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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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musste unbedingt noch rauskriegen, wie sie hieß, bevor die Fahrt zu Ende war) und sprach seine Beobachtungen in das Diktiergerät.
    Es war auch noch ein anderer interessanter Mensch an Bord, irgendein VIP, ein schlechtgelaunter Mensch mit zwei Schlägertypen, die wie Leibwächter aussahen, und alle drei wurden von Susan Cahill herumgeführt. Er erinnerte sich an Susan Cahill – sie sich aber sicher nicht an ihn – von den Pressekonferenzen, als dass Schiff hier angekommen war und er einfach nur einer in der Herde der Reporter gewesen war, die pauschal abgefertigt worden waren. Susan Cahill war sexy und smart und beinhart, und Greg sah, dass sie den grämlich dreinblickenden Mann mit Samthandschuhen anfasste. Jemand Wichtiger, jedenfalls für die Spirit of the Hudson .
    Er machte Fotos in dem besseren Speisesaal auf der Backbordseite, aß dann jedoch in dem billigen Imbiss auf der anderen Seite, weil er für seinen kleinen Ausflug keine Spesen abrechnen durfte. Er stattete dem Casino einen Besuch ab, spielte aber nicht, und stellte fest, dass die Craps-Tische die beliebtesten (und die lautesten) und die Roulette-Tische am wenigsten beliebt waren. Sechs Blackjack-Tische waren geöffnet, drei mit einem Mindesteinsatz von zehn Dollar und drei mit fünfundzwanzig Dollar Minimum, und an allen lief es gut. Die Reihen der Spielautomaten waren fast ständig voll besetzt, nur die Video-Pokerspiele hatten nicht soviel Zulauf.
    Das Schiff kam um kurz vor elf in Poughkeepsie an und würde zehn Minuten am Kai liegenbleiben. Jetzt bedauerte es Greg, dass er nicht mit dem Zug nach Albany hinaufgefahrenwar; dann hätte er jetzt nämlich von Bord gehen können, denn er hatte so ziemlich alles beisammen, was er brauchte, bis auf den Namen des Mädchens im Rollstuhl und die Identität des VIP, was er beides noch herausbekommen würde. Aber er war am Nachmittag mit dem Auto hinaufgefahren, sein Auto stand also oben, und er musste auch die Rückfahrt mitmachen. Doch das war nicht schlimm, er würde bestimmt noch mehr in Erfahrung bringen.
    Kurz nach elf legte das Schiff in Poughkeepsie ab, beschrieb einen weiten Bogen in die Flussmitte hinaus und drehte sich dort langsam um seine eigene Achse, während sich die Gäste, die sich von den Spieltischen losreißen konnten, an der Reling drängten, bis der Bug schließlich flussaufwärts zeigte und weißer Gischt ihm einen hohen Kragen verpasste, während die Motoren tiefer zu brummen anfingen und das Schiff seine Fahrt gegen die Strömung begann.
    Eigentlich konnte Greg sich seine beiden Fragen auch gleich jetzt beantworten lassen, und als die Lichter von Poughkeepsie im nächtlichen Dunkel hinter ihnen versanken, machte er sich auf die Suche nach dem Mädchen im Rollstuhl und dem VIP.
    Er fand den VIP zuerst, mit seinen Leibwächtern und Susan Cahill, im Casino, wo er missbilligend die Rouletteräder anstarrte. Der Floor Manager, ein adretter junger Mann in der königsblau und goldenen Uniform des Schiffs, stand gleich innerhalb der Casinotür in Rührt-euch-Stellung, und Greg ging auf ihn zu und sagte: »Entschuldigen Sie. Das ist eine bedeutende Persönlichkeit, nehme ich an.«
    »Das denkt zumindest er selbst«, erwiderte der Floor Manager. Er hatte einen leichten Südstaatenakzent.
    Greg musste lachen. »Und für wen hält er sich?«
    »Für einen Abgeordneten des Staates New York«, sagte derFloor Manager. »Kein so ganz hohes Tier, würde ich sagen. Er heißt Kotkind und ist aus Brooklyn.«
    Greg blinzelte und starrte den VIP und seine Begleitung an. »Sind Sie sicher?«
    »Absolut«, sagte der Floor Manager und nahm eine Visitenkarte aus seiner Brusttasche. »Er hat mir diese Karte hier gegeben, verstehen Sie? Die gibt er jedem Angestellten an Bord, mit dem er spricht. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht in seinem Wahlbezirk wohne, und er hat gemeint, das sei schon okay, wenn er einmal für ein Staatsamt kandidierte, könnte ich ihn dann ja wählen. Ganz schön eingebildet, was?«
    Greg schaute auf die Visitenkarte, und es war tatsächlich die Karte des Abgeordneten Morton Kotkind; er hatte sie früher schon einmal gesehen. »Was es nicht alles gibt«, sagte er. »Vielen Dank.« Und er ging weg, um über dieses Rätsel nachzudenken. Was zum Teufel ging hier vor?
    Als er aus dem Casino kam, sah er gerade noch die Aufzugtür zugehen; drinnen waren das Mädchen im Rollstuhl und ihr Chauffeur und Begleiter. Sie fuhren nach oben. Mit dem rede ich, dachte Greg. Er war verwirrt und wollte

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