren Sitz dort, wo er nie jemandem auffällt.«
    »Klingt gut.«
    »Er ist natürlich Anwalt, das sind alles Anwälte. Er hat eine Kanzlei in Brooklyn und widmet ihr auch die meiste Zeit; deshalb gehört er immer zu den Abgeordneten, die am häufigsten fehlen im Parlament. Genaugenommen kreuzt er immer nur dann auf, wenn die Partei seine Stimme braucht.«
    »Haben Sie ein Foto?«
    »Nein, ich habe hier überhaupt keine Fotos, aber er entspricht Ihrer Beschreibung. Klein und ziemlich untersetzt und ein sehr mürrischer Gesichtsausdruck.« Cathman lächelte schwach. »Er lehnt grundsätzlich alles ab, und das ist wahrscheinlich der einzige Grund, warum er sich gegen das Glücksspiel engagiert. Natürlich sind etliche der New Yorker Parlamentarier dagegen, weil die Stadt und Long Island als Standorte für Casinos ausgeschlossen wurden.«
    »Aber man weiß, dass er gegen das Glücksspiel ist?«
    »Aber ja. Sein Name steht auf allen einschlägigen Listen. Er äußert sich öffentlich dagegen, und er stimmt dagegen, wenn er gerade mal anwesend ist.«
    »Haben Sie seine Privatadresse?«
    Erneut wirkte Cathman erschrocken und besorgt. »Sie wollen doch nicht – was wollen Sie tun?«
    »Ihn mir ansehen«, sagte Parker. »Hat er einen Briefbogen? Nicht als Anwalt, meine ich, sondern als Abgeordneter.«
    »Ja, natürlich.«
    »Besorgen Sie mir ein paar davon«, sagte Parker. »Und schreiben Sie mir seine Adresse auf.«
    Cathman zögerte. »Es wird ihm doch … nichts zustoßen, oder? Ich meine, der Mann … ist harmlos, er ist auf unserer Seite, ich würde nicht wollen, dass er …«
    Cathman war fix und fertig. Er schaute Parker flehentlich an, doch der wartete nur ab. Auf dem Couchtisch lag ein Notizblock, und nach einer Weile zog Cathman ihn zu sich heran und schrieb die Adresse auf.

 
    DREIZEHN
     
    Parker war als erster da. »Lynch«, sagte er, und das Mädchen in dem schwarzen Ballkleid nahm drei Speisekarten und die in rotes Leder gebundene Weinkarte und führte ihn auf einem Schlängelkurs zwischen den überwiegend leeren Tischen in dem langen, schwach erhellten Raum hindurch zu der Fensterreihe an der hinteren Wand. Die meisten Mittagsgäste saßen hier, der Aussicht wegen. Parker setzte sich mit dem linken Profil zur Aussicht, so dass er den Eingang im Auge behalten konnte, dann schaute er auf das hinaus, wofür die anderen Gäste hierhergekommen

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