Seine einzige Versuchung
gestand Benthin ein.
„Ja, für Sie mag die Angelegenheit vorbei sein, ebenso für Dich, Elli. Aber habt Ihr eine Ahnung, wie sich die Leute inzwischen das Maul über Euch zerreißen?“ Seine Frau pflichtete ihm bei:
„Und über uns als Eltern dazu!“
„Du hast Angst um Euren guten Ruf?“, fragte Elli erbost. Ihre Mutter ignorierte den Einwurf und wandte sich an Benthin:
„Konnten Sie nicht etwas zurückhaltender sein? Meine Teedamen sind völlig aus dem Häuschen seit Ihrem Auftritt gestern. Sie haben es bestimmt schon überall herumerzählt!“ Mit nachdenklicher Miene machte Benthin einige Schritte und fragte anschließend lakonisch:
„Was denn?“ Frau Preuß geriet ins Straucheln:
„Nun ja, also… Ihr gestriges Benehmen ließ darauf schließen, dass sich etwas Schwerwiegendes zwischen Ihnen und Elli ereignet haben musste… Heute allerdings…“ Der Professor schaltete sich wieder ein:
„Es spricht doch offensichtlich einiges dafür, dass es einen Konflikt gab, der zumindest beinahe zur Trennung führte, oder sehe ich das falsch, Benthin?“ Seine Stimme nahm einen bedrohlichen Unterton an. Benthin wusste genau, worauf er anspielte - es ging um sein Ehrenwort. Er musste zu dem stehen, was geschehen war, selbst wenn es den endgültigen Verlust seines langjährigen Freundes bedeutete:
„Professor, ich weiß, ich habe Ihnen mein Ehrenwort gegeben, und dennoch konnte ich es nicht verhindern, dass sich die Dinge entwickelten, wie sie es taten. Ich bin nicht leichtfertig mit meinem Versprechen umgegangen - das müssen Sie mir glauben. Es tut mir aufrichtig leid, dass ich mich nicht als würdiger erwiesen habe, aber dennoch bleibt die unbestreitbare Tatsache, dass ich Elli liebe, mehr als ich es in Worten ausdrücken kann.“
„Glaub‘ ihm doch endlich, Papa! Du kennst mich doch - ich habe maßgeblich zu der… Krise beigetragen! Er ist ein ganz wundervoller Ehemann…“ Sie lächelte Benthin an. „Ich könnte mir keinen besseren wünschen.“
„Sie haben sich gegen mich verschworen!“ Preuß versuchte vergeblich, seinen düsteren Ausdruck beizubehalten. Insgeheim war er erleichtert, dass Elli offensichtlich glücklich war. Das war für ihn das A und O, egal was andere redeten und was auch immer sie oder Benthin sich hatte zuschulden kommen lassen. „Ich habe es ja gesagt, wenn man ihn beim Nachdenken auf und ab gehen lässt, kommt man nicht gegen seine Argumente an! Und dann noch meine Tochter auf seiner Seite - gegen so viel geballte Gegenwehr bin ich machtlos…“
„Und was soll ich nun meinen Damen sagen?“, fragte Frau Preuß ungläubig, dass es das nun schon gewesen sein sollte. Benthin erstickte das lästige Thema mit einer scharfsinnigen Bemerkung im Keim:
„Sagen Sie Ihnen, dass wir uns nicht über ein Ziel für unsere Flitterwochen einigen konnten, die wir in den nächsten Tagen anzutreten gedenken!“ Wie nicht anders zu erwarten, war Frau Preuß sofort Feuer und Flamme:
„Oh, wie wunderbar! Ich habe doch gleich gesagt, dass eine Hochzeitsreise dazu gehört, aber auf mich wollte ja niemand hören! Wohin reist Ihr denn - Venedig? Das wäre herrlich!“ Elli sah Benthin fragend an. Er ließ sich nichts anmerken:
„Es steht noch nicht ganz genau fest. Aber es wird wohl eher eine kühlere Gegend, vielleicht in der Nähe des Seebades, wo Elli sich so gut erholt hat.“
„Ach.“ Frau Preuß wirkte enttäuscht.
„Mutter, Du musst ja nicht dorthin verreisen. Italien ist doch in dieser Jahreszeit viel zu heiß, und ich bevorzuge ohnehin das raue Seeklima.“
„Tja, meine Liebe, Du siehst, Du kommst nicht gegen die beiden an. Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel“, stellte der Professor nun zufrieden fest.
Während sich Benthin und Professor Preuß in den Garten begaben, wollte Elli unbedingt mit Martha sprechen. Da ihre Mutter noch einige Vorbereitungen für ein paar Gäste am Abend zu treffen hatte, konnte sie unauffällig in die Küche huschen, um Martha endlich die Neuigkeiten zu verkünden.
„Habt Ihr Euch versöhnt?“ Elli nickte und hüpfte ausgelassen um Martha herum.
„Und? Hat er endlich…? Du weißt schon…“
„Ja!“
„Ja - und... wie war es?“
„Es war so… so… Oh Martha!“ Elli fiel ihr um den Hals.
„So… schlimm ?“ Elli löste sich von ihr und strahlte sie an:
„Oh Martha! Ich bin so glücklich!“
„Ach so, dann ist ja gut. Ich dachte schon, Du weinst wieder.“
„Nein, ich habe so viel geweint - das reicht für die
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