Sein
entgegen und sie erwiderte aufstehend seinen Gruß. Sein Händedruck war warm und von angenehmer Stärke.
»Ich dachte, du magst keine Tattoos? Für was hast du dich entschieden? Oder soll ich dich erst noch beraten?«
»Nein, nein. Ich wollte einfach nur zu dir«, flüsterte Myriam. »Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?«
»Sicher.«
Ruben machte eine Handbewegung, dass sie an ihm vorbei und die Treppe hinaufgehen sollte. Trotz seines Rockeroutfits passte diese Geste zu ihm, denn sie wirkte nicht höflich, eher bestimmend. Mit dumpfen Schritten folgte er ihr in seinen Bikerboots die schwarz lackierten Treppenstufen hinauf.
»Setz dich.« Er deutete auf einen Drehhocker. »Ich hab gleich Zeit für dich, muss nur schnell Ordnung machen.«
Das Studio auf der Empore, durch einen dunkelroten schweren Vorhang vom Verkaufsraum abgegrenzt, war mit Deckenstrahlern hell ausgeleuchtet. Ein bequemer, verstellbarer Behandlungsstuhl, Rollwägelchen mit Farben und anderen Utensilien, ein Regal, ein Hocker auf Rollen. An den Wänden ein bodenlanger Spiegel, zwei Lampen, drei sehr ästhetische Aufnahmen von Körpern, deren Tattoos wie gemalt aussahen.
Myriam schaute Ruben zu, wie er hin und her ging, konzentriert aufräumte, da und dort mit einem Tuch drüber wischte. Was er genau machte, nahm sie nicht wahr. Sie hatte nur Augen für seinen durchtrainierten Körper, die Bewegungen geschmeidig wie die eines Raubtiers, kaum gebändigte, gefährliche Kraft. Alles wirkte kontrolliert, nur die von einem Haargummi im Nacken zusammengehaltenen Locken waren ein wenig zerzaust und lockerten das Gesamtbild auf.
Ihr Blick blieb an seinem knackigen Po hängen, über dem die dünne Lederhose wie eine zweite Haut lag. Am liebsten hätte sie zugepackt. Ihr wurde warm und ein lüsternes Kribbeln ergriff Besitz von ihr.
»So, entschuldige, aber das war wichtig«, wandte er sich kurz darauf ihr zu und schaute freundlich lächelnd auf sie herab. »Ich mag keine Unordnung beim Arbeiten. Über was wolltest du denn mit mir reden? Du siehst übrigens zum Anbeißen aus. Hast du heute noch etwas vor?«
Wow
, ein Kompliment aus seinem Mund. Von seinen dunkelbraunen Augen mit den langen Wimpern fühlte sie sich völlig paralysiert. Selbst wenn sie ihm hätte ausweichen wollen, sie hätte es nicht geschafft, und sie hasste sich für diese Schwäche. Beinahe versagte ihr die Stimme, als sie ihm antwortete. »Nein, ich habe nichts vor. Ich dachte, es könnte
dir
gefallen, wenn ich …«
Ruben hob eine Augenbraue und sein Lächeln verschwand. »Wenn du was?«
Gib dir einen Ruck. Nadine hat dir gesagt, was du tun musst
.
Zwischen ihr und ihm war gerade genug Platz. Vorsichtig, um sich die Strumpfhose und die Schuhspitzen nicht zu ruinieren, sank sie vor ihm auf die Knie und schaute wieder zu ihm auf. Aus dieser Warte wirkte er noch dominanter als sonst. Es war schwer, seinem kritischen Blick standzuhalten. »Ich …« Sie schluckte. »Ich möchte deine Sub werden.«
Sekunden verstrichen, ehe Ruben tief Luft holte und diese laut ausstieß. Unterdrückte er ein Lachen? In seinen Mundwinkeln bildeten sich so verdächtige kleine Grübchen. »Aha. Normalerweise ergibt sich das. Es ist mir noch nie passiert, dass mir eine Frau einen solchen – hm – Antrag gemacht hat.«
Aber, er hat doch selbst gesagt
… Es war nicht gerade bequem, auf dem Boden zu knien, abgesehen davon, dass Myriam sich dabei ein wenig lächerlich vorkam. Seine Aufforderung war also gar nicht ernst gemeint gewesen?
Aber Ruben lachte nicht. Er musterte sie weiterhin mit ernstem Gesicht und strich sich mit der rechten Hand nachdenklich über sein Kinn.
Na, dann halt nicht
.
Als Myriam Anstalten machte, sich zu erheben, hob er plötzlich den Zeigefinger. »Bleib!« Es lag ein Grollen in diesem einen Wort, welches das Kribbeln in ihrem Bauch verstärkte. Wollte er etwa doch?
»Hände auf den Rücken, Brust raus, Kopf senken.«
Ohne zu zögern gehorchte sie. Bedeutete dies, dass er einverstanden war? Seine Füße verharrten auf der Stelle. Oder wollte er Zeit zum Nachdenken gewinnen?
»Erregt dich der Gedanke, dass du dich mir auslieferst?«
»Ja.«
Seine Bikerstiefel hatten die beste Zeit wohl schon hinter sich. Schmutzig waren sie zwar nicht, sie wirkten durchaus mit Schuhcreme oder Fett gepflegt, also offensichtlich lag ihm etwas an ihnen. Dennoch war nicht zu übersehen, dass sie alt und viel getragen waren, denn das Leder zeigte am äußeren Rand Risse, die ein
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