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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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mittags bis sechs Uhr abends und von acht Uhr abends bis zwei Uhr nachts. Die Fahrten begannen und endeten in Albany, mit einem Halt in Poughskeepie, wo einige Passagiere an Bord kommen oder an Land gehen und Vorräte an Bord genommen werden würden. Das Geld wurde jedoch in Albany an Land gebracht.
    Parker entschied sich für einen Freitag – an einem Freitag sollte die Sache auch steigen –, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen. Das Schiff war voll, im Casino ging es hoch her, und die Menschen, die in den verglasten Restauranträumen links und rechts davon ihr Abendessen einnahmen, während das Schiff kleine Städtchen am Fluss passierte, waren festlich gekleidet und in angeregter Stimmung. Überall an Bord spürte man die Überzeugung, dass dies eine vergnügliche Art war, Geld auszugeben. Gut.
    Ab und zu sah Parker von weitem Carlow und Noelle, hielt sich aber wohlweislich von ihnen fern. Noelle, die mit etwas blassem Make-up und dünner, dunkelgrauer Kleidung noch schlanker aussah, wirkte wie das Opfer eines Vampirs. Carlow, der in seiner dunkelblauen Chauffeursuniform samt Mütze den Rollstuhl schob und sich, wenn er stand, auf die Griffe stützte, machte einen drahtigen und muskulösen Eindruck, so als sei er mehr Bodyguard als Chauffeur.
    Die Leute lächelten Noelle zu, und sie lächelte müde zurück. Manche berührten sie als Talisman oder baten sie, auf ihre Würfel zu pusten, und immer wenn sie ein bisschen Blackjack spielte oder würfelte, war sie von Leuten umgeben, die sie anspornten.
    Noelle und Carlow spielten diese Komödie jetzt vier Abende, und die Securityleute schauten immer noch jedesmal in die Schüssel – wenn sie an Bord kam, nicht beim Verlassen des Schiffs –, aber Noelle sorgte für einen abwechslungsreichenAnblick, und allmählich wurde ihnen die Sache peinlich, und außerdem kannten sie sie inzwischen und wurden lockerer. Parker rechnete damit, dass sie sie ab Anfang der nächsten Woche praktisch durchwinken würden.
    Er hatte die Baupläne der Spirit of the Hudson studiert und kannte das Schiff gut, zumindest theoretisch, aber die Wirklichkeit entspricht nie genau den Plänen. Er wanderte auf dem Schiff umher, versuchte, sich auf diese Art ein zutreffenderes Bild zu machen, und ließ keinen für Passagiere zugänglichen Bereich aus.
    Es gab drei öffentliche Decks. Das oberste war ein offenes Promenadendeck, ein längliches Oval um die Brücke herum mit vielen Liegestühlen; bei Tag war hier vermutlich mehr los als abends. Das Deck darunter war breiter und ebenfalls ein Promenadendeck, jedoch verglast, weil das Wetter im Staat New York im Jahresdurchschnitt nicht allzugut ist. Dieser öffentlich zugängliche Bereich umschloss eine innere Zone, in der Büros, ein Geschenkeladen, ein Massageraum, ein Spielzimmer mit Flipperautomaten und eine lächerlich kleine Bibliothek lagen. Die Rettungsboote waren direkt vor und unterhalb dieser Promenade so aufgehängt, dass sie die Aussicht nicht verdarben; falls tatsächlich einmal jemand diese Boote besteigen musste, konnten die Glasscheiben davor beiseite geschoben werden.
    Das dritte, unterste Deck, das Casino, war das wichtigste; es nahm das ganze Innere des Schiffs ein und hatte keine Fenster und keine direkt ins Freie führenden Türen. Es war nur durch Vorräume vorn und achtern zugänglich. Überall auf dem Schiff spürte man ständig das Vibrieren der Motoren und der Schiffsschraube, doch im Casino konnte man schnell vergessen, dass man sich auf dem Wasser befand.
    Flankiert wurde das Casino von zwei Speisesälen. Der aufder Backbordseite gehörte der gehobenen Kategorie an, mit Stoffservietten, teuren Hauptgerichten und einer achtseitigen Weinkarte, der auf der Steuerbordseite war eine Sandwichbude. Beide waren lang und schmal und hatten eine durchgehend verglaste Außenwand. Beide Restaurants, das wusste Parker aus den Prospekten, wurden aus derselben Küche versorgt, die direkt unter dem Casino lag und aus der die Kellner die Speisen über Rolltreppen nach oben brachten. Durch eine runde Metallsäule im Zentrum dieser Küche liefen die Druckluftrohre, durch die das Geld befördert wurde: aufwärts zum Kassierer, der in der Mitte des Casinos in einem raffiniert konstruierten Käfig saß, und abwärts in den Tresorraum.
    Unter dem Casino gab es noch einen kleinen allgemein zugänglichen Bereich: die Toiletten, vorn und achtern. Breite, mit Teppich belegte Treppen führten von beiden Vorräumen außerhalb des Casinos in weite,

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