Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
Verletzung hin. Es war eine Illusion. Sein Leben war ein einziges Elend gewesen und alles wegen etwas, das nicht einmal existierte.
»DAS IST KEIN SCHMERZ!«, brüllte Jason, und diesmal verdrehte sich sein Magen durch die Anstrengung zu einem Knoten. Er krümmte sich zusammen und würgte sein lauwarmes Mittagessen auf den Fußboden seines Zimmers.
»Oh, mein Gott!«
Edward, Melanie und Arjunda standen in Jasons Tür und starrten auf ihn hinab, während er zitternd in einer Pfütze aus Galle und Schweiß auf dem Boden lag. Er blickte durch einen Schleier entsetzlicher Qualen zu seiner Mutter hinauf und lächelte.
»Es geht mir gut, Mama. Da ist kein Schmerz. Da ist kein Schmerz.«
Melanie erstarrte für einen Moment, als sie die Stimme ihres Sohnes hörte. Es war Monate her, seit sie sie zum letzten Mal gehört hatte. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, drehte sich dann jedoch um und rannte ins Badezimmer, um seine Medikamente zu holen. Jason schrie, als sie ihm vom Boden aufhalfen. Er zitterte, als sie ihn in warmem Wasser badeten und das Erbrochene von seinem Gesicht, seinem Hals und seiner Brust abwuschen, bevor sie ihn ins Bett legten. Melanie gab ihm eine Handvoll Darvocet und Percodan und sah zu, wie seine Schmerzen allmählich nachließen und er einschlief.
Jasons Eltern taumelten aus dem Zimmer, als würden sie schlafwandeln.
»Ich hab ihn noch nie so gesehen. Hast du das gesehen, Melanie? Und du hast gesagt, er hätte nur ein paar Stunden mit ihm geredet?«
»Ich hab keine Ahnung, was ich da gerade gesehen habe. Aber Jason hat mit mir gesprochen. Hast du das gehört? Er hat mit mir gesprochen.« Tränen rannen über die Furchen und Falten auf ihrem Gesicht und bis zu ihren zitternden Lippen hinunter.
»Er hat dagegen angekämpft. Er hat gegen den Schmerz angekämpft! Hast du das gesehen? Er hat sich ihm widersetzt! Ich hab noch nie gesehen, dass er das getan hat.«
»Sie liegen falsch, Mr. Thompson. Ihr Sohn hat nicht dagegen angekämpft oder sich ihm widersetzt. Er akzeptiert ihn. Er wird schon bald Frieden mit seiner Krankheit schließen und dann wird sein Leben endlich beginnen. Es sei denn, Sie wünschen noch immer, dass ich ›verflucht noch mal aus Ihrem Haus verschwinde‹?«
Yogi Arjunda lächelte erneut und diesmal war Edward derjenige, der zitterte.
Jason saß mit verschränkten Beinen im Lotussitz so tief vornüber gebeugt, dass seine Stirn den Boden berührte, und zitterte, zuckte und bebte. Der Yogi lebte nun schon beinahe einen Monat bei ihnen und Jason wusste, dass sie große Fortschritte gemacht hatten, aber seine Schmerzen dauerten nach wie vor an. Seine Eltern hatten in den letzten Wochen vehement dagegen protestiert, dass Arjunda seine Medikamente absetzte, aber nun war die Zeit gekommen. Jason wusste, dass es sein musste, aber dennoch vermisste er den angenehmen Nebel, in dem er sein Dasein so lange Zeit gefristet und der das unbeschreibliche Leiden gedämpft hatte, das er nun durchlebte. Er hätte den Yogi am liebsten um eine Tablette angefleht, aber er wollte den Mann nicht enttäuschen. Er wollte ihnen allen zeigen, dass er stärker wurde. Er wollte draußen im Sonnenschein spazieren gehen, Musik hören und fernsehen. Er wollte rennen und springen, singen und tanzen. Er wollte lieben und Liebe machen. Er wollte seine Eltern ganz fest umarmen und ihnen sagen, wie viel sie ihm bedeuteten. Aber jetzt, in diesem Moment, wollte er einfach nur sterben.
Sein Magen war ein Nest von Aalen, deren rasiermesserscharfe Zähne sein Inneres zerfetzten, während ihre langen, schlangenartigen Körper seine Gedärme zusammenschnürten und zerquetschten, bis sein Mittagessen wieder seinen Schlund hinauf und gleichzeitig durch seinen Darm wanderte. Als er anfing, sich zu übergeben, explodierte das Erbrochene in einer Lawine aus gelbbraunen Klumpen förmlich aus ihm heraus und spritzte auf die Wände und den Boden. Er urinierte in einem steten Strom und Durchfall floss ungebremst aus seinem After. Jason war das egal. Hier ging es nicht um Würde. Hier ging es darum, seinen Schmerz zu überwinden.
Die Haut kribbelte und brannte wie von Tausenden scharfen Schnittwunden und Nadelstichen, so als habe ihn ein Schwarm Insekten überfallen, die ihn am ganzen Körper bissen und stachen. Seine Muskeln spannten sich heftig an und sein Körper krampfte sich unfreiwillig zusammen, als Wellen purer Qualen durch ihn hindurchschossen und ihn bis ins Mark trafen. Früher wäre er sicher ins Koma gefallen.
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