Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
Vom Netzwerk:
aber starke Schlepper, und sie ging mit ihm in den vorderen Raum, den mit dem großen ovalen Fenster.
    Als sie außer Sicht waren, nahm Sternberg sich noch einmal Parker vor: »Sie wissendoch, dass das nicht publik werden darf! Das war doch von Anfang an klar!«
    Wycza sagte sich, dass er das wegen der anderen Besatzungsmitglieder im Raum machte, die allesamt so taten, als seien sie anderweitig beschäftigt, in Wirklichkeit aber sämtliche Ohren spitzten. Trotzdem konnte Parker, wie Wycza vermutete, das Spiel nur bis zu einem bestimmten Punkt weiterspielen. Er setzte wieder seine übliche steinerne Miene auf und sagte nur: »Ja, Sir. Ich denke, Ms. Cahill wird das in Ordnung bringen.« Mit anderen Worten: Jetzt reicht’s.
    Sternberg verstand die Botschaft und begnügte sich mit mehrmaligem Räuspern und ein paar finsteren Blicken zurück zu der sich entfernenden Stadt, bis eine viel aufgeräumtere Susan Cahill wiederkam, mit dem unzufrieden wirkenden Kapitän Andersen im Schlepptau, der sich sichtlich bemühte, seine Würde zu wahren. »Alles klar«, verkündete sie. »Aber Sie sehen jetzt, Herr Abgeordneter, wie genau wir es auf diesem Schiff nehmen.« Geschickt hatte sie die unerfreuliche Szene ins Positive gewendet.
    »Und ich bin froh darüber«, sagte Sternberg, galant den neuen Ton aufnehmend. »Tut mir leid, Kapitän«, fuhr er fort, »wenn die besonderen Umstände dieser Tour verlangen, dass wir die eine oder andere Vorschrift verletzen. Aber es ist für einen guten Zweck, da sind wir uns sicher einig.«
    Der Kapitän rang sich eine zustimmende Äußerung ab. »Ganz bestimmt ist es ein guter Zweck, Abgeordneter Kotkind«, sagte er mit einer leichten Verbeugung. »Wir sind neu hier in Ihrem Teil der Welt und hoffen, gute Nachbarn zu werdenund im Lauf der Zeit von allen unseren neuen Freunden akzeptiert zu werden. Damit das geschieht, werden wir wohl noch einiges über Ihre Sitten und Gebräuche lernen müssen. Doch fürs erste folgen Sie jetzt doch bitte Susan, lassen Sie sich von ihr dieses hübsche Schiff zeigen und versuchen Sie, sich an der vorüberziehenden Landschaft zu erfreuen, auch wenn Sie eigentlich nicht zu Ihrem Vergnügen an Bord sind.«
    »Das werde ich«, versprach Sternberg. »Freut mich, Sie kennengelernt zu haben, Kapitän.«
    »Ganz meinerseits, Herr Abgeordneter. Wie ich höre, werden wir zusammen zu Abend speisen. Ich freue mich darauf.«
    »Ich ebenfalls. Wir wollen Sie nicht länger aufhalten, Kapitän, ich weiß, Sie sind ein vielbeschäftigter Mann.«
    Der Kapitän hatte zum Abschied sogar ein Lächeln für Parker und Wycza übrig. »Ich hoffe doch sehr, meine Herren«, sagte er, »wir werden Ihre Waffen wenigstens nicht zu sehen bekommen.«
    Wycza grinste ihn an. Er wusste, wie man solche unauffälligen Sticheleien parieren musste. »Wenn Sie auf diesem Schiff meine Waffe sehen«, sagte er, »hab ich meinen Beruf verfehlt.«

 
    VIER
     
    Ray Becker saß in einem alten hölzernen Adirondack-Stuhl auf der mit Fliegendraht umgebenen Veranda auf der Rückseite des Häuschens, neben sich die Flasche Gatorade, und betrachtete den Sonnenuntergang über dem Fluss. Es ist ein neuer Tag, dachte er. Ich fange von vorn an, und diesmal mache ich alles richtig.
    Er war ein Versager, das wusste er. Er war sein Leben lang ein Versager gewesen, der dritte von fünf Söhnen eines Eisenwarenhändlers, mit dem keiner seiner Söhne ein Problem hatte, solange sie sich für ihn den Arsch aufrissen. Als der Mittlere war Ray nie groß oder stark genug gewesen, um mit seinen fiesen älteren Brüdern mitzuhalten, aber auch nicht schlau oder gewieft genug, um mit seinen hinterhältigen jüngeren Brüdern zu konkurrieren, und so blieb er immer der Versager in der Mitte, wuchs in diesem Bewusstsein auf und hatte in seinem ganzen bisherigen Leben nie etwas getan, was ihn dazu bewogen hätte, seine Meinung von sich selbst zu ändern.
    Versucht hatte er es weiß Gott. Beispielsweise hatte er etwas für die Army übrig. Man tritt ein, macht seinen Job und giert nicht nach Beförderung, und noch nie hat jemand irgendwelche Probleme mit der Army gehabt, solange er sich für sie den Arsch aufgerissen hat. Aber der Suff und schlechte Gesellschaft haben schon bessere Männer als Ray Becker zu Fall gebracht, und er landete tatsächlich in einer Clique vonClowns, die sich in den Kopf gesetzt hatten, den PX-Laden des Standorts auszurauben. Natürlich wurden sie geschnappt, und natürlich war Ray der erste, der einknickte,

Weitere Kostenlose Bücher